Eine gefährliche Schönheit im Kübel
In Augsburg sorgen Engelstrompeten für Aufregung. Wie es die Stadt Landsberg und der Landkreis mit dieser und anderen giftigen Pflanzen halten
Landsberg Die Engelstrompete ist eine imposante Pflanze: Ihre großen herabhängenden Blütenkelche sind ein Blickfang an so manchem Hauseck. In Augsburg sorgten diese Pflanzen auf städtischem Grund vergangene Woche jedoch für Diskussionen, denn sie sind giftig und können berauschen. Das Landsberger Tagblatt hat bei der Stadt Landsberg und beim Landkreis nachgefragt, ob dort Engelstrompeten gepflanzt werden.
Bei den Liegenschaften des Landkreises sind Engelstrompeten kein Thema: „Wir haben keine Kübelpflanzen“, sagt Pressesprecherin Anna Diem. Ähnlich wie der übrigens auch giftige Oleander gedeihen Engelstrompeten nur im Kübel, den Winter müssen sie geschützt im Haus verbringen. Bei Neuanpflanzungen werden laut der Pressesprecherin keine giftigen Pflanzen verwendet, und wenn es noch Altbestände
gibt, oder sich Pflanzen wie die Herkulesstaude wild ansiedeln, werden sie entfernt. Diem weiß von einem Fall beim Förderzentrum, wo ein Pfaffenhütchen, ein giftiger Strauch, entfernt wurde.
Auch für den Leiter Stadtgrün in Landsberg, Mario Düchs, kommt eine Engelstrompete nicht infrage. In der Innenstadt sei es schon vor Jahren im Zuge der Vereinheitlichung beim Altstadtkonzept dazu gekommen, dass die Stadt Pflanztröge zur Verfügung stellt und auch für die Pflanzen sorgt. Um die Pflege kümmerten sich dann die Geschäftsleute. „Die großen Oleander und Palmen wurden damals aussortiert.“In den Trögen würden Beetund Balkonpflanzen angepflanzt.
Im Bereich von Kindergärten werde besonderes Augenmerk darauf gerichtet, dass dort keine giftigen Pflanzen wüchsen. Angesichts von Engelstrompete, Eisenhut, Goldregen und Co auf Privatflächen oder wild wachsende Tollkirsche im hält es Düchs aber für sehr wichtig, Kinder zu lehren, dass sie nichts essen dürften, von dem nicht vorher abgeklärt sei, dass es essbar ist. „Sehr vieles ist giftig“, erläutert auch der Vorsitzende des Kreisverbandes für Gartenbau und Landespflege, Christian Hanglberger, „beispielsweise auch die Eibe“. Er weiß aber von keinen Problemen oder Vergiftungen durch Pflanzen aus Privatgärten. Auch er rät dazu, Kinder dazu zu erziehen, nichts in den Mund zu stecken.
Barbara Volke hatte bisher noch keine Probleme mit der Engelstrompete an ihrem Hauseingang in Landsberger Altstadt. Seit drei Jahren steht die imposante Pflanze draußen, und noch nie hat jemand Blüten oder Blätter abgerissen, erzählt die Landsbergerin. Viel Dünger und viel Wasser brauche die Pflanze aus Südamerika, sagt Volke. Laut Gartenratgebern zählt die Engelstrompete zu den beliebtesten Kübelpflanzen.
In Augsburg sorgten Töpfe mit Engelstrompeten jedoch vor Kurzem für Diskussionen: Dort hatte die Stadt am Herkulesbrunnen Blumenkübel und Pflanztöpfe aufstellen lassen, damit es an den warmen Sommerabenden mit dem coronabeWald dingten Abstandhalten besser klappt. Neben Palmen gab es auch Tröge mit Engelstrompeten. Diese Sträucher haben es in sich: Die Bestandteile der ursprünglich in Südamerika beheimateten Pflanze sind giftig, sie können Rauschzustände hervorrufen. Auf einschlägigen Seiten im Internet finden sich Rezepte. Allerdings sind die jeweiligen Teile der Pflanze unterschiedlich giftig – und dosieren lassen sie sich kaum.
Der Stadt fiel die potenzielle Droge auf der Partymeile wohl vorerst nicht weiter auf. Erst nachdem sich Hörer bei Hitradio RT1 beschwert hatten, wurden diese Pflanzen verder gangene Woche wieder abgebaut. Die Engelstrompete zählt zu den zehn giftigsten Pflanzen in deutschen Gärten. Eine Überdosierung kann zu Psychosen führen, es gibt Berichte von Verstümmelungen im Drogenwahn.
Wie konnte es also dazu kommen, dass eine solche Pflanze ihren Weg an einen derart prominenten Platz in Augsburg fand? Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) erklärt, man habe eine Pflanze gebraucht, die sich vor allem durch „die Robustheit gegenüber Urin, Erbrochenem und Vandalismus“auszeichnet. Aufgestellt wurden die Sträucher am 17. Juli. Die Pflanzkübel mussten laut Erben schnell geliefert werden, da die Pflanzen ein Teil des Maßnahmenpakets zum Infektionsschutz sind. Von vornherein sei eine temporäre Aufstellung angedacht gewesen, sagt Erben. „Die Engelstrompete gehört zur Familie der Nachtschattengewächse wie Tomate oder Kartoffel und steht als klassische Kübelpflanze in vielen Botanischen
Giftige Pflanzen werden entfernt
Fünf Fälle in den vergangenen sechs Jahren
Gärten und auch in Hausgärten.“Er verweist darauf, dass in der Praxis keine Vergiftungen mit der Engelstrompete bekannt seien, da niemand – abgesehen von Kleinkindern und Kleintieren wie Katzen – auf den Gedanken käme, die Blätter oder die Blüten zu essen.
In diversen Online-Gartenlexika allerdings lässt sich nachlesen, dass bereits das längere Einatmen des Blütendufts der Pflanzen in geschlossenen Räumen zu Kopfschmerzen und Erbrechen führen kann. Auch der Hautkontakt mit ihnen kann zu Vergiftungen führen, weswegen bei der Gartenarbeit Handschuhe empfohlen werden. Für Haustiere kann die Pflanze sogar tödlich sein.
Beim Giftnotruf München gingen laut Angaben eines Pressesprechers in den Jahren 2014 bis 2020 insgesamt 2070 Anrufe aus dem Landkreis ein, 290 betrafen giftige Pflanzen und darunter waren wiederum fünf Fälle mit Engelstrompeten.