So bereiten sich Schulen jetzt vor
Abschlussjahrgänge lernen ab Montag nicht mehr daheim. Für die Schulen heißt das: Möbel umstellen, Unterricht neu planen, ältere Lehrer schützen. Wo es haken könnte
Diedorf Die Klassenzimmer im Schmuttertal-Gymnasium Diedorf sehen aus wie vor einer Prüfung, bei der garantiert niemand die Chance zum Abschreiben haben soll: In den Räumen stehen so wenige Tische wie sonst nie, zwischen jedem liegen zwei Meter Abstand. Und es ist ja auch eine Art große Prüfung, vor der die Schulen in Bayern jetzt stehen. Nach sechs Wochen CoronaPause kehren am kommenden Montag die Abschlussjahrgänge in die Schulhäuser zurück, um sich auf ihre Prüfungen im Mai, Juni und Juli vorzubereiten. Das sind etwa 14 Prozent der Schüler. Die übrigen Klassen folgen ab 11. Mai.
In Diedorf (Kreis Augsburg) lernen 82 Abiturienten ab nächster Woche wieder im Klassenzimmer. „Wir müssen viel umgestalten“, sagt Schulleiter Günter Manhardt. Höchstens 14 Schüler sollen zusammen in einem Raum sitzen, auf den Gängen stehen die überschüssigen Möbel herum – und die Schulleitung hat gut zu tun: „Hygienevorschriften, Raumkapazitäten, Bustransport, Unterrichtsgestaltung, Homeschooling: Wenn man all das gut hinkriegen will, arbeitet man manchmal fast rund um die Uhr“, erklärt ein am Telefon trotzdem gut gelaunter Schulleiter. Es sind ganz Dinge, die Manhardt jetzt anpacken muss: Genügend Seifenspender und Einmalhandtücher beschaffen. Prüfen lassen, ob die moderne Belüftungsanlage im Haus auch wirklich für einen ständigen Luftaustausch sorgt. Das Gymnasium Diedorf ist ein Neubau, fertiggestellt 2015. Es entspricht modernsten Standards. In alten Schulgebäuden ist es deutlich schwerer, die Zimmer virenfrei zu halten.
Bauliche Mängel an den Schulen werden jetzt zur Herausforderung. Klagen über veraltete Sanitäranlagen prallen vielerorts seit Jahren an den Schulträgern ab. Und selbst am prämierten Architektenbau in Diedorf gibt es ein Problem mit dem Händewaschen. Wie in hunderten anderen Schulhäusern sind keine Waschbecken in den Klassenzimmern montiert. Von den Oberstufenschülern könne man regelmäßiges Händewaschen in den Toiletten erwarten, sagt der Diedorfer Schulleiter. „Aber wenn die kleineren zurückkommen, werden wir dafür Aufsichten brauchen.“Personal, von dem er nicht weiß, wo er es hernehmen soll.
In pädagogischer Hinsicht ist das
Mitarbeiter-Problem noch viel drängender: „Wegen der Hygienevorschriften müssen wir die Klassen teilen“, erklärt der Schulleiter. Das bedeutet: „Doppelt so viel Raumund Personalbedarf.“Am Anfang mit den Oberstufenschülern sei das kein Problem, deren Abiturkurse bestünden meist ohnehin aus weniger als 14 Teilnehmern. Der Masterplan für später, wenn der große Ansturm der Schüler kommt? Vielerorts noch in der Mache.
Auch in Mittel- und Wirtschaftsschulen, Fach- und Berufsoberschulen sowie an den Realschulen beginnt am 27. April der Unterricht wieder – jedenfalls hofft das Jürgen Böhm, Vorsitzender des Bayerischen Realschullehrerverbands. Viele Forderungen der Verbände – etwa zu den Hygienevorschriften – seien erfüllt worden, lobt Böhm. Dennoch sei eine entscheidende Frage noch nicht geklärt. „Welche Lehrer gehören zur Risikogruppe?“Nur mit einer Antwort auf diese Frage wüssten Schulleiter, wie viel Personal sie zur Verfügung haben. „An Realschulen haben wir Glück, unsere Lehrer sind im Schnitt 42, 43 Jahre alt.“Für Lehrkräfte ab 60 erwartet er Regeln, die deren Gesundheit schützen. Die Risikogruppen unter den Schülern hat das Ministerium inzwischen definiert: Bei chronisch kranken und schwerbehinderprofane
Symbolfoto: Fabian Strauch, dpa ten Schülern oder solchen mit einem geschwächten Immunsystem muss ein Arzt klären, ob sie am Unterricht teilnehmen oder weiter zu Hause beschult werden.
Die Lehrer müssen ab Montag zusätzlich zum Präsenzunterricht weiter jüngere Schüler zu Hause unterrichten. Bei den älteren müsse daher die Konzentration auf Prüfungsfächer im Zentrum stehen, sagt Böhm. Er fordert das Ministerium auf, im Notfall die Proben zu reduzieren. Für Abiturienten, deren Prüfungen am 20. Mai beginnen, wurden schon alle verbleibenden Klausuren gestrichen. Böhm ist zuversichtlich, dass die Prüfungen trotz Corona unter „guten Voraussetzungen“stattfinden können. „Es wird kein Makel sein, 2020 den Abschluss gemacht zu haben.“
Wenn am Montag die Tore wieder aufgehen, muss jede Schule vorbereitet sein. Der Kultusminister will bei der Umsetzung der CoronaMaßnahmen „nicht alles vorgeben“. Die konkreten Abläufe müssten die Schulen regeln. Günter Manhardt in Diedorf kann sich auf lange Sicht ein 14-tägiges Unterrichtsmodell vorstellen: „Eine Woche lang lernt die Schülergruppe A in der Schule und geht anschließend eine Woche ins Homeschooling. In dieser Zeit könnte dann Schülergruppe B im Klassenzimmer lernen.“
Aufsichten für das Händewaschen