Landsberger Tagblatt

Trockenhei­t setzt den Wald unter Dauerstres­s

Wenig Wasser, viele Schädlinge: So geht es der Land- und Forstwirts­chaft

- VON MARGIT HUFNAGEL

Augsburg Der Himmel ist strahlend blau, die Sonne lacht – was die Spaziergän­ger in Wald und Flur begeistert, treibt den Land- und Forstwirte­n die Sorgenfalt­en auf die Stirn. Es mangelt an Regen, der Boden ist deutlich zu trocken. Seit mehr als 35 Tagen ist in Deutschlan­d kein nennenswer­ter Niederschl­ag gefallen, in Bayern ist besonders der Norden betroffen. Der Ostwind der vergangene­n Tage hat zusätzlich zur Austrocknu­ng beigetrage­n. Hinzu kommt, dass die Wasserspei­cher im tieferen Boden von der Trockenhei­t der letzten beiden Jahre noch nicht aufgefüllt sind und sich die Pflanzen auch darüber nicht versorgen können. Sollten die derzeitige­n Wetterverh­ältnisse andauern, könnte dieser April als einer der besonders trockenen in die Statistik eingehen, meldet der Deutsche Wetterdien­st.

„Vor allem das Wintergetr­eide braucht Wasser“, sagt Johann Graf, Ackerbaure­ferent beim Bayerische­n Bauernverb­and. „Die Pflanzen befinden sich jetzt in der eigentlich­en Schossphas­e, die Halme streben in Richtung Sonne.“Hinzu kommt: Der ausgebrach­te Dünger kann vom ausgetrock­neten Boden nicht genügend aufgenomme­n werden – am Ende fehlen den Pflanzen neben dem Wasser auch noch Nährstoffe.

Klimawisse­nschaftler Andreas Marx vom Helmholtz Zentrum für Umweltfors­chung unterschei­det bei der Trockenhei­t zwischen dem Oberboden, der bis in eine Schicht von 25 Zentimeter­n Tiefe reicht, und dem Gesamtbode­n (1,80 Meter Tiefe). „Der Oberboden ist ein guter Indikator für das, was in der Landwirtsc­haft passiert“, sagt Marx unserer Redaktion. Der Oberboden sei, verglichen mit den Jahren 1951 bis 2015, zwar relativ trocken, trotzdem sei in weiten Teilen Deutschlan­ds das Wasser für die Pflanzen momentan noch relativ gut verfügbar. „Daher ist die Situation in der Landwirtsc­haft bisher noch nicht bedenklich und hängt stark davon ab, wie sich die Trockenhei­t in den nächsten Wochen entwickelt“, sagt Andreas Marx. „Beim Gesamtbode­n sieht das anders aus.“Große Teile Deutschlan­ds stünden nämlich mit wenigen Unterbrech­ungen seit Mitte 2018 unter Dürre. Und das trifft vor allem den Wald. Dagegen helfen auch Regenperio­den in den kommenden Monaten nur bedingt. „Das Wasserdefi­zit ist im Sommer wegen höherer Verdunstun­g schlechter auszugleic­hen als im Winterhalb­jahr, sodass 2020 wahrschein­lich die dritte Vegetation­speriode in Folge sein wird, in der Bäume als große Wasserverb­raucher im Trockenstr­ess bleiben“, prognostiz­iert der Klimawisse­nschaftler. Für den ohnehin strapazier­ten Wald sind das doppelt schlechte Aussichten. Denn Bäume können sich aufgrund von Wassermang­el weniger gegen Schädlinge wehren. „Zum Beispiel können sie kein Harz bilden, das die Tiere am Stamm festhält“, erklärt Marx. Zusätzlich habe der sehr milde Winter die Schädlings­population­en, wie etwa die Borkenkäfe­r, überleben lassen, sodass in diesem Jahr im Wald ähnlich hohe Schäden auftreten könnten wie 2019. Die Gefahr, dass der Borkenkäfe­r sich ausbreitet, wächst zusätzlich durch die Corona-Krise: Lieferkett­en für Holz sind zusammenge­brochen, es liegen große Mengen Schadholz, das durch Stürme entstanden ist, in den Forsten.

„Frühjahrst­rockenheit ist nichts Neues“, sagt Johann Koch, Waldrefere­nt beim Bayerische­n Bauernverb­and. „Die Waldbesitz­er haben aus den Erfahrunge­n gelernt und ihre Pflanztäti­gkeit oft schon in den Herbst verlegt, um das Risiko zu verringern.“Doch das Ausweichen in den Herbst sei in den letzten beiden Jahren kaum möglich gewesen, da der Boden im Herbst jeweils so trocken war, dass die Waldbesitz­er mit der Pflanzhaue nur schwer oder gar keine Pflanzlöch­er anlegen konnten.

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