Aktion für den Frieden
Tobias (13) und Lenny (9) vermissen seit über sieben Wochen ihre Freunde. Mit ihren Kuscheltieren machen die Jungs aus Eching jetzt auf ihre Lage aufmerksam. Psychotherapeutin Carina Feldmann hat die Aktion initiiert
Ein ruhiger 1. Mai in Landsberg. Er war bestimmt von Aktionen für den Frieden auf dem Hauptplatz und zum Schutz von Kindern.
Eching Die Corona-Beschränkungen treffen Kinder und Jugendliche hart. Ausgerechnet diejenigen, die am wenigsten mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch eine Infektion mit Covid-19 zu rechnen haben, müssen am längsten auf ein ganz normales Leben verzichten. Was das heißt, haben Lenny (9) und Tobias (13) aus Eching dem Landsberger Tagblatt erzählt.
Anlass für einen Besuch bei Familie Rieb war die Demonstration „Vergesst uns nicht“, die von der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Carina Feldmann aus Türkenfeld initiiert wurde (LT berichtete). Mutter Heidi Rieb hatte davon erfahren, ihre beiden Jungs zum Mitmachen aktiviert, und so haben die pünktlich zum Termin am 1. Mai, 11 Uhr, ein Kuscheltier aus den Tiefen ihrer Spielkisten gezogen und es, präpariert mit Atemschutzmaske, vor die Haustür gesetzt.
Ein weißer Tiger und ein Eisbär erinnern die Vorübergehenden daran, dass Kinder seit über sieben Wochen ohne soziale Kontakte außerhalb ihrer Familie zu Hause sitzen, was laut Feldmann nicht ohne psychische Folgen sein wird. Lenny fehlt am meisten, dass er seine Freunde nicht sehen kann. Normalerweise hat er rund sieben Freunde in Eching, jedoch ist eine Art Stillstand eingetreten. Es gäbe kaum Eltern, die Kontakt, auch auf Abstand erlauben würden, bestätigt Heidi Rieb. Lenny ist ein Bewegungstyp, lange still sitzen geht nicht, und deshalb fehlen ihm auch seine sportlichen Betätigungen wie Fußball, Golf und Tennis und vor allem das Kräftemessen im Mannschaftssport.
Tobi fehlt es, seine Freunde zu treffen, mit ihnen wegzugehen oder auch mal bei ihnen zu übernachten. Die sozialen Kontakte haben sich ins Netz verlagert, doch ausgleichen können Online-Spiele, Chats und Video-Anrufe den persönlichen
nicht. Auch das Lernen funktioniere online nicht so gut, räumt der 13-Jährige ein.
Zwei Mal täglich gibt es eine Online-Konferenz mit der Klasse, bis zum Mittag werden dann noch die Hausaufgaben gemacht. „Den Rest des Tages habe ich nichts zu tun“, klagt Tobi. Da kann es schon mal zu Streit zwischen den Geschwistern kommen.
„Wir versuchen, uns aus dem Weg zu gehen, streiten aber trotzdem mehr als sonst. Wir spielen aber auch mehr zusammen“, erzählt Lenny. So wird der Garten gern mal zum Austragungsort für ein Golfturnier. Mutter Heidi hat seit Corona viele Funktionen. Sie ist Eventmanagerin, Lehrerin, EDV-Profi,
und arbeitet nebenher von zuhause aus. Mal geht das WLAN nicht, dann ist die Druckerpatrone leer und auch alles für den Online-Unterricht einzurichten, hat ihr einiges abverlangt. Vor allem bei Lenny muss sie viel erklären und ihn zum Lernen motivieren. Sie hat gemerkt, dass die Jungs viel „Auslauf“brauchen, deshalb wird viel geradelt. Sie brauchen aber auch Abstand.
„Seit sie gemerkt haben, dass es besser ist, rechtzeitig den Rückzug anzutreten und in ihr Zimmer zu gehen, bevor es Streit gibt, läuft es richtig gut“, sagt Heidi Rieb. Einen weiteren Vorteil hat die Corona.Krise gebracht: Es gibt zu Hause eine klarere Struktur und mehr ZuAustausch sammenarbeit. So wird einmal pro Woche das ganze Haus gemeinsam durchgeputzt. Die Riebs hoffen nun auf baldige Lockerungen. So würde Tobi eine schulfreie Zeit bis zu den Sommerferien noch aushalten, wenn er wenigstens wieder Freunde treffen könnte. Jedoch sind beide Jungs der Meinung, dass es mit der Schule funktionieren würde. Abstand halten oder sogar eine Maske tragen zu müssen, würden sie akzeptieren.
Tobis Vorschlag: langsam wieder anfangen: Zum Beispiel könnten zwei Mal pro Woche jeweils die Hälfte der Schüler zur Schule gehen. Heidi Rieb könnte sich kleine Lerngruppen bis zur Schulöffnung vorstellen. „Das würde auch die Eltern entlasten.“Dass nun bald die SpielStreitschlichter plätze wieder geöffnet sind, zaubert Lenny ein Lächeln ins Gesicht: „Da gibt es eine große Wiese, da kann man Fußball kicken“, freut er sich. „Es wäre gut, wenn es endlich Termine gäbe, damit man wieder eine Perspektive hat“, fordert Heidi Rieb. Durch Schul- und Gastronomieschließung ist die Familie Rieb doppelt belastet, denn sie betreibt das Restaurant Fischer in Stegen. Wie Initiatorin Carina Feldmann bestätigt, hat sie gegen Mittag des 1. Mai zahlreiche Fotos von an Haustüren platzierten Kuscheltieren erhalten. Viele Mitmacher hätten sich für die Aktion bedankt. Eine große Ansammlung von Kuscheltieren habe es beim Dorfwirt in Türkenfeld gegeben.
Freude über bevorstehende Spielplatz-Öffnung