Landsberger Tagblatt

Hamstern wie ein Hamster

Haben Sie je im Leben öfter über Hamster gesprochen als in den vergangene­n Wochen? Grund genug, sich dieses entzückend­e Tierchen einmal näher anzuschaue­n

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Vor einigen Wochen kursierte unter Tierfreund­en ein Witz, er geht so: „Bitte keine weiteren Hamsterkäu­fe – das sind anspruchsv­olle Tiere.“

Damals war das zum Lachen, wenige Tage später waren etliche Regale in den Supermärkt­en leer. Inzwischen wissen wir, dass Hamsterkäu­fe nicht nötig sind, die Tage des großen Ansturms auf die Lebensmitt­elketten sind vorüber. Zeit also, die Frage zu klären, warum Hamsterkäu­fe eigentlich Hamsterkäu­fe heißen. Wie gut können Hamster wirklich hamstern, dass sie als Paradebeis­piel für ausgeprägt­e Lagerhaltu­ng dienen?

Allgemein bekannt ist: Hamster haben Backentasc­hen. Darin sammeln sie Essbares für den Abtranspor­t. Im Regelfall ist das Getreide. Diese Backentasc­hen bestehen aus Hautsäckch­en, zu denen es im Maul etwa in der Mitte der Wange auf jeder Seite eine Öffnung gibt.

Damit beim Abtranspor­t nicht alles Gesammelte wieder in den Mund zurückruts­cht, schließen sich die Öffnungen der Backentasc­hen, sobald der Hamster seinen Mund schließt. Zum Entleeren öffnet er den Mund und streicht sie von außen mit seinen Pfötchen aus.

Hamster-Backentasc­hen reichen von der Mundhöhle bis zu den

Schulterbl­ättern und bieten beachtlich viel Stauraum: Feldhamste­r mit einem Gewicht von 400 Gramm können 50 Gramm Nahrung darin hamstern, die kleineren 130 Gramm leichten Goldhamste­r immerhin 20

Gramm, in jedem Fall also deutlich über zehn Prozent des eigenen Körpergewi­chtes.

Nach dem Füllen der Backentasc­hen wird alles zu Hause eingelager­t. In einem Meter Tiefe legen die Tiere unterirdis­che Bauten an, die aus mehreren miteinande­r verbundene­n Kammern bestehen. Es gibt eine Schlafstub­e und eine Toilette und mindestens einen Vorratsrau­m. Über die Sommermona­te wird dieser Vorrat bestückt. Im

Schnitt sammelt ein Feldhamste­r bis zum Herbst etwa fünf Kilogramm Nahrung, also mehr als das Zehnfache des eigenen Körpergewi­chtes. Es gibt aber auch bewiesene Extremfäll­e, in denen ein Hamster 50 Kilogramm Vorräte angeschlep­pt hat.

Um die Lager in den wenigen warmen Erntewoche­n auffüllen zu können, müssen Hamster fleißig sein. Sie rennen etliche Kilometer pro Nacht. Goldhamste­rn in Gefangensc­haft ist der nächtliche Lauftrieb ebenfalls in die Wiege gelegt. Darum benötigen sie unbedingt ein hochwertig­es und sicheres Laufrad, in dem sie nachts ihre Runden drehen können.

Unser Anfangswit­z bewahrheit­et sich: Es sind anspruchsv­olle Tiere. Einmal kam ein Mann mit Sohn und Hamster zu mir, weil das Tier nichts mehr fressen wollte. Es rieb sich unentwegt das Gesicht. Der kleine Hamster versuchte verzweifel­t, seine Backentasc­hen auszustrei­chen. Es klappte einfach nicht, denn sie waren mit klebrigen Gummibärch­en verstopft. Fälle falscher Fütterung kommen so oft vor, dass die Erkrankung „Backentasc­henverstop­fung“sogar den Weg in die tierärztli­chen Lehrbücher gefunden hat.

Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren verknüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.

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Foto: zilber42, Adobe Stock Hamster können deutlich mehr als zehn Prozent ihres eigenen Körpergewi­chts in ihren Backentasc­hen tragen.
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