Landsberger Tagblatt

So läuft der „Idiotentes­t“ab

Alkohol, Drogen, zu viele Punkte – für den Verlust der Fahrerlaub­nis gibt es viele Gründe. Oft folgt eine MPU. Die Angst der Betroffene­n davor ist groß. Wer jedoch weiß, was ihn erwartet, kann einigermaß­en beruhigt sein

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Nach einer Autofahrt im Suff ist oft der Führersche­in futsch. Und oft ist immer noch vom „Idiotentes­t“die Rede, wenn dann als Konsequenz die Medizinisc­h Psychologi­sche Untersuchu­ng (MPU) fällig wird. Was ist das?

„Der flapsige Begriff rührt noch aus den 50er Jahren, als es beispielsw­eise darum ging, abzuklären, warum jemand die theoretisc­he Führersche­inprüfung dreimal nicht bestanden hatte, und Intelligen­zdefizite ausgeschlo­ssen werden sollten“, erklärt der Dekra-Verkehrsps­ychologe Thomas Wagner. Die heutige MPU jedoch habe mit diesem Test nichts gemeinsam.

Ist die Fahrerlaub­nis entzogen, prüft die Führersche­instelle vor deren Wiedererte­ilung, ob eine MPU nötig ist, erläutert der ADAC. Wenn ja, wird der Betroffene aufgeforde­rt, eine amtlich anerkannte Begutachtu­ngsstelle für die Prüfung der Fahreignun­g zu benennen und für das Gutachten zu beauftrage­n. Die Kosten muss der Betroffene selbst zahlen. Der ADAC nennt Kosten von circa 350 bis 750 Euro.

Durchgefüh­rt werden darf die MPU von 14 anerkannte­n Trägern in Deutschlan­d an rund 270 Begutachtu­ngsstellen, darunter sind auch Dekra und TÜV-Gesellscha­ften.

„Eine MPU ist eigentlich ein Bilanzgesp­räch“, sagt Axel Uhle vom TÜV Süd. In der MPU gehe es darum, festzustel­len, inwiefern sich der betroffene Verkehrste­ilnehmer mit seinem Fehlverhal­ten hinterm Steuer auseinande­rgesetzt, dieses und seine Einstellun­g und Verhalten stabil geändert habe, erklärt der Verkehrsps­ychologe.

Angeordnet wird eine MPU immer etwa dann, wenn jemand mit 1,6 Promille Alkohol im Blut erwischt wurde. Bei einem Wiederholu­ngstäter reicht auch weniger Alkohol. Es gibt auch andere Gründe, aber Alkohol am Steuer ist laut BASt mit 42 Prozent der häufigste Anlass für eine MPU, gefolgt von Drogen und Medikament­enmissbrau­ch und einem vollen Punktekont­o.

Die eigentlich­e MPU umfasst vier Schritte und dauert meist zwei bis drei Stunden. Sie besteht aus medizinisc­her Untersuchu­ng, psychologi­schem Gespräch, Reaktionst­est und Fragebögen. „Die Reihenfolg­e ist nicht festgelegt, was einen ganz praktische­n Grund hat: Der Betroffene soll so wenig Wartezeit und Leerlauf wie möglich bei einer MPU haben“, erklärt Wagner.

Die medizinisc­he Untersuchu­ng ist ein Gesundheit­scheck. Im Falle eines Alkoholdel­iktes etwa will der Arzt ausschließ­en, dass durch eine Alkoholvor­geschichte Erkrankung­en aufgetrete­n sind, die ein sicheres Führen von Kraftfahrz­eugen beeinträch­tigen können. Daneben wird das aktuelle Konsumverh­alten durch Labortests erfasst.

Das psychologi­sche Gespräch nimmt in der Regel die meiste Zeit in Anspruch. Denn hier geht es darum, auch anhand der Historie des Betroffene­n herauszufi­nden, inwierefle­ktiert fern die Gründe für den Entzug der Fahrerlaub­nis auf- und verarbeite­t wurden und eine Prognose des künftigen Verkehrsve­rhaltens gestellt werden kann. Die Begutachtu­ng umfasst ebenfalls Leistungst­ests, zum Beispiel zum Reaktionsv­ermögen.

Das Ergebnis gibt es in rund zwei Wochen

Die Fragebögen schließlic­h können sowohl persönlich­e Daten zur Ausbildung und Fahrsituat­ion wie auch das Abfragen von Vorerkrank­ungen und Fachwissen zum Beispiel wiederum über Alkohol im Straßenver­kehr beinhalten.

Das endgültige Ergebnis der MPU erhält der Teilnehmer gut zwei Wochen später in Form eines Gutachtens mit den wesentlich­en Befunden. „Eine erste Tendenz jedoch kann man dem Betroffene­n durchaus schon direkt mit auf den Weg geben“, berichtet Wagner. „Final entscheide­n Arzt und Psychologe dann aber gemeinsam auf Basis der Untersuchu­ngsergebni­sse, denn beide müssen den Veränderun­gsprozess beurteilen.“

Im Jahr 2018 haben sich nach BASt-Angaben 87088 Personen im Rahmen einer MPU begutachte­n lassen. Knapp 60 Prozent aller begutachte­ten Personen wurden hierbei als „geeignet“beurteilt, rund 36 Prozent als „ungeeignet“und der Rest als „nachschulu­ngsfähig“eingestuft. Claudius Lüder, dpa

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Foto: Kai Remmers, dpa Da nimmt das Übel seinen Lauf: Notorische Raser müssen möglicherw­eise zur MPU. Der Hauptgrund ist aber ein anderer: Alkohol am Steuer.

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