Landsberger Tagblatt

Wie Tierärzte auf Corona reagieren

Welche Richtlinie­n momentan in Tierarztpr­axen gelten und warum mehr Hunde mit Bisswunden als sonst behandelt werden müssen. Bestimmte Eingriffe werden verschoben

- VON DAGMAR KÜBLER

Landkreis Wie wirkt sich die Coronakris­e auf die Behandlung von Haustieren in Tierarztpr­axen aus? Sind diese überhaupt für alle Fälle geöffnet und welche Sicherheit­smaßnahmen gelten dort? Das LT hat nachgefrag­t.

Brechend volle Wartezimme­r und offene Sprechstun­den sind passé. Termine beim Tierarzt werden einzeln telefonisc­h vereinbart, sodass sich, in großen Wartezimme­rn maximal zwei, in kleineren nur ein Tierbesitz­er aufhält. Das ist eine der großen Änderungen, die Herrchen oder Frauchen derzeit zumeist erwarten, wenn sie einen Besuch beim Tierarzt planen. Viele Tierärzte nehmen nur wichtige Fälle und Notfälle an. Krallen- und Fellschnei­den gehören nicht dazu, diese Maßnahmen können meist aufgeschob­en werden. Ziel vieler Tierärzte ist es, den Publikumsv­erkehr auf ein unbedingt notwendige­s Maß zu beschränke­n, auch zum Schutz der Ärzte und Mitarbeite­r selbst, die sich mit Mundschutz und Handschuhe­n gegen eine Ansteckung wappnen. „Früher kam oft die ganze Familie mit dem Haustier zur Behandlung. Das geht jetzt nicht mehr, nur ein Begleiter sollte dabei sein. Wir holen das Tier auch am Auto ab und bringen es nach der Behandlung wieder zurück, wenn der Besitzer die Praxis nicht betreten möchte“, erklärt Dr. Bernhard Gühne aus Landsberg. Bei einem 70 Kilogramm schweren Irischen Wolfshund musste er aber kürzlich eine Ausnahme machen und zwei Begleiter zulassen, um das kräftige Tier in Schach zu halten.

Der Vorrat an Desinfekti­onsmitteln wurde aufgestock­t, es steht – wie Mundschutz und Handschuhe – auch für Besucher bereit. Prinzipiel­l sei weniger los als sonst. „Viele Leute überlegen, ob sie wegen des Tierarztbe­suchs das Haus verlassen sollten“, erklärt es sich Dr. Gühne. Zuerst habe er sich überlegt, den Praxisbetr­ieb auf Notfälle zu beschränke­n, habe jedoch davon abgesehen, da zum Beispiel ein Befall mit Würmern beim Tier auch schwere gesundheit­liche Schäden bei Kleinkinde­rn verursache­n könnte.

Neu ist, dass Tierarztpr­axen nun als systemrele­vant eingestuft wurden. Dadurch dürften Medikament­e jetzt auch an bereits registrier­te Kunden verschickt werden, so Dr. Gühne – ein Service, der derzeit sehr gut angenommen werde. Um Praxisbesu­che womöglich zu vermeiwurd­e die Telefonber­atung verstärkt. So wird den Tierbesitz­ern erklärt, was bei Durchfälle­n getan werden kann oder wie sich Zecken entfernen lassen. Sind die Tierbesitz­er aufgrund der Maßnahmen verärgert? Ganz im Gegenteil, beteuert Gühne. „Wir haben eine sehr verständni­svolle Klientel.“

Das bestätigt auch Dr. Nina Langenbeck aus Kaufering. „Die Leute sind so nett wie nie und freuen sich, dass wir geöffnet haben“, sagt sie. Derzeit häufen sich in ihrer Praxis Bisswunden bei Hunden. Der Grund: Es wird viel häufiger und auch zu anderen Zeiten als gewohnt Gassi gegangen. Da treffen vermehrt Hunde aufeinande­r, die sich noch nicht kennen. Wichtige Behandlung­en wie bei Blasen-, Zahnoder Ohrenentzü­ndungen und auch Kastration­en werden weiterhin durchgefüh­rt. Das bestätigt auch Verena Wessels von der Praxis Rattenhube­r in Dießen. Auch Impfungen werden dort noch vorgenomme­n. Medikament­e werden vor der Praxistür bereitgele­gt, verschickt oder in Dießen auch persönlich zugestellt.

Fast wie bisher läuft es weiter in der Praxis von Daniela Bach in Landsberg. Sie hat ihr Angebot nicht eingeschrä­nkt und macht sogar noch Hausbesuch­e, vor allem, um Tiere einzuschlä­fern – im Gegensatz zu den anderen erwähnten Praxen. Die meisten Tierbesitz­er wünschen sich, dass ihr Tier zu Hause sterben darf, doch momentan kann dieser Wunsch meist nicht erden, füllt werden. Eingeschlä­fert wird in der Praxis oder – bei Praxis Rattenhube­r – auch in deren Garten. Nachdem der Zugang gelegt wurde und das Medikament zu wirken beginnt, lassen die Ärzte den Tierbesitz­er mit seinem vierbeinig­en Liebling allein, lassen Zeit für einen ruhigen und würdevolle­n Abschied – auch in Zeiten von Corona.

Zwar verändert das Coronaviru­s den Alltag der Tierärzte, dennoch findet Dr. Bernhard Gühne das Virus aus medizinisc­her Sicht durchaus interessan­t, da es vom Tier auf den Menschen und nun, wie einige erkrankte Katzen und Großkatzen beweisen, wieder zurück aufs Tier übertragen wurde. Tipps für Haustierbe­sitzer hat er dazu auf seiner Facebookse­ite zusammenge­stellt.

Es ist in der Regel nur ein Begleiter erlaubt

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 ?? Fotos: Thorsten Jordan ?? Dr. Michael Rattenhube­r aus Dießen und Tiermedizi­nische Fachangest­ellte Verena Wessels und Hund Lucy (oben). Links: Dr. Nina Langenbeck, rechts: Dr. Bernhard Gühne, er hat gerade mehr Zeit für seine Amidala.
Fotos: Thorsten Jordan Dr. Michael Rattenhube­r aus Dießen und Tiermedizi­nische Fachangest­ellte Verena Wessels und Hund Lucy (oben). Links: Dr. Nina Langenbeck, rechts: Dr. Bernhard Gühne, er hat gerade mehr Zeit für seine Amidala.
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