Landsberger Tagblatt

Kampf gegen das Virus

Dr. Markus Hüttl hat in vielen schwierige­n Regionen der Welt Kliniken aufgebaut. Jetzt soll er Ärzte und Klinikum in Landsberg mit einer Infektambu­lanz entlasten. Und er will Patienten zu Hause betreuen lassen

- VON THOMAS WUNDER

Seit Montag gibt es in Landsberg eine Infektambu­lanz. Dr. Markus Hüttl hat sie aufgebaut. Das Landsberge­r Tagblatt stellt ihn und seine Aufgabe vor.

Landsberg Er ist viel in der Welt herumgekom­men. Dr. Markus Hüttl sagt von sich: „Ich war überall dort, wo man nicht hin will.“Der 58-Jährige baute unter anderem in Sierra Leone ein Ebola-Zentrum, als die Epidemie ihren Höhepunkt erreichte und leitete inmitten der Kriegswirr­en in Mossul im Irak sechs große Kliniken. Jetzt ist er in Landsberg und mit dem Aufbau einer Infektambu­lanz beauftragt, die Klinikum und Hausärzte entlasten soll. Wieder kämpft er gegen eine Epidemie. Dieses Mal gegen das Coronaviru­s. Dabei will er infizierte Patienten nicht nur im Klinikum, sondern auch zu Hause betreuen.

Markus Hüttl kennt sich in Landsberg und im dortigen Klinikum aus. Obwohl er viel in der Welt unterwegs war, hat er den Kontakt nie verloren. Seine Frau (Ärztin) und seine 26 Jahre alte Tochter (Physiother­apeutin) leben und arbeiten hier. „Sie haben mich auf vielen Stationen begleitet“, sagt Hüttl. Eine dieser Stationen war das Landsberge­r Klinikum, in dem er von 1995 bis 1998 als Anästhesis­t arbeitete, bis 2004 war er im Landkreis auch als Notarzt tätig. Sein Weg führte den 58-Jährigen ans Zentralkli­nikum nach Augsburg und an die Uniklinik München.

Danach startete der Anästhesis­t und Notfallmed­iziner eine internatio­nale Karriere. Er machte den Master of Science in Disaster Medicine, eine Art Katastroph­en-Mediziner. Er arbeitete drei Jahre in England und betreute danach für eine Firma mehrere Projekte unter anderem für die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO). „Ich habe in schwierige­n Gegenden Kliniken aufgebaut“, umschreibt Markus Hüttl sein Aufgabenge­biet. Zuletzt sollte er für die WHO ein Krankenhau­s in Aden im Südjemen aufbauen. Doch das Projekt wurde kurzfristi­g abgesagt. Warum? „Ich weiß es nicht genau, vielleicht wegen der CoronaKris­e“, mutmaßt der Mediziner.

Doch lange musste Hüttl nicht nach einer neuen Beschäftig­ung suchen. Der Zufall führte Regie. Landsbergs künftige Oberbürger

Doris Baumgartl stellte einen Kontakt zwischen dem 58-Jährigen und Landrat Thomas Eichinger her, der gerade einen Versorgung­sarzt suchte, der in Landsberg eine Infektambu­lanz aufbauen sollte. Seit gestern ist die Infektambu­lanz in Betrieb. Sie befindet sich in den Räumen (erster Stock) der derzeit geschlosse­nen kbo-Lech-Mangfall-Tagesklini­k, die sich das Gebäude gegenüber des Klinikums gemeinsam mit der kbo-HeckscherK­linikum für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie teilt. Geöffnet ist die Infektambu­lanz täglich, auch an den Wochenende­n, von 8 bis 20 Uhr. Ein Pool an Ärzten und Sprechstun­denhilfen kümmert sich dort um jene Personen, die die für die Covid19-Erkrankung typischen Symptome aufweisen. Bis gestern Mittag haben laut Hüttl bereits an die zehn Personen das Angebot genutzt.

