Einschneidend verändert
In Memmingen führt Corona zu einem radikalen Schritt beim Spielplan
Memmingen Keine Kompromisse, kein zurechtgestutztes Stückwerk auf der Bühne, auch nicht in Corona-Zeiten: Mit dem Spielplan 2020/2021 machen Intendantin Kathrin Mädler und das Landestheater Schwaben (LTS) eine klare Ansage. Statt Geplantes pandemietauglich einzudampfen, entschied sich das Memminger Team zu einem „radikalen Schritt“und hat in zwei Wochen völlig Neues konzipiert. Dabei ließ man sich von der Ausnahmesituation nicht ausbremsen: Der Spielplan mit dem Motto „Zwischen den Zeiten“nutzt diese als Inspiration und roten Faden für 16 Premieren, darunter vier Uraufführungen.
Überschattet ist die Spielzeit von Einschränkungen und Planungsunsicherheiten. Intendantin Mädler hält dem ein großes Maß an Flexibilität entgegen – und Optimismus. Und sie hat gute Nachrichten: „Es ist uns gelungen, die Bayerischen Theatertage für Memmingen zu retten.“Das eigentlich für dieses Jahr geplante Festival soll vom 12. bis 23. Mai 2021 nachgeholt werden. Verschoben sind auch die für die kommende Spielzeit ursprünglich geplanten Produktionen – auf 2021/2022.
Unter veränderten Vorzeichen gehen die eingeladenen Regieteams dennoch an die Arbeit: Kleinere Besetzungen und Abstand auf der Bühne, minimalistische Formate und reduzierte Zuschauerzahlen sind das Gebot für Stücke „zwischen den Zeiten“. Gewohnte Maßstäbe gelten bei der Breite der Stoffe – Weltliteratur, Klassiker und Zeitgenössisches
– und den damit berührten Fragen: Was macht einsam? Was ist Solidarität? Welche Wege führen aus der Isolation zurück in die Gemeinschaft?
Einen Beitrag dazu liefern vier geplante Uraufführungen. Im Oktober soll ein Stück Premiere feiern, an dem die israelische Autorin Maya Arad Yasur gerade schreibt. „The Exiteers“(Arbeitstitel) verflicht die Begegnung zweier Menschen in einem verschlossenen Haus, ihre Identitätsfindung und den Weg in die Freiheit zu einer Mischung aus Beziehungsdrama und Krimi. Ebenfalls aus Israel stammt die Autorin des Romans „Lügnerin“, der für die Bühne adaptiert wird (Premiere Dezember). Ayelet Gundar-Goshen zeigt an einem zur Unwahrheit verführten Mädchen auf, wie anfällig die Welt für Manipulation ist. Die Produktion „Die Füße im Feuer – Balladen und Songs“(Premiere November), bei der Mädler Regie führt, tritt den Beweis an, dass auch im Kleinen „Sensationelles und Weltbewegendes“verhandelt werden kann.
Eine Spekulation, wie aus künftiger Sicht der Blick auf das Allgäu im Corona-Ausnahmezustand ausfällt, stellt das Autoren-Duo Volker Klüpfel und Michael Kobr an. Zu sehen ist das Ergebnis ab Dezember. Das LTS wartet im September auch mit einer deutschsprachigen Erstaufführung auf: Die Britin Zinnie Harris lässt bei „In der Dämmerung“die Robinsonade zweier Frauen in ein Beziehungsstück münden. Und in eine Aussage darüber, wie man gestärkt aus Katastrophen hervorgeht.