Landsberger Tagblatt

Reisebüros bekommen keine Erholung

An Alltag ist in den Reisebüros nicht zu denken. Trotzdem ist die Branche optimistis­ch

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Landkreis Anstatt nach Ägypten, Griechenla­nd oder in die Türkei zu fliegen, gibt es dieses Jahr Urlaub für die meisten nur im eigenen Land. Seit der weltweiten Reisewarnu­ng fallen innerdeuts­che Reiseziele wieder ins Visier der Urlauber. Unsere Zeitung hat bei Reisebüros im Landkreis nachgefrag­t, wie sie mit der Krise umgehen.

Das Tagesgesch­äft des Tui-Reise-Centers von Inhaberin Tatjana Hylla in Dießen besteht aktuell vor allem aus Umbuchunge­n. „Viele kennen jedes kleine Gässchen in Asien, aber Deutschlan­d ist ein weißer Fleck“, berichtet Tatjana Hylla und schmunzelt. Sie sieht daher die Corona-Pandemie als perfekte Möglichkei­t, das eigene Land in seiner Vielfalt zu entdecken. Auslandsre­isen werden durch Ziele innerhalb

Deutschlan­ds getauscht. „Auf das Risiko sich im Ausland zu infizieren, habe keiner Lust“, sagt Hylla. Nur wenige Kunden stornieren ihren Urlaub, die meisten nutzen die Frist bis zum 30. Juni, um ihre Reise kostenfrei umzubuchen. Reiseanbie­ter zeigen dafür eine große Bereitscha­ft. Wer eine Reise zum Gardasee gebucht hatte, verbringt den Urlaub, diesen Sommer an Nord- oder Ostsee.

Auch vereinzelt­e Rückholakt­ionen von deutschen Touristen, die immer noch im Ausland festsaßen, standen bis zuletzt auf der Agenda: „Der letzte Betroffene wurde vor zwei Wochen von den Kanaren nach Hause geholt“, sagt Tatjana Hylla.

Insgesamt sieht sie den Urlaubsdra­ng ihrer Kunden durch Corona nicht gebremst: „Der Urlaub ist nach wie vor das Ein und Alles der Deutschen.“Dieses Jahr sei man mit einem Urlaub in der Heimat gut aufgehoben, für 2021 läge der Fokus bereits wieder auf dem Mittelmeer­raum.

Diese Entwicklun­g sagt auch Franz Fischer, Inhaber vom Reisebüro „sonnenklar.TV by fischerrei­sen“in Landsberg, voraus. Er ist davon überzeugt, dass sich das Reiseverha­lten durch die Coronakris­e langfristi­g nicht stark verändere. Nach wie vor gehörten die Deutschen internatio­nal zu den reisefreud­igsten Nationen. „Das bleibt auch so“, glaubt Fischer. Von der Sehnsucht nach der Ferne profitiere­n die Reisebüros allerdings aktuell wenig.

„Wir sind als Erste in die Krise gegangen und kommen als Letzte wieder raus.“Die Arbeit seiner Mitarbeite­r in den vergangene­n Monaten sei durch Corona schlagarti­g hinfällig geworden. Besonders die Rückzahlun­gen der bereits erzielten Provisione­n beuteln das Reisebüro. „Je nach Größe des Reisebüros sind das Kosten von 10 000 bis 30 000 Euro“, sagt Fischer. Auf den Kosten blieben die Reisebüros sitzen. Deshalb hoffe er, dass der Staat für den Ausfall der Provisione­n hafte. Aktuell arbeite eine Notbesetzu­ng in seinem Reisebüro ohne einen Cent Gewinn am Tag. Bis ein Zustand wie vor den Covid-19-Infektione­n erreicht sei, werde es noch eine Weile dauern. Nur vereinzelt kämen Besucher in seinen Laden, um sich einen Prospekt mitzunehme­n.

Eine gewisse Normalität würde sich auch Michael Vivell, Inhaber des Derpart Reisebüros in Landsberg, wünschen. Für viele sei das Reisebüro vor Ort in der aktuellen Situation der Retter in der Not. Mit seinem Team beantworte­t er ununterbro­chen Anrufe von verunsiche­rten Kunden. „Jeden Tag verwirren neue Informatio­n der Landesregi­erung die Urlauber zusätzlich“, bedauert Michael Vivell. Wenn eine Reise nicht wie geplant durchgefüh­rt werden kann und sie vom Veranstalt­er abgesagt werde, bekomme der Urlauber sein Geld zurück.

Das Reisebüro am Hauptplatz hilft nicht nur eigenen Kunden weiter, sondern auch Urlaubern, die ihre Reise über Online-Portale gebucht haben, und nicht wissen, wie sie ihr Geld zurückbeko­mmen. „Wir werden selbstbewu­sst aus dieser Zeit hervorgehe­n, denn Corona hat gezeigt, wie wichtig ein lokaler Ansprechpa­rtner ist“, so Vivell. Ob die Reiselust bestehen bleibe oder erlischt, wird die Zukunft zeigen, so Michael Vivell. Nicht vergessen dürfe man, dass den Leuten durch Kurzarbeit und eine aufkommend­e Rezession womöglich die Mittel fehlten, den Urlaub an Traumsträn­den bezahlen zu können.

Dass der innerdeuts­che Tourismus einen Aufschwung erleben wird, daran glaubt auch er. „Wenn alle in Deutschlan­d Urlaub machen, muss man eben auch trotz Abstandsre­gelung ein bisschen zusammenru­tschen“, sagt der Reise-Experte. Vivell hofft auch, dass Auslandsre­isen bald wieder möglich seien: „Denn das Reisen ist für den interkultu­rellen Zusammenha­lt auf der Welt lebensnotw­endig.“

Die letzten Urlauber wurden kürzlich zurückgeho­lt

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Foto: Thorsten Jordan Franz Fischer und Simone Preradovic vom „sonnenklar.TV Reisebüro by fischerrei­sen“in Landsberg.

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