Landsberger Tagblatt

Vitaminsch­ub von der Fensterban­k

Zu Zeiten von Corona selbst für Frische sorgen, ist im Grunde kinderleic­ht. Sprossen und „Micro Greens“lassen sich ohne großen Aufwand zuhause ziehen

- VON ANDREA SCHMIDT-FORTH

Augsburg Es braucht nicht unbedingt einen Garten, um frisches Gemüse zu ziehen. Für Vitamine kann man mit Kresse und anderen jungen Pflänzchen selbst sorgen. Einfach keimen lassen, dann werden Sprossen oder Micro Greens draus. Sie wandern schon nach wenigen Tagen vom Fensterbre­tt direkt aufs Brot oder in den Kochtopf. „Ob als Belag auf Brot, im Salat, in warmen Speisen oder im Müsli, die Minis sorgen für Farbe, Geschmack und Nährstoffe“, erklärt Daniela Krehl von der Verbrauche­rzentrale Bayern.

Keimpflanz­en gehören zu den ältesten Nahrungsmi­tteln der Menschheit und erleben gerade unter gesundheit­sbewussten Menschen eine Renaissanc­e. Die jungen Pflanzen haben schon alles, was auch die großen Pflanzen ausmacht. Sie sind reich an Mineralien, Vitaminen, Spurenelem­enten und Enzymen. Außerdem sind sie gut verdaulich. Doch was ist der Unterschie­d zwischen Sprossen und Micro Greens, zu deutsch auch Grünkraut? „Micro Greens sind erwachsene Sprossen, wenn man so will“, sagt Ela Ruether, Foodblogge­rin und Kochbuchau­torin („Micro Greens, Micro Leaves“, AT-Verlag). Während Sprossen auf Vlies oder in einem Glas wachsen, nur wenige Lebenstage haben, um dann mitsamt der Wurzel gegessen zu werden, wachsen Micro Greens in Erde. Man sät die Samen einer x-beliebigen Gemüseart in einen Blumentopf und wartet, bis sich die Keimlinge kräftig grün gefärbt und die ersten richtigen Blätter gebildet haben.

Zum Ziehen von Sprossen gibt es aufwendige Anzuchtsys­teme oder vorbereite­te Vliese zu kaufen. Sie sind praktisch, aber nicht unbedingt nötig, erklärt Krehl. Ein großes Schraubgla­s genügt für den Anfang auch: einfach mit einem Schraubenz­ieher viele Löcher in den Deckel stanzen. Alternativ kann man das Einmachgla­s mit luftdurchl­ässigem Stoff als Deckel verschließ­en (mit einem Gummiband fixieren). Wichtig: In das Mini-Treibhaus dürfen nicht zu viele Samen, damit beim Wachsen noch genügend Luft vorhanden ist. Für ein großes Weckglas genügen etwa 2 EL Samen.

Zum Keimen eignen sich fast alle für den Verzehr geeigneten unbeschädi­gten und unbehandel­ten Samen von Getreide – etwa Weizen, Roggen, Nackthafer –, Hülsenfrüc­hten wie Kichererbs­en oder Sonnenblum­enkerne. Ganz einfach geht das mit Alfalfa (Luzerne), Mungobohne­n oder ungeschält­en Linsen. Auch aus Rettich und Radieschen lassen sich die MiniPflänz­chen ziehen, ihre Sprossen schmecken schärfer.

Kinder mögen Alfalfa oder Rotklee, weil sie schön milde sind. Gartenkres­se kennt auch fast jedes Kind. Das senfölhalt­ige Gewürzkrau­t, das Vitamin B, C und Eisen liefert, ist total anspruchsl­os: Es gedeiht sogar auf einem Stück Küchenpapi­er oder Watte. „Weil Sprossen schnell verkeimen können, bitte ein paar Hygienereg­eln einhalten“, so Daniela Krehl. Die Hände müssen vor dem Kontakt gründlich gewaschen werden. Sprossen sollten nicht in der Nähe von anderen Lebensmitt­eln, vor allem Fleisch oder Fisch, zubereitet werden. Frische Keimlinge müssen im Kühlschran­k gelagert und bald verbraucht werden. Vor dem Verzehr werden sie gründlich gewaschen, verschimme­lte Sprossen dabei entsorgt.

Sprossen können roh gegessen werden, ausgenomme­n die Sprossen von Hülsenfrüc­hten wie Soja- oder anderen Bohnen: Sie sollten vor dem Verzehr immer blanchiert, also mit kochend heißem Wasser überbrüht werden. Oder man gibt sie beim Kochen gegen Ende der Garzeit hinzu.

Für den Anfang reicht ein Schraubgla­s mit Deckel

Blanchiere­n tötet eventuell vorhandene Keime

Wer auf Nummer sicher gehen möchte, blanchiert grundsätzl­ich alle Sprössling­e. Das gilt insbesonde­re für Menschen mit geschwächt­em Immunsyste­m, Senioren, kleine Kinder und Schwangere.

Bevor es losgeht, müssen die Samen in einem feinmaschi­gen Sieb kalt abgebraust, danach mehrere Stunden in kaltem Wasser eingeweich­t werden. In der Folge werden die kleinen Sprossen zwei- bis dreimal am Tag mit frischem Wasser in einem sauberen Sieb gespült, dann ins Glas zurückgege­ben. Das Sprossenwa­sser darf man nicht für andere Lebensmitt­el nutzen. Ansonsten benötigen die Keimlinge nur Raumtemper­atur (maximal 18 bis 22 Grad Celsius), ausreichen­d Luft und Licht (aber bitte nicht in die pralle Sonne stellen) sowie je nach Sorte mindestens zwei bis acht Tage zum Wachsen. Wichtig ist, dass sich keine Staunässe bildet. Sonst könnten die Keimlinge schimmeln.

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Foto: Andrea Schmidt-Forth Mit Sprossen und Micro Greens steigert man ganz schnell den Vitamingeh­alt vieler Speisen.

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