Österreich lockert Corona-Sperren
Nach Ostern dürfen die ersten Läden wieder öffnen
Wien Nach Ostern soll in Österreich der langsame Weg zurück in Richtung Normalität beginnen. Ziel sei es, dass ab 14. April kleine Geschäfte sowie Bau- und Gartenmärkte unter strengen Auflagen wieder öffnen dürfen, betonte Bundeskanzler Sebastian Kurz. Ab 1. Mai sollen dann alle Geschäfte, Einkaufszentren und Friseure wieder öffnen. Hotels und die Gastronomie sollen frühestens Mitte Mai folgen.
Gleichzeitig verlängert die Regierung die Ausgangsbeschränkungen bis Ende April, die Schulen bleiben bis Mitte Mai zu. Veranstaltungen sollen bis Ende Juni nicht stattfinden. Das Tragen eines Mundschutzes wird nicht nur in Supermärkten und Drogerien zur Pflicht, sondern auch im Nahverkehr. Österreich läuft seit 16. März auf Minimalbetrieb: Mit Ausnahme von Lebensmittelgeschäften und Drogerien ist der Einzelhandel geschlossen.
„Die schnelle und restriktive Reaktion gibt uns jetzt auch die Möglichkeit, schneller wieder aus dieser Krise herauszukommen“, sagte Kurz. Österreich ist damit eines der ersten europäischen Länder, das im Kampf gegen Corona seine Maßnahmen etwas lockern will.
Das Bundesland Tirol hat außerdem die Quarantäne für das gesamte Landesgebiet mit kleinen Ausnahmen aufgehoben. Sie sollte ursprünglich bis einschließlich Ostermontag gelten.
Stuttgart Über einen Tweet meldete er sich am Wochenende zu Wort. Trotz Kaiserwetters sollten die Menschen doch zu Hause bleiben, so der Appell. „Wir sind auf dem richtigen Weg. Unsere Maßnahmen beginnen zu wirken. Jetzt kommt es darauf an, nicht nachzulassen“, schrieb Winfried Kretschmann auf Twitter. Oder besser gesagt: Ließ schreiben. Denn viel hält der badenwürttembergische Ministerpräsident nicht von den modernen Medien als Mittel der Politik. Doch die Corona-Krise zwingt eben auch ihn zu ungewohnten Wegen. Zumindest ein bisschen. Denn von einem will der Grüne nicht abweichen: seinem präsidialen Führungsstil. Und der führt dazu, dass einer der beliebtesten deutschen Politiker ausgerechnet in einer Krisenzeit als ungewöhnlich zaudernd daherkommt.
Das derzeitige öffentliche Auftreten Kretschmanns in einer wöchentlichen Videoansprache an die Bürger des Landes entspricht dem Kurs, den er schon in den vergangenen Jahren pflegte: Den des Landesvaters, der besonnen und mit Bedacht
agiert, Glaubwürdigkeit und Lebensklugheit ausstrahlt, nichts beschönigt, aber auch keine Katastrophenstimmung verbreiten will. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung gab er zu: „Ich wache zu früh auf, dann gehen mir sofort die Dinge durch den Kopf. Man muss jetzt an sehr vielen Baustellen arbeiten und immer Abwägungen treffen. Die Gefahr, Fehler zu machen und etwas zu leicht oder zu schwer gegen das andere abzuwägen, ist groß.“Den Macher gab Kretschmann nach außen nie. Und den Krisenmanager gibt er jetzt schon gar nicht – aber auch kein Mitglied seines Kabinetts. Der Regierungschef wird in diesen Tagen von seinem engsten Beraterstab noch mehr abgeschirmt als ohnehin schon, selbst gegenüber seinen Kabinettsmitgliedern. Den Ton in der wöchentlichen Video-Kabinettssitzung gibt zunehmend der Chef der Staatskanzlei an, registrieren Teilnehmer. Im öffentlichen Ringen um den staatlichen Kampf gegen das Coronavirus dominieren die Ministerpräsidenten von Bayern und Nordrhein-Westfalen, Markus Söder und Armin Laschet. Dabei hätte Baden-Württemberg allen Grund, eine Führungsrolle zu übernehmen: 19395 Infizierte zählte das Bundesland – und damit sogar leicht mehr als NRW (19384).
Während Söder inzwischen als Krisenmanager auch bundesweit Beachtung findet und mit seinem Vorgehen häufig den Takt für die anderen Bundesländer vorgibt, ist Laschet eher der Zurückhaltende. Und Kretschmann? Der folgt mal der einen, mal der anderen Linie. Lässt seine Unsicherheit erkennen. Was die einen als Ehrlichkeit anerkennen, deuten die anderen als Schwäche.
Kretschmanns Agieren wäre wohl nicht weiter aufgefallen, wenn sein Bundesland, seit Beginn der Corona-Krise konsequent einen klaren Kurs gefahren hätte, ein Rädchen ins andere gegriffen hätte, der Lenkungskreis mit den Spitzen von Regierung, beteiligten Ministerien und Einrichtungen sich schnell als klares, entscheidungskräftiges Führungszentrum etabliert hätte. Das war nicht der Fall. Noch Ende Februar, als Epidemiologen schon vor der Pandemie warnten, in Norditalien das Gesundheitssystem kollabierte und Tausende Baden-Württemberger von dort aus den Ferien zurückkehrten, sprach Sozialminister Manfred Lucha in einer ersten Pressekonferenz über den ersten Infizierten im Land von einem „Einzelfall“– eine Fehleinschätzung, die schon Stunden später nicht mehr galt. Öffentliche Auftritte Luchas, der an der Spitze des wichtigsten Ministeriums der Krise steht, werden nun im Staatsministerium schon mal als „suboptimal“bezeichnet.
Dazu knirscht es mächtig hinter den Kulissen. Erbittert gerungen wurde zwischen dem Koalitionspartner CDU und Kretschmanns Grünen um das Soforthilfe-Programm,
das Parlament ist von Informationen abgehängt, die Opposition fühlt sich kaum eingebunden. Erst auf Intervention von SPD und FDP dürfen die Parlamentarier in Videokonferenz-Sondersitzungen der wichtigsten Ausschüsse zumindest Fragen an die Regierung stellen. Auch die Fraktionsspitzen der Opposition werden aus dem Staatsministerium bestenfalls spärlich über den Stand der Dinge informiert.
„Ich kann diese Kritik nicht teilen“, meint hingegen der Politikwissenschaftler Ulrich Eith. „Im Gegenteil. Es sei gerde die Stärke von Kretschmann, als besonnener Landesvater zu agieren. Ähnlich wie Bundeskanzlerin Angela Merkel stehe er für unaufgeregte Kommunikation. Und die wüssten viele Baden-Württemberger zu schätzen. Das bestätigen auch Umfragen. 75 Prozent der Menschen aus BadenWürttemberg sind laut einer Erhebung des Meinungsforschungsinstitutes Infratest-Dimap zufrieden mit dem Krisenmanagement der Landesregierung. Hinzu kommt: Ein offensives Auftreten, wie das etwa Markus Söder pflegt, wäre für Kretschmann kaum glaubwürdig, sagt Ulrich Eith.