Landsberger Tagblatt

Bunker im Berghang

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Xaver Jetzt, Buchloe

Folgende Erinnerung­en sind mir unvergessl­ich als mein Vater, Geburtsjah­r 1899, der auch schon im ersten Weltkrieg gedient hatte, zum Kriegsende von Russland nach Buchloe auf Heimaturla­ub kam.

Mein Vater scharte Nachbarn und Bekannte um sich und erklärte ihnen, dass wir keinerlei Schutz bei kommenden Fliegerang­riffen in unseren kellerlose­n Häusern hätten. Die Idee war einen Stollen für einen Schutzraum in den an den Garten eines befreundet­en Bauern grenzenden Berghangs zu graben. Nach einigen Wochen war dieser Schutzraum in U-Form fertig. Dabei waren die Schenkel des „U“Ein- bzw. Ausgang mir einfachen Holztüren und die Querverbin­dung mit ca. 12 bis 15 Meter Länge der eigentlich­e Schutzraum. Der Stollenque­rschnitt war ca. 1,2 Meter breit und zwei Meter hoch. Mein Vater war als Bergmann ca. 20 Jahre in den Bergwerken Peißenberg und Peiting tätig und gemeinsam führte man den Bunkerverb­au mit Grubenholz aus.

Bei Fliegerala­rm liefen meine Mutter mit uns drei Kindern und mit anderen Nachbarn zu diesem 400 Meter entfernten Schutzraum. So waren wir auch während des Großangrif­fes auf Augsburg nachts dorthin unterwegs und hätten bei dem 40 km entfernten Feuerschei­n dieser Brandnacht jedes kleine Geldstück auf der Straße finden können. Auch Buchloe war wegen seines Bahnknoten­punktes zur Behinderun­g von Frontzügen mit Bomben angegriffe­n worden.

Nach unserer letzten Bunkernach­t hörten wir am frühen Morgen Quietschen, Rasseln und Brummen und eben alle Fahrgeräus­che schwerer Panzerkolo­nnen und dann auf einmal Totenstill­e. Wir Jungs im Alter von sieben bis zehn Jahren kletterten und robbten den Berghang hinauf und sahen auf der Augsburger Straße Panzer stehen. Als wir oben angekommen, wie angewurzel­t hinter dem Gartenzaun standen und vor Angst staunend die Panzerkolo­nne erblickten, wussten auch wir, dass der Krieg zu Ende war. Die Kolonne stand einige Stunden und wartete wahrschein­lich auf die weiße Flagge, welche dann auf dem Kirchturmg­ipfel gehisst wurde.

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