Wer also unter anderem an Husten, Fieber, Müdigkeit und Atembeschw­erden leidet, setzt sich zunächst mit seinem Hausarzt in Vermeister­in bindung, der dann entscheide­t, ob der Patient in der Infektambu­lanz vorstellig werden soll. Ist das der Fall, kümmert sich der Hausarzt um den Termin. Wie Markus Hüttl sagt, warten die Patienten der Infektambu­lanz im Auto, bis sie via Handy ins Gebäude gerufen werden. „Wir wollen dadurch vermeiden, dass sich Personen im Wartezimme­r anstecken.“Die Ärzte, die im Schichtdie­nst arbeiten, tragen Schutzklei­dung. Wenn es für notwendig erachtet wird, können sie auch Abstriche nehmen. Eine Kontrolle der Lunge im benachbart­en Klinikum sei im Einzelfall möglich.

Wie es mit den Patienten weitergeht, ob sie im Klinikum behandelt werden müssen oder zu Hause therapiert werden können, entscheide­t der Arzt der Infektambu­lanz. Denn die Behandlung in den eigenen vier Wänden ist laut Hüttl der nächste Schritt. So soll das Klinikum entlastet werden, in dem am Montag (Stand 9 Uhr) 13 Infizierte behandelt wurden, elf davon auf der Intensivst­ation. Die Zahl der CoronaFäll­e im Landkreis lag bei 228 Personen. Das Landratsam­t teilte gestern auch mit, dass auch das letzte Testergebn­is eines Bewohners aus dem Landsberge­r Pflegeheim Pichlmayr negativ ausgefalle­n ist. Dort lebte eine 92-Jähriger, der an Covid 19 verstorben ist.

Für die Behandlung zu Hause baut Hüttl derzeit ein Heimpatien­ten-Therapie-Team auf. Es soll nur für bereits infizierte Personen und jene, die Kontakt mit Infizierte­n hatten, zum Einsatz kommen. Zum Team gehören ein Arzt, eine Krankenpfl­egekraft und ein Physiother­apeut. Letzterer soll den Patienten zeigen, wie sie ihre Lunge durch spezielle Übungen ausreichen­d belüften können. Markus Hüttl hofft, dass sich Freiwillig­e für diese Tätigkeit finden, die nicht ehrenamtli­ch erfolge, sondern bezahlt werde.

Um das Klinikum in Landsberg zu entlasten, schafft, wie berichtet, auch die kbo-Lech-Mangfall-Klinik Platz in ihren Räumen im fünften Stock des Klinikums. Die beiden Tagesklini­ken (je 15 Plätze) sind geschlosse­n, wie Geschäftsf­ührer Gerald Niedermeie­r sagt. Die Patienten stünden telefonisc­h oder per Video-Konferenz mit Ärzten und Pflegepers­onal in Kontakt. In den Stationen im fünften Stock würden derzeit nur noch Notfälle aufgenomme­n, andere Patienten telefonisc­h betreut. Wie berichtet, wird derzeit die geronto-psychiatri­sche Station der kbo-Klinik dafür vorbereite­t, Patienten aus dem Klinikum aufzunehme­n, die nicht mit dem neuartigen Coronaviru­s infiziert sind, sollte es im Klinikum zu Engpässen der Bettenkapa­zitäten kommen. Eine Isolier-Station für stationäre Patienten mit Corona-Symptomen sei ebenfalls eingericht­et. „Wir haben aber noch keinen bestätigte­n Fall“, so Niedermeie­r.

Betroffene sollen zunächst mit dem Hausarzt sprechen

 ?? Foto: Julian Leitenstor­fer ?? Dr. Markus Hüttl wurde mit dem Aufbau einer Infektambu­lanz beauftragt. Seit gestern ist sie in einem Gebäude neben dem Landsberge­r Klinikum in Betrieb.
Foto: Julian Leitenstor­fer Dr. Markus Hüttl wurde mit dem Aufbau einer Infektambu­lanz beauftragt. Seit gestern ist sie in einem Gebäude neben dem Landsberge­r Klinikum in Betrieb.

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