Wohnanlage statt Kuhstall
Der Bauboom am Ammersee greift mehr und mehr auch auf die Dießener Ortsteile über. In der jüngsten Bauausschusssitzung sorgen zwei Anfragen für eine lebhafte Debatte und einstimmige Entscheidungen
Dießen Die Grundstückspreise in Dießen steigen. Trotzdem konnten sich die westlichen Ortsteile der Marktgemeinde bislang ihren dörflichen Charakter bewahren, doch mehr und mehr liegen dem Bauausschuss des Marktgemeinderats Bauvoranfragen und Bauanträge vor, die landwirtschaftliche Anwesen oder auch traditionsreiche Dorfgasthäuser in Dettenschwang und Dettenhofen in Mehrfamilienhäuser verwandeln wollen. In seiner ersten Sitzung hat der neue Bau- und Umweltausschuss dazu einstimmig Stellung bezogen. Zwei Bauvorhaben wurden unisono abgelehnt. Das Wort ergriff insbesondere Michael Hofmann (Bayernpartei).
An der Pessingerstraße in Dettenhofen soll gemäß Bauvoranfrage ein Stallgebäude mit Heuschober, das sich zwischen dem bestehenden Wohnhaus eines ehemaligen landwirtschaftlichen Betriebs und der sich im Norden anschließenden, verbleibenden Bergehalle befindet, abgebrochen werden. An dieser Stelle soll ein Wohnhaus mit acht Wohneinheiten (430 Quadratmeter) entstehen. Aus Sicht der Bauverwaltung sollte sich der Neubau hinsichtlich Profil und Höhenentwicklung am bestehenden Wohnhaus (39 Grad Satteldach) und nicht, wie vom Bauwerber gewünscht, an der verbleibenden Bergehalle (28 Grad Satteldach) orientieren. Denn daraus würde eine dreigeschossige Bauweise resultieren, die das Bauamt, ebenso wie die damit verbundene Höhenentwicklung, nicht als umgebungsverträglich ansieht. Von den 16 erforderlichen Stellplätzen werden sieben Stellplätze im Erdgeschoss des Mehrfamilienhauses und neun als offene Stellplätze östlich des Gebäudes nachgewiesen.
„Dettenschwang und Dettenhofen sind Dörfer. Und Dörfer sollen nicht verstädtern und nicht mit überdimensionalen Wohnbauprojekten zugebaut werden“, betonte Michael Hofmann angesichts der Planung. Dort entstünden teure Eigentumswohnungen, die der einheimischen Bevölkerung nicht dienen: „Wir werden da nicht wohnen.“Einer „Verschandelung der Dörfer“sollte nicht Tür und Tor geöffnet werden, so Hofmann weiter.
„Wir brauchen natürlich auch Wohnraum, und Wohnraum ist teuer“, meinte dagegen Thomas Höring (Freie Wähler). Grundsätzlich habe er nichts dagegen einzuwenden, wenn aus einem Kuhstall Wohnungen gemacht würden, damit die
Bevölkerung nicht wegziehen muss. Das einzige Problem sei seiner Ansicht nach die Dreigeschossigkeit. Auch er sei mit der Verwaltung vollkommen einig, dass man dort keine drei Vollgeschosse bauen dürfe, sagte Johann Vetterl (Freie Wähler). Vor diesem Hintergrund wurde die Bauvoranfrage für das Achtfamilienhaus in Dettenhofen ebenso abgelehnt wie ein Sechsfamilienhaus im benachbarten Dettenschwang. Auch dort, an der Achbergerstraße, soll laut Baugesuch ein landwirtschaftliches Gebäude abgerissen werden. Auf einer Fläche von 295 Quadratmetern sollen stattdessen Wohnungen entstehen.
Nach Ansicht der Bauverwaltung fügt sich auch dieses Gebäude hinsichtlich der Höhenentwicklung und Geschossigkeit – vor allem auf der Westseite – nicht ein. „Hier würden neue Maßstäbe gesetzt“, sagte Bauamtsleiterin Johanna Schäffert. Ins Auge falle insbesondere die Firsthöhe von 11,5 Metern, die so in der Umgebung bislang nicht vorkomme. Zudem falle das Gelände nach Westen stark ab, und genau dort müssten erhebliche Geländeveränderungen vorgenommen werden, um die Stellplätze im Untergeschoss anfahren zu können. Für ihn gelte auch diesbezüglich, was er zuvor zur Bauvoranfrage in Dettenhofen gesagt habe, ergriff Hofmann erneut das Wort. Hinzu komme, dass die benachbarte Fischbachstraße stark von Kindern frequentiert sei. Dort gelte Tempo 30.
Der rückwärtige Teil des Grundstücks, zur Fischbachstraße hin, bleibe momentan unangetastet, beruhigte Bauamtsleiterin Schäffert. Dort sei sogar eine Stützmauer vorgesehen. Das bedeute, dass das Grundstück nur von der Achbergerstraße aus anzufahren sei. Trotzdem wolle kein Mensch ein Wohnhaus dieser Dimension in Dettenschwang, betonte Michael Hofmann. Die Anwohner hätten bei ihm Sturm geklingelt, um ihm das mitzuteilen. Das Gleiche gelte für den Ortsteil Dettenhofen. „Hier werden sündhaft teure Eigentumswohnungen gebaut und die Leute reden sich ein, auf dem Land zu leben. Stattdessen leisten sie einen Beitrag, dass es Dörfer wie Dettenschwang oder Dettenhofen bald nicht mehr gibt.“
Hannelore Baur (SPD) orientierte sich in ihrer Bewertung vor allem an den geplanten Gebäudegrößen. Sie störe insbesondere die Höhenentwicklung, sagte sie. Das Aussehen sei nicht so sehr maßgebend, „denn die Geschmäcker sind verschieden“.
Wo es Kritik an den Vorhaben gibt