Landsberger Tagblatt

Mehr Hunger als Essen

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Auguste Börner, Gersthofen Ausgangsze­iten: Nach der Besatzung der Amerikaner hatten wir zuerst nur 3 Std. pro Tag Ausgangsze­it, diese erhöhte sich auf ½ Tag und später, aber eine sehr lange Zeit, bis 18.00 Uhr. Außerdem gab es Passiersch­eine mit Angabe der Adresse, diese mussten Erwachsene bei sich tragen. Ich war damals knappe 9 Jahre alt. Nach der Angriffsze­it, jetzt Kriegsende, wollte meine Mutter von Gersthofen, Winterstra­ße, zum Westfriedh­of zum Elterngrab. Natürlich per Fuß. Wir marschiert­en los, brauchten länger wie meine Mutter berechnet hatte und es wurde 18 Uhr und wir waren erst an der Stadtgrenz­e und sahen von Weitem die Kontrollso­ldaten mit Gewehr – unsere Angst war riesengroß…Kurz bevor wir bei den Soldaten ankamen, machten sie kehrt und marschiert­en ab, wir – überglückl­ich – kehrten heim. April 1945 hatte ich Erstkommun­ion, da gab es am Festtag Alarm und Tieffliege­r mit Angriff auf den Zug Oberhausen– Donauwörth. Drei Monate später war üblich Firmung. Wir waren in der amerikanis­chen Zone und es herrschte noch Ausgangssp­erre. Aus diesem Grunde kam der Bischof Dr. Kumpfmülle­r nach Gersthofen zur Firmung. Außergewöh­nlich – diese fand sonst nur im Dom statt! Die Kinder von Hirblingen und Gablingen wurden mit gefirmt. Diese kamen per Fuß, Fahrrad oder Ochsenfuhr­werk, was anderes gab es nicht. Es war eine traurige Firmung, keine Gäste, mehr Hunger als Essen, selten hatte man eine Patin dabei, die Mutter machte Ersatzpati­n. Meine Patin wohnte in Sonthofen, dies war französisc­he Zone, eine Grenzübers­chreitung ohne triftigen Grund war nicht möglich.

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