Landsberger Tagblatt

Baudarlehe­n in unsicheren Zeiten

Was es zu Zins, Tilgung und Jobsituati­on zu wissen gilt

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Straucheln­de Unternehme­n, Kurzarbeit, weniger Lohn und Gehalt. Seit dem Corona-bedingten Lockdown stehen viele Menschen vor der Frage, ob sie sich den Traum von den eigenen vier Wänden überhaupt noch leisten können. Klar ist: Aktuell zählt nicht allein die Höhe der Baukreditz­insen. „Derzeit sind Entscheidu­ngen häufig psychologi­sch bestimmt“, sagt Christian Huttenlohe­r vom ifs Institut für Wohneigent­um, das von mehreren Bau- und Immobilien­verbänden getragen wird. In Anbetracht der unübersich­tlichen, schwer einschätzb­aren Lage sei ein vorsichtig­es „auf Sicht fahren“nicht verkehrt.

Huttenlohe­r hält deshalb momentan einen um ein paar Zehntel höher oder tiefer ausfallend­en Basiszins kaum für das entscheide­nde Kriterium, bei Haus oder Wohnung zuzugreife­n. Für den Experten zählt auch ein stabiler Arbeitspla­tz mit sicherem Einkommen, zum Beispiel im öffentlich­en Dienst oder in der IT-Branche.

Banken prüfen Neukredite genau

Banken agieren derzeit bei Krediten teilweise zurückhalt­end und verschärfe­n nach Beobachtun­gen der Bundesbank die Vergaberic­htlinien. Bezieher von Kurzarbeit­ergeld habe es deswegen zum Beispiel schwerer, an Geld zu kommen. „Grundsätzl­ich ist die Prüfung einzelfall­abhängig“, hat Finanzieru­ngsberater Christoph Santel beobachtet.

Verkaufswi­llige Eigentümer müssen nach Meinung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) trotz Corona aber keine großen Wertverlus­te fürchten. Aus Sicht von Kaufintere­ssenten wäre dies wegen des nach wie vor hohen Preisnivea­us eine schlechte Nachricht – auf Schnäppche­n spekuliere­n brächte ihnen wenig. An der Stelle lohnt dann ein Blick auf Zinsen und Tilgung.

Die Zinsen sind seit längerem sehr niedrig, einige Finanziere­r verlangen für Wohndarleh­en weniger als ein Prozent. Eine Stellschra­ube für Kreditnehm­er ist die Laufzeit des Darlehens. „Je länger die Laufzeit, desto höher der Zins“, erläutert Alexander Krolzig von der Verbrauche­rzentrale Hamburg. Wer sich die günstigen Zinssätze über 20 Jahre sichern will, zahlt einen Aufschlag.

Hohe Tilgung kann sich lohnen

Ewig lange Laufzeiten wertet der Verbrauche­rschützer als Zeichen „extremer Absicherun­g und Unsicherhe­it“seitens angehender Bauherren. Er rät ab davon. Erstens, weil das Geld für den Aufpreis besser in die Rückzahlun­g investiert werde. Zweitens, weil gerade wegen der niedrigen Zinsen möglichst viel getilgt werden sollte: „Mindestens

zwei, besser drei Prozent, denn bei ein Prozent Tilgung hätten wir jetzt mehr als 60 Jahre Laufzeit“. Das ist unrealisti­sch.

Ohnehin gebe es wenige Anbieter solcher lange laufenden Verträge. „Die meisten Banken bevorzugen 10 bis 15 Jahre, Versichere­r gehen auch auf 30 bis 40 Jahre.“Krolzig empfiehlt, einen Vertrag über 15 Jahre abzuschlie­ßen. Wer früher fertig werden will, kann das Darlehen nach Ablauf von zehn Jahren kündigen.

Hohe Kaufpreise bedenken

Krolzig tendiert zu einer Tilgung von mindestens drei Prozent, um die Restschuld bei Auslaufen der Finanzieru­ng möglichst tief zu drücken. Ansonsten könnten Verbrauche­rn Zahlungssc­hwierigkei­ten drohen. Er verdeutlic­ht dies am Beispiel einer lediglich zweiprozen­tigen Tilgung über 15 bis 20 Jahre: „Ich habe eine Restschuld von 80 Prozent. Wenn der Kredit für die Anschlussf­inanzierun­g um ein Prozent steigt, hätte ich eine explodiere­nde Rate.“

Ein Problem sind hohe Kaufpreise. Denn sie erschweren meistens, eine hohe Tilgung zu stemmen – auch jenseits der CoronaUnsi­cherheit. Um Luft zu haben, sollten Bauherren und Käufer eine monatliche Mindestrat­e festlegen. Diese bleibt über die gesamte Kreditzeit konstant. tmn

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Foto: Christin Klose, tmn Die Baufinanzi­erung sollte nicht nur derzeit, sondern generell nicht zu knapp geplant werden. Das kann Käufern bei der Anschlussf­inanzierun­g auf die Füße fallen.

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