Corona trifft die ärmsten Länder hart – jetzt ist unsere Hilfe gefragt
Wenn der Westen die Dritte Welt alleine lässt, wird das hässliche Folgen für alle Menschen haben. Nötig sind ein Schuldenschnitt und fairere Handelsbeziehungen
Es ist verständlich und naheliegend, wenn Menschen in Zeiten der weltweiten CoronaPandemie zuallererst auf die Lage im eigenen Land blicken. Es ist aber auch kurzsichtig und brandgefährlich. So schlimm die Krise für uns in Deutschland ist, sie wird die Entwicklungsländer noch um ein Vielfaches härter treffen. Und in einer Welt, die auch und gerade in dieser in Zeitlupe ablaufenden Katastrophe ein Dorf bleibt, darf uns das nicht egal sein.
Selbst wer es schaffen sollte, humanitäre Aspekte kalt auszublenden, muss sich darüber im Klaren sein, dass wir es uns gar nicht leisten können, vor den wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen von Corona die Augen zu verschließen. Absatzmärkte brechen weg, Lieferketten werden unterbrochen, das gefährdet deutsche Arbeitsplätze.
In vielen ohnehin gebeutelten Ländern Asiens und Afrikas drohen sogar Unruhen, Plünderungen und Bürgerkriege. Ganze Staaten könnten zerfallen, Weltregionen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft in Chaos und Anarchie verfallen. Unvorstellbares Elend, riesige Zahlen an Todesopfern und Flüchtlingsbewegungen, die alle bisher gekannten übertreffen, wären die Folge.
Der Handlungsbedarf ist enorm. Die Hoffnung, dass sich die Corona-Seuche in der sogenannten Dritten Welt schon nicht so weit verbreiten würde wie in China, Europa oder Amerika, hat sich als trügerisch erwiesen. Mit einiger Verzögerung hat das Infektionsgeschehen nun etwa in Afrika gefährlich Fahrt aufgenommen, die Fallzahlen steigen rasant. In vielen Ländern waren es übrigens Europäer, die das Virus mitgebracht haben. Dort trifft der Corona-Erreger auf völlig unterentwickelte Gesundheitssysteme ohne auch nur annähernd ausreichende intensivmedizinische Kapazitäten. Und Maßnahmen wie soziales Abstandhalten sind in dicht besiedelten Elendsquartieren kaum umzusetzen. Wo noch nicht einmal Wasser zum Händewaschen vorhanden ist, laufen Hygieneregeln ins Leere. Ausgangssperren hindern Menschen daran, sich den täglichen Lebensunterhalt zu verdienen.
Die Unterbrechung der globalen Warenströme hat gerade die ärmsten Länder bereits viele Milliarden
Euro gekosten. In asiatischen Staaten wie Bangladesch, einer Hochburg der Textilindustrie, stehen Millionen von Menschen auf der Straße. Trotz der unverhältnismäßig hohen Belastungen leisten einige der ärmsten Staaten einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der weltweit wütenden Krankheit. Sie haben leidvolle Erfahrungen mit Erregern wie dem Ebola-Virus gemacht und reagierten folglich schnell und konsequent auf Corona.
Deutschland und die internationale Gemeinschaft dürfen die schwächsten unter den Staaten gerade jetzt nicht allein lassen. Sonst potenziert sich der Schaden für alle.
Die Entscheidung der Weltbank, den ärmsten Ländern erst einmal für ein Jahr ihre Schulden zu stunden, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber er reicht bei weitem nicht aus. Nötig ist jetzt eine Diskussion über einen umfassenden Schuldenschnitt. Und die weltweit so heftig wütende Corona-Krise sollte Anlass sein, die oft unfairen globalen Handelsbeziehungen insgesamt zu überdenken. Jetzt ist die Zeit für partnerschaftliche Hilfen, die freilich nicht in den Taschen korrupter Machthaber landen dürfen. Alle Fortschritte, die es in den vergangenen Jahren in vielen Entwicklungsländern ja durchaus gegeben hat, drohen vernichtet zu werden, wenn die reiche Nordhalbkugel des Planeten jetzt nicht dem globalen Süden die Hand reicht. Corona ist eine Herausforderung für die gesamte Menschheit. Mit nationalen Egoismen wird sie nicht zu bewältigen sein.
In Bangladesch stehen Millionen auf der Straße