Kampf gegen das Virus
Dr. Markus Hüttl hat in vielen schwierigen Regionen der Welt Kliniken aufgebaut. Jetzt soll er Ärzte und Klinikum in Landsberg mit einer Infektambulanz entlasten. Und er will Patienten zu Hause betreuen lassen
Seit Montag gibt es in Landsberg eine Infektambulanz. Dr. Markus Hüttl hat sie aufgebaut. Das Landsberger Tagblatt stellt ihn und seine Aufgabe vor.
Landsberg Er ist viel in der Welt herumgekommen. Dr. Markus Hüttl sagt von sich: „Ich war überall dort, wo man nicht hin will.“Der 58-Jährige baute unter anderem in Sierra Leone ein Ebola-Zentrum, als die Epidemie ihren Höhepunkt erreichte und leitete inmitten der Kriegswirren in Mossul im Irak sechs große Kliniken. Jetzt ist er in Landsberg und mit dem Aufbau einer Infektambulanz beauftragt, die Klinikum und Hausärzte entlasten soll. Wieder kämpft er gegen eine Epidemie. Dieses Mal gegen das Coronavirus. Dabei will er infizierte Patienten nicht nur im Klinikum, sondern auch zu Hause betreuen.
Markus Hüttl kennt sich in Landsberg und im dortigen Klinikum aus. Obwohl er viel in der Welt unterwegs war, hat er den Kontakt nie verloren. Seine Frau (Ärztin) und seine 26 Jahre alte Tochter (Physiotherapeutin) leben und arbeiten hier. „Sie haben mich auf vielen Stationen begleitet“, sagt Hüttl. Eine dieser Stationen war das Landsberger Klinikum, in dem er von 1995 bis 1998 als Anästhesist arbeitete, bis 2004 war er im Landkreis auch als Notarzt tätig. Sein Weg führte den 58-Jährigen ans Zentralklinikum nach Augsburg und an die Uniklinik München.
Danach startete der Anästhesist und Notfallmediziner eine internationale Karriere. Er machte den Master of Science in Disaster Medicine, eine Art Katastrophen-Mediziner. Er arbeitete drei Jahre in England und betreute danach für eine Firma mehrere Projekte unter anderem für die Weltgesundheitsorganisation (WHO). „Ich habe in schwierigen Gegenden Kliniken aufgebaut“, umschreibt Markus Hüttl sein Aufgabengebiet. Zuletzt sollte er für die WHO ein Krankenhaus in Aden im Südjemen aufbauen. Doch das Projekt wurde kurzfristig abgesagt. Warum? „Ich weiß es nicht genau, vielleicht wegen der CoronaKrise“, mutmaßt der Mediziner.
Doch lange musste Hüttl nicht nach einer neuen Beschäftigung suchen. Der Zufall führte Regie. Landsbergs künftige Oberbürger
Doris Baumgartl stellte einen Kontakt zwischen dem 58-Jährigen und Landrat Thomas Eichinger her, der gerade einen Versorgungsarzt suchte, der in Landsberg eine Infektambulanz aufbauen sollte. Seit gestern ist die Infektambulanz in Betrieb. Sie befindet sich in den Räumen (erster Stock) der derzeit geschlossenen kbo-Lech-Mangfall-Tagesklinik, die sich das Gebäude gegenüber des Klinikums gemeinsam mit der kbo-HeckscherKlinikum für Kinder- und Jugendpsychiatrie teilt. Geöffnet ist die Infektambulanz täglich, auch an den Wochenenden, von 8 bis 20 Uhr. Ein Pool an Ärzten und Sprechstundenhilfen kümmert sich dort um jene Personen, die die für die Covid19-Erkrankung typischen Symptome aufweisen. Bis gestern Mittag haben laut Hüttl bereits an die zehn Personen das Angebot genutzt.
Wer also unter anderem an Husten, Fieber, Müdigkeit und Atembeschwerden leidet, setzt sich zunächst mit seinem Hausarzt in Vermeisterin bindung, der dann entscheidet, ob der Patient in der Infektambulanz vorstellig werden soll. Ist das der Fall, kümmert sich der Hausarzt um den Termin. Wie Markus Hüttl sagt, warten die Patienten der Infektambulanz im Auto, bis sie via Handy ins Gebäude gerufen werden. „Wir wollen dadurch vermeiden, dass sich Personen im Wartezimmer anstecken.“Die Ärzte, die im Schichtdienst arbeiten, tragen Schutzkleidung. Wenn es für notwendig erachtet wird, können sie auch Abstriche nehmen. Eine Kontrolle der Lunge im benachbarten Klinikum sei im Einzelfall möglich.
Wie es mit den Patienten weitergeht, ob sie im Klinikum behandelt werden müssen oder zu Hause therapiert werden können, entscheidet der Arzt der Infektambulanz. Denn die Behandlung in den eigenen vier Wänden ist laut Hüttl der nächste Schritt. So soll das Klinikum entlastet werden, in dem am Montag (Stand 9 Uhr) 13 Infizierte behandelt wurden, elf davon auf der Intensivstation. Die Zahl der CoronaFälle im Landkreis lag bei 228 Personen. Das Landratsamt teilte gestern auch mit, dass auch das letzte Testergebnis eines Bewohners aus dem Landsberger Pflegeheim Pichlmayr negativ ausgefallen ist. Dort lebte eine 92-Jähriger, der an Covid 19 verstorben ist.
Für die Behandlung zu Hause baut Hüttl derzeit ein Heimpatienten-Therapie-Team auf. Es soll nur für bereits infizierte Personen und jene, die Kontakt mit Infizierten hatten, zum Einsatz kommen. Zum Team gehören ein Arzt, eine Krankenpflegekraft und ein Physiotherapeut. Letzterer soll den Patienten zeigen, wie sie ihre Lunge durch spezielle Übungen ausreichend belüften können. Markus Hüttl hofft, dass sich Freiwillige für diese Tätigkeit finden, die nicht ehrenamtlich erfolge, sondern bezahlt werde.
Um das Klinikum in Landsberg zu entlasten, schafft, wie berichtet, auch die kbo-Lech-Mangfall-Klinik Platz in ihren Räumen im fünften Stock des Klinikums. Die beiden Tageskliniken (je 15 Plätze) sind geschlossen, wie Geschäftsführer Gerald Niedermeier sagt. Die Patienten stünden telefonisch oder per Video-Konferenz mit Ärzten und Pflegepersonal in Kontakt. In den Stationen im fünften Stock würden derzeit nur noch Notfälle aufgenommen, andere Patienten telefonisch betreut. Wie berichtet, wird derzeit die geronto-psychiatrische Station der kbo-Klinik dafür vorbereitet, Patienten aus dem Klinikum aufzunehmen, die nicht mit dem neuartigen Coronavirus infiziert sind, sollte es im Klinikum zu Engpässen der Bettenkapazitäten kommen. Eine Isolier-Station für stationäre Patienten mit Corona-Symptomen sei ebenfalls eingerichtet. „Wir haben aber noch keinen bestätigten Fall“, so Niedermeier.
Betroffene sollen zunächst mit dem Hausarzt sprechen