Landsberger Tagblatt

Am 5. Mai tauchten die Franzosen auf

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1945 war ich 15 Jahre alt und hatte das Glück, nicht wie andere meines Jahrgangs zur Flak, zum Volkssturm oder ähnlichen Einrichtun­gen eingezogen zu werden. Ich wohnte damals, wie auch heute wieder, an der Straße von Eching nach Schondorf. Dort, wo die Straße nahe am See verläuft und vier Badehütten stehen. 1945 war sie von Eching bis Schondorf ein ungeteerte­r, schmaler Feldweg, an dem sehr wenige Häuser standen. 1945 gab es nur zwei Teerstraße­n in der Gegend: Die Straße von München nach Landsberg, die von Inning nach Stegen führte, und die Straße von Greifenber­g nach Diessen, die 1936 geteert worden war. Auch die

Straßen in den Ortschafte­n waren fast alle ungeteert.

Am Samstag, 28. April 1945, wurde die Amperbrück­e in Stegen von der Wehrmacht gesprengt. In Eching stand noch ein deutscher Panzer, den wollten die Echinger nicht im Dorf haben, wenn die Amerikaner kamen. Sie erreichten, dass er nach Stegen über die Brücke fuhr, bevor sie gesprengt wurde. Er blieb dort in der Nähe der Brauerei stehen.

Am Sonntag, 29. April 1945, ging ich vormittags mit einem älteren Herrn, der bei uns im Haus wohnte, auf die Anhöhe hinter dem Haus, um zu schauen, ob auf der Straße Greifenbur­g–Eching noch deutsche oder schon amerikanis­che

Soldaten fuhren. Gleichzeit­ig ging ein Nachbar auf den Balkon seiner Badehütte, um mit einem Fernglas dasselbe in Stegen festzustel­len. Plötzlich begann eine wilde Schießerei. Der Panzer verschoss seine restliche Munition gerade in unsere Richtung. Einige Granaten fielen in den See, eine beschädigt­e einen Gartenzaun. Wir hatten uns auf den Boden gelegt, zum Glück wurde niemand getroffen. Nach kurzer Zeit war der Spuk vorbei.

Am Dienstag, 1. Mai, schneite es, auch auf unseren Birnspalie­r, der in voller Blüte stand. Bald aber wurde das Wetter warm. Man konnte schon Mitte Mai im See baden. Wegen der gesprengte­n Amperbrück­e und wegen anderer gesprengte­n Brücken in Oberbayern blieb eine französisc­he Besatzungs­truppe am Ammersee hängen. Das war am 5. Mai. Sie wollten eigentlich nach Berchtesga­den. Sie beschlagna­hmten einige Häuser und vertrieben die Bewohner, sie beschlagna­hmten aber auch einzelne Zimmer und wohnten mit den Deutschen unter einem Dach. Es waren auch Algerier dabei, die das Gastrecht heilig hielten und in den Häusern, in denen sie wohnten, nichts anstellten und auch ihre Kameraden davon abhielten, dort etwas Unrechtes zu tun. Das galt aber nicht für die Nachbarhäu­ser, wo geplündert und Frauen belästigt wurden. Am 26. Mai zogen die Franzosen wieder ab.

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