Menschlich nachvollziehbar
Ganz sicher kann man manches an den staatlichen Schutzmaßnahmen zur Pandemiebekämpfung in Deutschland auch kritisch beurteilen. Und unzweifelhaft haben die politischen Entscheidungen viele Menschen in Not gebracht:
Alte in Pflegeheimen, die ihre Angehörigen nicht mehr sehen durften; Kinder und Familien, die unter bisweilen beengtesten Wohnverhältnissen zurechtkommen mussten und müssen; Berufstätige, denen ihre Gehälter oder Einnahmen wegbrachen und die in existenziell bedrohliche Lagen gerieten.
Ein inneres Aufbegehren gegen die verordneten drastischen Einschränkungen ist daher menschlich nachvollziehbar. Den immer größer, lauter und teils auch aggressiv werdenden öffentlichen Widerstand gegen die Corona-Maßnahmen, verbunden mit der Suche nach einem „Schuldigen“, sehe ich aber mit großer Sorge.
Verweigert er in seinem Kern doch, die Natur des Virus anzuerkennen! Wir Wohlstandsverwöhnten, halbseitig blind in unserem „positiven Denken“, können uns die vernichtende Kraft einer Pandemie – Seuche nannte man das früher – offenbar nicht mehr vorstellen. Höchstens im Kino oder vom Sofa aus. Aber nicht als unsere(!) Realität.
Doch solange wir dies nicht als eine (uns immer noch drohende) Möglichkeit ins Auge fassen, verzerren wir die Wirklichkeit, übersehen die Bedrohung. Und macht Protest keinen Sinn.
Denn das Coronavirus wird sich weder wegdemonstrieren, gerichtlich verbieten noch alternativ wegerklären lassen. Es gibt hingegen manchmal im Leben Situationen, wo Akzeptanz, Vorsicht und auch gesunde Angst die besten Ratgeber sind.
Jürgen Karres,
Landsberg