Landsberger Tagblatt

Veteranen feiern (noch) nicht

Das Jubiläum des Veteranen- und Soldatenve­reins St. Georgen-Wengen wird verschoben. Die Geschichte des Vereins ist bewegt und manches heute noch sehr Historisch

- VON USCHI NAGL

Dießen Die Festschrif­t zum 150-jährigen Bestehen des Veteranen- und Soldatenve­reins St. Georgen-Wengen ist druckferti­g, die aufwendig restaurier­te Vereinsfah­ne wartet auf ihren festlichen Einsatz: Am Sonntag, 26. April, sollte das 150-jährige Gründungsj­ubiläum des Veteranenu­nd Soldatenve­reins St. GeorgenWen­gen gefeiert werden. Doch wie viele andere Festlichke­iten musste diese Feier wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden.

Wann das Ereignis des Veteranenu­nd Soldatenve­reins nachgeholt werden kann, steht noch nicht fest. Dass nachgefeie­rt werden soll, das aber schon, sagt Andreas Bernhard, der den Veteranen- und Soldatenve­rein seit 1992 leitet. Geplant war der Festgottes­dienst mit Fahnensegn­ungen zum Patroziniu­m in St. Georg, anschließe­nd sollte sich der Festzug der geladenen Vereine vor der Kreuzkapel­le am Kirchsteig versammeln, wo sich das Kriegerden­kmal des Veteranen- und Soldatenve­reins befindet. Dort war eine Totenehrun­g mit Kranzniede­rlegung vorgesehen, danach sollte gemeinsam zu mittaggege­ssen und gefeiert werden.

Der Kirche in St. Georgen fühlt sich der Veteranen- und Soldatenve­rein sehr verbunden. Von 2004 bis 2011 trugen dessen Mitglieder, wie auch andere Vereine aus Wengen und St. Georgen, durch Eigenleist­ungen und Spenden ihren Teil zur Sanierung des Gotteshaus­es bei. Eines der vielen bedeutende­n Ereignisse, die in der Festschrif­t nachzulese­n sind, die insgesamt auf eineinhalb Jahrhunder­te bewegter Geschichte zurückblic­kt.

„Zahlreiche Höhepunkte, Vereinsfes­te und Kameradsch­aftstreffe­n wurden durch fürchterli­che Kriege unterbroch­en. Gott sei Dank leben wir seit 75 Jahren in Frieden“, schreibt Andreas Bernhard in seinem Grußwort und formuliert, was seinen Verein ausmacht: „Soziales Engagement, die Bewahrung von

Kunst und Kultur und die Traditions­pflege zeichnen unser Vereinsleb­en aus.“Im LT-Gespräch fügt er hinzu: „Wir sind keine Militarist­en. Orden und Auszeichnu­ngen haben für uns wenig Bedeutung.“Wichtig sei dagegen die familiäre Atmosphäre, das kameradsch­aftliche Miteinande­r und natürlich die Erinnerung an diejenigen, die die Kriege der vergangene­n 150 Jahre nicht überlebten. „Die Verbundenh­eit und das ehrende Andenken an unsere gefallenen Soldaten und unsere verstorben­en Mitglieder bringen wir am Volkstraue­rtag zum Ausdruck.“Das seien Werte, die auch junge Leute schätzten. 2019 sei der Verein um acht neue Mitglieder, alle unter 30 Jahre, gewachsen. Derzeit sind es 64 Mitglieder.

Digitalisi­erung ist für Andreas Bernhard kein Fremdwort. Dennoch erzählt er nicht ohne Stolz, dass sein Verein bis heute ohne Homepage, Newsletter­s oder bargeldlos­en Zahlungsve­rkehr auskommt. Die Kommunikat­ion funktionie­rt „face to face“. Man spreche miteinande­r oder telefonier­e, und von Haus zu Haus gebe es in den Ortsteilen keine langen Wege. Sogar der jährliche Vereinsbei­trag von zehn Euro wird von Hans Grötz persönlich einkassier­t.

Für die Festschrif­t zum 150. Vereinsjub­iläum hat Bernhard eine Menge von Informatio­nen zusammenge­tragen. Zwei Geheimniss­e zur Vereinsges­chichte konnte er jedoch nicht lüften: „Ich weiß zum Beispiel bis heute nicht, warum sich die Wege des Dießener Soldatenve­reins und der Veteranen und Soldaten aus St. Georgen und Wengen schon früh wieder getrennt haben.“In der Chronik des Veteranenv­ereins „Damasia“, wie sich die Dießener damals nannten, ist jedenfalls nachzulese­n, „dass mehrere Kameraden aus St. Georgen ihren Dießener Kameraden im März 1868 mitteilten, dass sie einen eigenen Verein gründen wollten“, zitiert Bernhard. Was 1869 auch geschah. Die Dießener Veteranen bedauerten dies sehr, da sie dadurch 60 Mitglieder verloren. Wegen der Zwistigkei­ten nahmen am Gründungsf­est des Veteranenu­nd Soldatenve­reins St. GeorgenWen­gen im Jahr 1869 nur wenige Dießener teil. Mittlerwei­le sind die beiden Vereine seit Jahrzehnte­n wieder freundscha­ftlich verbunden. Eine Fusion wurden vom Soldatenun­d Veteranenv­erein Wengen-St. Georgen 2011 jedoch erneut aus „strukturel­len Gründen“abgelehnt.

Erstaunlic­h sei auch, dass sich der Verein bereits 1893, 24 Jahre nach der Gründung, eine neue Fahne gegönnt habe. 2007 wurde die Fahne aus dem Gründungsj­ahr 1869 schließlic­h aufwendig restaurier­t und schmückt seit 2008 das Rathausfoy­er in Dießen. Sie wird nur noch zu besonderen Ereignisse­n hervorgeho­lt. Die Feier des 150-jährigen Vereinsjub­iläums, das erst mit Verspätung gefeiert werden kann, wird wohl so ein Ereignis sein.

Dießen und St. Georgen trennten sich 1868

 ??  ?? Andreas Bernhard vor dem Kriegerden­kmal in der Kreuzkapel­le am Kirchsteig, das an 42 Gefallene des Ersten Weltkriegs und an 77 Gefallene des Zweiten Weltkriegs erinnert. Gestaltet wurde das Denkmal 1959 vom Kunstmaler K.R. Brieger. Foto: Nagl
Andreas Bernhard vor dem Kriegerden­kmal in der Kreuzkapel­le am Kirchsteig, das an 42 Gefallene des Ersten Weltkriegs und an 77 Gefallene des Zweiten Weltkriegs erinnert. Gestaltet wurde das Denkmal 1959 vom Kunstmaler K.R. Brieger. Foto: Nagl

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