Und noch ein neuer „Superstar“
Musik DSDS-Sieger Ramon Rosellys erste Single schoss sofort auf Platz eins der Charts. Doch hat er das Zeug zu einer echten Karriere? Was aus seinen Vorgängern wurde
Augsburg Diesem Traum hängen Millionen Jugendliche nach: Sie wollen ein Superstar sein wie Chris Martin von Coldplay, wie Rihanna oder Billie Eilish. Wollen auf einer Bühne spielen vor tausenden von Menschen, die einem begeistert zujubeln. Es ist genau dieser Traum, mit dem der Fernsehsender RTL inzwischen seit fast 20 Jahren Gesangstalente lockt, mit immer noch beachtlichem Erfolg.
Seit November 2002 bietet der Musikproduzent und Ex-ModernTalking-Sänger Dieter Bohlen mit ständig wechselnden Juroren jungen Menschen die Plattform dafür – und die Chance, den Wunsch vom Popstar-Dasein wahr werden zu lassen. Mit der Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“, kurz DSDS. In der vergangenen Woche wurde wieder ein „Superstar“gekürt: Ramon Roselly, der Lieblingskandidat von Dieter Bohlen, gewann die 17. Staffel. Mehr als 80 Prozent der Zuschauer entschieden sich für ihn. Aber hat er nun eine lange Karriere vor sich, möglicherweise das Zeug zumindest zu einem echten Superstar in Deutschland?
Das Muster bei DSDS ist oft das gleiche: Dieter Bohlen schreibt am Ende den Gewinnersong. Diesmal heißt er „Eine Nacht“und klingt vertraut, als hätte man ihn bereits gehört. Das Lied schießt dann erwartungsgemäß auf Platz eins der deutschen Charts. Und RTL verkündet: „Schon wenige Stunden nach seinem Erfolg darf der neue Superstar die Würze des Ruhms schnuppern.“
Und dann? Der 26-jährige Roselly, bisher als Gebäudereiniger, Schausteller und Zirkusartist unterwegs, wird – wie viele seiner DSDSVorgänger – weiter unter den Fittichen Bohlens bleiben. Der „Poptitan“produzierte mit ihm auch in Windeseile ein Debütalbum, „Herzenssache“, das an diesem Donnerstag bei Electrola/Universal Music erscheint. Auch hier ist ihm der Erfolg so gut wie sicher.
Wie es anschließend weitergehen könnte, da hat Roselly schon konkrete Vorstellungen: Gefragt, wie er zu einem Duett mit Deutschlands Schlagerikone Helene Fischer stehe, antwortete er: „Wenn ich einmal mit Helene Fischer auf der Bühne stehen dürfte, wäre es vorbei mit mir“, scherzte er. Er glaube, jeder an seiner Stelle würde von so etwas träumen. Dazu muss man wissen: Der junge Mann hat ein Herz für den deutschen Schlager. Und wenn es nach Bohlen und seinem Co-Juror Florian Silbereisen geht, könnte sein Helene-Wunsch durchaus Wirklichkeit werden. Denn beide sagen dem Sänger eine große Schlagerkarriere voraus und prophezeien ihm sogar, dass er als Nachfolger von Stars wie Howard Carpendale oder Roland Kaiser das männliche Pendant zu Schlagerqueen Helene Fischer werden könnte.
Ob es tatsächlich dazu kommt? Castingshows wie DSDS oder „The Voice of Germany“stellen mit ihren Sendungen jedes Jahr Talente ins grelle Licht der Öffentlichkeit – von denen allerdings den meisten der Sprung nach oben nicht dauerhaft gelingt. Das bestätigt ein Blick auf die Karrieren früherer Sieger: Noch im Gedächtnis dürfte vielen Alexander Klaws sein. Er war 2003 der erste „Superstar“und brachte nach seinem Sieg bei DSDS fünf Alben heraus, von denen es zwei auf Platz 1 der Charts schafften. Noch heute verdient er mit Musik seine Brötchen, zuletzt im vergangenen Jahr als Winnetou bei den Karl-MaySpielen in Bad Segeberg. Eine Ausnahme. Oder erinnern Sie sich noch an Elli Erl aus Straubing? So hieß die Siegerin von 2004. Erl war lange die einzige Frau, die bei „Deutschland sucht den Superstar“gewann. Sechs Jahre lebte sie von der Musik. Heute arbeitet sie als Lehrerin an einer Düsseldorfer Realschule. Extrem vielsprechend begann es auch für Mark Medlock. Der frühere HartzIV-Empfänger ist der bisher erfolgseltsam reichste DSDS-Sieger. Er veröffentlichte sechs Alben und neun Singles, die sich 2,5 Millionen Mal verkauften. Doch seine letzten Alben floppten.
Das war bei Thomas Godoj, der Rockröhre aus dem Ruhrgebiet, nicht anders. Oder bei Daniel Schuhmacher, der DSDS 2009 gewann und dessen Debütsingle „Anything But Love“sich ebenfalls auf Anhieb an die Spitze der Charts setzte. Sein Album „Diversity“erreichte 2013 nur mehr Platz 90.
Andere sind noch tiefer in der Versenkung verschwunden – Mehrzad Marashi beispielsweise, Aneta Sablik oder Severino Seeger. Besser machte es Pietro Lombardi: Der Karlsruher war Mini-Jobber, bevor er zu DSDS ging. Heute sitzt er in der Jury neben Bohlen. Oder Beatrice Egli, die 2013 gewann. Sie war ähnlich wie der diesjährige Sieger auf deutschen Schlager spezialisiert – ihr jüngstes Album stürmte in Deutschland bis auf Platz zwei der Albumcharts.
Genau davon träumt nun auch Ramon Roselly. Ob er denn daran glaube, langfristig im Show-Business Fuß fassen zu können? „Ich hoffe es natürlich“, sagte er unserer Redaktion. „Ich werde jeden Tag hart arbeiten und Vollgas geben. Wir schauen mal, ob es die Zeit mit sich bringt.“