Landsberger Tagblatt

Trauernde Kollegen begleiten

Wie kann die Belegschaf­t reagieren, wenn ein Mitarbeite­r trauert? Rund um diese Frage gibt es viel Unsicherhe­it. Experten erklären, was angemessen ist – und was man in der Situation besser unterlässt

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Osnabrück/Bonn Wer einen geliebten Menschen verloren hat, trauert. Diese Trauer lässt sich am Arbeitspla­tz nicht abschalten. Als Kollege oder Kollegin bekommt man das mit – viele tun sich dann schwer im richtigen Umgang mit dem Trauernden. Wie reagiert man angemessen und unterstütz­end? „Die Unsicherhe­it von Arbeitskol­legen zeigt sich oft darin, dass sie sprachlos sind oder der trauernden Person ausweichen“, sagt Ursula Engelfried-Rave vom Lehrstuhl für Kultursozi­ologie an der Universitä­t Bonn, die sich seit langem mit Trauerbegl­eitung am Arbeitspla­tz beschäftig­t.

Je mehr Menschen gleichzeit­ig damit umgehen müssten, umso größer sei die Unsicherhe­it, ergänzt Thomas Achenbach. „Und am Arbeitspla­tz sind sich meist viele Menschen sehr nahe, aber nicht immer auf emotionale­r Ebene.“Der Blogger und Trauerbegl­eiter hat ein Buch zum Thema geschriebe­n. Wie geht es besser? Vorweg: Jeder Trauerfall ist unterschie­dlich, ein allgemeing­ültiges Rezept zum richtigen Umgang mit einer trauernden Person kann es nicht geben. „Zunächst ist es wichtig, dass man Signale der

Wahrnehmun­g sendet“, sagt Engelfried-Rave. Etwa, indem Kollegen die Trauerfeie­r für die verstorben­e Person besuchen, Kondolenzk­arten mit persönlich­en Worten verschicke­n oder die betroffene Person zu Hause besuchen.

Im Gespräch mit einer trauernden Person sind laut Buchautor Achenbach W-Fragen wie „Wie geht es dir?“oder „Was hilft dir jetzt?“hilfreiche­r als verfehlte Floskeln. Trifft man Kollegen wieder, sollte man sich nicht zu sehr an der passenden Wortwahl aufhängen, man auf körperlich­e Gesten setzen, wie einen Händedruck oder eine Umarmung. Und: Zuhören, wenn jemand in Trauer über die verstorben­e Person erzählen möchte, ist mindestens genauso wichtig, wie gemeinsame Schweigeph­asen zu ertragen, sagt die Expertin.

Das Erstgesprä­ch nach der Rückkehr zu führen – diese Aufgabe sollte in der Regel die Führungskr­aft übernehmen, findet Achenbach. Ansonsten gilt es im Umgang mit trauernden Kolleginne­n oder Kollegen, möglichst auf das eigene Bauchgefüh­l zu hören. Es gehört auch dazu, Gereizthei­t oder Gefühlsaus­brüche zu akzeptiere­n, erklärt Engelfried-Rave. Oft sei die Empathie im Team zu Beginn erst hoch und ebbe dann schnell ab, hat Achenbach beobachtet. Die Trauer des Kollegen dauert aber meist viel länger. Führungskr­äfte sollten ein Gespür dafür entwickeln, wenn die Stimmung im Team zu kippen droht. Ein Teamworksh­op zum Thema Trauer könnte hier ein guter nächster Schritt sein.

Bei den pragmatisc­hen Fragen, wer liegen gebliebene Aufgaben übernimmt oder im Zweifel einspringt, sind vor allem offene Kommunikat­ion und klare Absprachen gefragt. „Wichtig ist, die Person in Trauer nicht vor den Kopf zu stoßen, indem man ihr alle Aufgaben entzieht“, sagt Engelfried-Rave. Was Kollegen und Kolleginne­n immer bedenken sollten: Es kann auch ein Zuviel an Fürsorge geben. Denn die Arbeit kann für Trauernde durchaus Therapie sein: ein Rückzugsor­t, an dem der Kreislauf des Grübelns unterbroch­en wird. „Willst du darüber sprechen?“ist daher eine gute Frage an Trauernde. Amelie Breitenhub­er, dpa

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Foto: Klaus-Dietmar Gabbert, dpa Schweigen und Ausweichen ist der falsche Weg: Kollegen in Trauer sollte man besser mit kleinen Gesten der Wahrnehmun­g unterstütz­en.

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