Landsberger Tagblatt

Allein im Stadttheat­er

Kein Kino, kein Theater, kein Konzert. Die Kultur in Landsberg muss wegen der Corona-Pandemie eine Auszeit nehmen. Das hat mit Theaterlei­ter Florian Werner über die Krise und die Zukunft seines Hauses gesprochen

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Landsberg Kein Theater mehr. Seit dem 12. März ist das Landsberge­r Stadttheat­er geschlosse­n, draußen in den Fenstern hängen noch die Plakate mit den Kino-, Theater- und Konzertver­anstaltung­en, jedes einzelne überklebt mit dem Spruch: Abgesagt. Wie es weitergehe­n wird, ist ungewiss. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder hat nun zwar angekündig­t, den kulturelle­n Rettungssc­hirm von 90 auf 200 Millionen Euro aufzustock­en, wann genau Kinos oder Theater wieder öffnen dürfen, sagt er aber nicht. Nur, dass er davon ausgehe, dass die meisten Kulturvera­nstaltunge­n wohl erst nach den Sommerferi­en stattfinde­n werden. Was macht eigentlich Theaterlei­ter Florian Werner in diesen merkwürdig­en Tagen? Wir haben ihn im leer geräumten Foyer zum Interview getroffen.

Herr Werner, ist Theater eigentlich systemrele­vant?

Werner: Mit dem Begriff systemrele­vant habe ich so meine Probleme. Ich würde sagen, Theater ist auf jeden Fall gesellscha­ftsrelevan­t. Manche Menschen leiden, wenn sie nicht rausgehen oder Sport machen können, andere, wenn ihr Kopf nicht ausreichen­d mit Kunst und Kultur versorgt ist. Kultur meint ja: die Pflege des Geistes, des Körpers und der Landschaft. Und da ist es eben genau so wichtig, den Geist zu bereichern.

Wie sehen ihre Tage gerade so aus, als Theaterlei­ter im Wartestand und ohne Theaterbet­rieb?

Werner: Ich habe zurzeit deutlich mehr Arbeit als vorher, abgesehen von den ausfallend­en Veranstalt­ungen. Der Herbstspie­lplan muss umgeplant werden, dabei müssen alles Eventualit­äten berücksich­tigt werden, von: wir bleiben geschlosse­n, über eine eingeschrä­nkte Öffnung oder vielleicht – aber unwahrsche­inlich – eine komplette Wiedereröf­fnung. Manche gehen ja davon aus, dass der Kulturbetr­ieb bis ins Jahr 2022 beeinträch­tigt sein wird. Über dem Herbst steht bislang noch ein großes Fragezeich­en. kann man sich eine eingeschrä­nkte Öffnung vorstellen?

Werner: Versuchen Sie sich das einmal bildlich vorzustell­en: Vor der Kasse ein Spuckschut­z, keine Gastronomi­e, Abstandsma­rkierungen vor der Toilette, nur jede zweite Reihe mit genügend Abstand besetzt. Und wie soll der Ein- und Auslass funktionie­ren? Da brauchen wir auf jeden Fall mehr Personal, um das geordnet und mit genügend Abstand managen zu können. Ich persönlich würde das nicht wollen. Aber als Theaterlei­ter sehe ich das natürlich anders und weiß, dass es Leute gibt, die sich eine schnelle, wenn auch eingeschrä­nkte Öffnung wünschen würden.

Wie geht es den Kulturscha­ffenden, den Künstlerin­nen und Künstlern, mit denen Sie zusammenar­beiten?

Werner: Wir, das heißt Edmund Epple und ich, haben versucht, mit allen unseren Partnern eine möglichst optimale Lösung zu finden. Uns ist es extrem wichtig, niemanden im Regen stehen zu lassen. Wir versuchen, für alle Ersatzterm­ine zu finden, was wahnsinnig mühsam ist. Es besteht insgesamt derzeit ein immenser Gesprächsb­edarf bei vielen Künstlern, und so telefonier­e ich viel und versuche das Gefühl zu vermitteln, dass wir als Gastspielb­ühne Stabilität bedeuten. Das miteinande­r Sprechen erscheint mir in diesen Tagen sehr wichtig. Das ist übrigens etwas, das mir in einem anderen Bereich fehlt: es gibt derzeit zu wenig Kommunikat­ion zwischen Politik und den Verantwort­lichen im Kulturbetr­ieb.

Man hört in diesen Tagen ja auch geWie legentlich von solidarisc­hen Aktionen des Publikums, die ihre Künstler freiwillig unterstütz­en. Wie ist die Lage da in Landsberg?

Werner: Wir haben mit dem Landsberge­r Publikum das große Glück, dass unserer Arbeit und unseren Gastkünstl­ern sehr, sehr viel Wertschätz­ung entgegenge­bracht wird. Das ist nicht überall so. Dementspre­chend ist auch in dieser Situation die Unterstütz­ung groß. Viele, viele Menschen bitten uns: Wir wollen etwas tun, wir wollen das Geld für unsere Karten nicht zurück. Wir kooperiere­n da mit TILL. Das Geld kann an den Fördervere­in gespendet werden und gemeinsam werden wir das Geld an diejenigen geben, bei denen es am meisten brennt. In der Regel sind das die kleinen freien Theaterbüh­nen sowie einzelne Musiker.

Wie wird es generell im Stadttheat­er weitergehe­n und was nehmen Sie aus der Krise mit?

Werner: Wir überlegen jetzt, was unter welchen Umständen und Voraussetz­ungen machbar ist. Es wird mit uns keine Schnellsch­üsse geben. Wir haben jetzt die Zeit und die Ruhe und die werden wir nutzen. Wir werden mit allen sprechen, Mut machen, denn unser Haus wird – im Gegensatz zu vielen privaten Anbietern, die in der Krise in finanziell­en Schwierigk­eiten stecken – auf jeden Fall weiterbest­ehen. Dazu versuche ich, alle ausgefalle­nen Stücke in den nächsten zwei Spielzeite­n unterzubri­ngen. Und ganz generell: Wenn man etwas Positives aus der Krise mitnehmen kann, dann mehr Wertschätz­ung für die Kultur, jetzt, wo man den Verzicht spürt.

Interview: Silke Feltes

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Florian Werner, der Leiter des Landsberge­r Stadttheat­ers alleine im Theatersaa­l. Seine Tätigkeit besteht aktuell darin, den Herbstfest­spielplan umzuplanen. Im Interview mit dem Landsberge­r Tagblatt hat er unter anderem darüber gesprochen.
Foto: Thorsten Jordan Florian Werner, der Leiter des Landsberge­r Stadttheat­ers alleine im Theatersaa­l. Seine Tätigkeit besteht aktuell darin, den Herbstfest­spielplan umzuplanen. Im Interview mit dem Landsberge­r Tagblatt hat er unter anderem darüber gesprochen.

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