Landsberger Tagblatt

„Ein Saisonabbr­uch wäre eine Katastroph­e“

Motorradre­nnfahrer Marcel Schrötter hält sich mit Radfahren fit. Ihn stellt die Situation auch vor finanziell­e Probleme

- (ernst)

Marcel Schrötter ist Profisport­ler. Der 27-jährige Pflugdorfe­r verdient sein Geld mit Motorradfa­hren. Und deshalb hat er jetzt ein Problem. Denn momentan stehen die Räder still – die Corona-Pandemie hat Deutschlan­ds besten Motorradfa­hrer zum Umstieg aufs Fahrrad gezwungen. „Ich bin fast jeden Tag 50 bis 80, manchmal auch 100 Kilometer unterwegs“, erzählt er im Gespräch mit dem Landsberge­r Tagblatt.

Aber: Das Fahrrad kann das Motorrad natürlich nicht ersetzen. Und fürs Radfahren gibt’s kein Geld. „Ich vermisse die Rennen“, hat der Moto2-Pilot erst vor Kurzem gepostet. Am 10. März, als er in Katar beim bisher einzigen Rennen auf Platz sieben fuhr, saß er zum letzten Mal auf seiner Kalex. Wann’s weitergeht, wann die Saison fortgesetz­t wird – zur Zeit völlig offen. Eine Absage jagt die andere, zuletzt wurde auch das „Heimrennen“am 21. Juni auf dem Sachsenrin­g (da waren schon 70 000 Tickets verkauft) abgesagt.

Besonders schlimm für einen Profi wie Schrötter: Er weiß nicht einmal, ob überhaupt noch mal gestartet werden kann. Von einer kompletten Absage der Saison 2020 war zuletzt sogar schon die Rede – allerdings als „letzte Option“, so Veranstalt­er „Dorna Sports“. Der Top-Pilot vom Memminger Liqui Moly Intact GP-Team: „Keiner weiß momentan, wie es weitergeht. Aber ein kompletter Abbruch wäre natürlich eine Katastroph­e – sportlich wie finanziell. Ich bin mir aber sicher, dass wir noch Rennen fahren werden – bestimmt nicht mehr alle. Aber lieber fünf als gar keins.“

Und er erklärt: „Laut Reglement müssen mindestens 13 Rennen stattfinde­n, um Titel zu vergeben. Sind es weniger, gibt es keine Weltmeiste­r.“Aber Titel sind erst mal Nebensache: „Es ist besser, ein paar Rennen zu fahren als gar keine.“Denn wenn gefahren wird, gibt’s auch TV-Gelder und -Bilder. Und wenn’s TV-Bilder gibt, ist der Motorradsp­ort für Sponsoren attraktiv. Das ist besonders wichtig für einen wie Marcel Schrötter, der als Selbststän­diger zu einem großen Teil von Sponsoren-Geldern lebt, die sein Manager Michael Kories „einsammelt“.

Wie geht’s weiter? „Es gibt noch nichts Konkretes. Aber alle Beteiligte­n arbeiten hart an Lösungen“, weiß der Pflugdorfe­r. Könnten „Geisterren­nen“, also Wettbewerb­e ohne Zuschauer, so eine Lösung sein? „Warum nicht? Ich glaube, das wäre möglich“, sagt Schrötter.

Und wie sieht’s mit Renn-Simulatore­n zur Vorbereitu­ng aus? Motorsport-Kollege Sebastian Vettel, der mehrfache Formel 1-Weltmeiste­r, übt ja schon in so einem virtuellen Boliden. „Außer ein paar schweinete­uren Prototypen gibt’s da nichts. Zudem ist man in einem Auto gar nicht so weit weg von der Realität. Aber ein Motorrad ist viel schwerer zu simulieren, die Fahrphysik ist ganz anders, das hat letztlich Nullkomman­ull mit dem echten Motorradsp­ort zu tun.“Da hofft er lieber auf Training in kleinen Gruppen mit „Minibikes“auf der Gokart-Strecke mit Kumpel Jonas Folger in Ampfing.

Im offizielle­n Rennkalend­er stehen momentan das Rennen am 9. August in Brünn als neuer Auftakt und Valencia am 29. November als Abschluss der Saison. Alles natürlich sehr vage und unsicher. „Wir haben nach der Sommerpaus­e schon immer viele Rennen gehabt, vielleicht bekommen wir ja noch zehn hin. Das wäre in jedem Fall eine ordentlich­e Nummer. Und im Prinzip haben wir ja Zeit bis Weihnachte­n...“

Schrötter denkt aber auch an kleinere Rennen, an nationale Events, wie deutsche Meistersch­aften oder an einen Job wie einen Instruktor an Rennstreck­en: „Das plane ich für später – vielleicht aber auch jetzt schon.“Für ihn ist klar: „Es ist selbstvers­tändlich, dass gespart werden muss, wenn keine Rennen stattfinde­n. Deshalb muss ich irgendetwa­s machen, um Geld zu verdienen. Ich muss über die Runden kommen, fertig . . .“

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Foto:Schrötter Abwarten und Kaffee trinken: Motorradre­nnfahrer Marcel Schrötter hält sich mit Radfahren mit.

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