Wie Tierärzte auf Corona reagieren
Welche Richtlinien momentan in Tierarztpraxen gelten und warum mehr Hunde mit Bisswunden als sonst behandelt werden müssen. Bestimmte Eingriffe werden verschoben
Landkreis Wie wirkt sich die Coronakrise auf die Behandlung von Haustieren in Tierarztpraxen aus? Sind diese überhaupt für alle Fälle geöffnet und welche Sicherheitsmaßnahmen gelten dort? Das LT hat nachgefragt.
Brechend volle Wartezimmer und offene Sprechstunden sind passé. Termine beim Tierarzt werden einzeln telefonisch vereinbart, sodass sich, in großen Wartezimmern maximal zwei, in kleineren nur ein Tierbesitzer aufhält. Das ist eine der großen Änderungen, die Herrchen oder Frauchen derzeit zumeist erwarten, wenn sie einen Besuch beim Tierarzt planen. Viele Tierärzte nehmen nur wichtige Fälle und Notfälle an. Krallen- und Fellschneiden gehören nicht dazu, diese Maßnahmen können meist aufgeschoben werden. Ziel vieler Tierärzte ist es, den Publikumsverkehr auf ein unbedingt notwendiges Maß zu beschränken, auch zum Schutz der Ärzte und Mitarbeiter selbst, die sich mit Mundschutz und Handschuhen gegen eine Ansteckung wappnen. „Früher kam oft die ganze Familie mit dem Haustier zur Behandlung. Das geht jetzt nicht mehr, nur ein Begleiter sollte dabei sein. Wir holen das Tier auch am Auto ab und bringen es nach der Behandlung wieder zurück, wenn der Besitzer die Praxis nicht betreten möchte“, erklärt Dr. Bernhard Gühne aus Landsberg. Bei einem 70 Kilogramm schweren Irischen Wolfshund musste er aber kürzlich eine Ausnahme machen und zwei Begleiter zulassen, um das kräftige Tier in Schach zu halten.
Der Vorrat an Desinfektionsmitteln wurde aufgestockt, es steht – wie Mundschutz und Handschuhe – auch für Besucher bereit. Prinzipiell sei weniger los als sonst. „Viele Leute überlegen, ob sie wegen des Tierarztbesuchs das Haus verlassen sollten“, erklärt es sich Dr. Gühne. Zuerst habe er sich überlegt, den Praxisbetrieb auf Notfälle zu beschränken, habe jedoch davon abgesehen, da zum Beispiel ein Befall mit Würmern beim Tier auch schwere gesundheitliche Schäden bei Kleinkindern verursachen könnte.
Neu ist, dass Tierarztpraxen nun als systemrelevant eingestuft wurden. Dadurch dürften Medikamente jetzt auch an bereits registrierte Kunden verschickt werden, so Dr. Gühne – ein Service, der derzeit sehr gut angenommen werde. Um Praxisbesuche womöglich zu vermeiwurde die Telefonberatung verstärkt. So wird den Tierbesitzern erklärt, was bei Durchfällen getan werden kann oder wie sich Zecken entfernen lassen. Sind die Tierbesitzer aufgrund der Maßnahmen verärgert? Ganz im Gegenteil, beteuert Gühne. „Wir haben eine sehr verständnisvolle Klientel.“
Das bestätigt auch Dr. Nina Langenbeck aus Kaufering. „Die Leute sind so nett wie nie und freuen sich, dass wir geöffnet haben“, sagt sie. Derzeit häufen sich in ihrer Praxis Bisswunden bei Hunden. Der Grund: Es wird viel häufiger und auch zu anderen Zeiten als gewohnt Gassi gegangen. Da treffen vermehrt Hunde aufeinander, die sich noch nicht kennen. Wichtige Behandlungen wie bei Blasen-, Zahnoder Ohrenentzündungen und auch Kastrationen werden weiterhin durchgeführt. Das bestätigt auch Verena Wessels von der Praxis Rattenhuber in Dießen. Auch Impfungen werden dort noch vorgenommen. Medikamente werden vor der Praxistür bereitgelegt, verschickt oder in Dießen auch persönlich zugestellt.
Fast wie bisher läuft es weiter in der Praxis von Daniela Bach in Landsberg. Sie hat ihr Angebot nicht eingeschränkt und macht sogar noch Hausbesuche, vor allem, um Tiere einzuschläfern – im Gegensatz zu den anderen erwähnten Praxen. Die meisten Tierbesitzer wünschen sich, dass ihr Tier zu Hause sterben darf, doch momentan kann dieser Wunsch meist nicht erden, füllt werden. Eingeschläfert wird in der Praxis oder – bei Praxis Rattenhuber – auch in deren Garten. Nachdem der Zugang gelegt wurde und das Medikament zu wirken beginnt, lassen die Ärzte den Tierbesitzer mit seinem vierbeinigen Liebling allein, lassen Zeit für einen ruhigen und würdevollen Abschied – auch in Zeiten von Corona.
Zwar verändert das Coronavirus den Alltag der Tierärzte, dennoch findet Dr. Bernhard Gühne das Virus aus medizinischer Sicht durchaus interessant, da es vom Tier auf den Menschen und nun, wie einige erkrankte Katzen und Großkatzen beweisen, wieder zurück aufs Tier übertragen wurde. Tipps für Haustierbesitzer hat er dazu auf seiner Facebookseite zusammengestellt.
Es ist in der Regel nur ein Begleiter erlaubt