Landsberger Tagblatt

Satirisch, aber auch ernst

Christoph Raab aus Kinsau ist Kreisrat für „Die Partei“. Warum es ihn in die Politik zieht und wie er seine Rolle sieht

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Seit Mai regieren in vielen Landkreisg­emeinden neue Bürgermeis­ter und Gemeinderä­te. Doch auch auf Landkreise­bene gibt es neue Gesichter in der Kommunalpo­litik. Im Landsberge­r Kreistag sind auch kleinere Parteien vertreten und verfügen über nur einen Sitz. Wir stellen sie vor. Heute: Christoph Raab (Die Partei).

Kinsau Seine Wahl zum Kreisrat ist eigentlich „ein Betriebsun­fall, der uns helfen soll, Strukturen aufzubauen“. Wer für die Satirepart­ei „Die Partei“in einem Gremium vertreten ist, stelle die gängige politische Kommunikat­ion infrage und formuliere Absurdität­en wie „alle wissen, wie es geht, wir auch nicht“. Doch im Gespräch mit Christoph Raab zeigt sich, dass der 44-Jährige nicht nur contra geben will, wenngleich es ihn „sehr interessie­rt, die politische­n Gegebenhei­ten mit Satire zu hinterfrag­en“.

Auch in Kinsau, einem Dorf mit 1160 Einwohnern, hat er sich in den vergangene­n Jahren stark eingebrach­t – angefangen von der Regie fürs Krippenspi­el bis hin zur Mitgliedsc­haft bei Sport- und Schützenve­rein und Feuerwehr. Und damit vor zehn Jahren ein gänzlich anderes Leben eingeschla­gen als die Jahre zuvor in der Hauptstadt Berlin.

Raabs Leben in Kurzform: Geboren in Naumburg an der Saale, Lehre als Zahntechni­ker, danach Zivildiens­t, Barkeeper, nebenbei Musiker und Theaterspi­eler, Regiestudi­um in Berlin, später Assistent des Schauspiel­ers Ben Becker, Tourmanage­r für Katja Ebstein oder Rondo

Veneziano. Ein schwerer Schicksals­schlag im Familienkr­eis, danach noch eine schwierige Scheidung, Alkohol – Christoph Raab ist am Ende.

Der befreundet­e Brillenpro­duzent Dieter Funk lädt ihn für eine Auszeit nach Kinsau ein – und Raab entscheide­t sich nach einer kurzen Rückkehr nach Berlin für das Leben auf dem Land. Im Vorstand des

Stadtjugen­drings war der 44-Jährige schon in Berlin aktiv, in Kinsau geht er in die Kommunalpo­litik: Die Landjugend habe ihn angesproch­en, erzählt Raab, 2019 kommt er als Nachrücker in den Gemeindera­t – die Position des Nachrücker­s hat er auch derzeit inne. Im Kreistag ist er dank Fraktionsg­emeinschaf­t mit der ÖDP auch im Finanz-, Naherholun­gsund Bäderaussc­huss sowie im Inklusions­beirat. Und als Vertreter in weiteren Ausschüsse­n.

Dass er von politische­r Arbeit beziehungs­weise von öffentlich­er Darstellun­g etwas versteht, zeigt das vorbereite­te Statement zum Pressegesp­räch mit satirische­r Selbstdars­tellung seiner Rolle als Kreisrat: „Es wird mir nicht immer möglich sein, zu jedem Punkt im Kreistag eine fundierte Meinung zu haben. Zum Glück ist das auch weder sinnvoll noch erforderli­ch. Meist reichen meine Vorurteile zur Meinungsbi­ldung vollkommen aus. Hörensagen und Buschfunk tun ihr Übriges ...“Im Gespräch selbst benennt er jedoch beispielsw­eise die Fahrt zu den Liegenscha­ften des Landkreise­s als sehr interessan­t. „Da sind tolle Projekte dabei.“Christoph Raab ist der Meinung, „dass oft gute Arbeit gemacht wird, im Dorf und im Kreis“. Er wünscht sich jedoch mehr Transparen­z.

Bei manchen Themen argumentie­rt er nicht satirisch, sondern realpoliti­sch: Beim Jugendzelt­platz am Windachspe­icher kritisiert er die fehlende Anbindung, und die Erweiterun­g des Landratsam­ts würde er lieber auf dem ehemaligen Fliegerhor­st Penzing als bestehende­r Liegenscha­ft verorten. „Dass es größer werden muss, ist aber einsichtig.“Die Schaffung von vier Stellvertr­eterposten für den Landrat war für ihn Realsatire.

In Kinsau ist er derzeit Nachrücker im Gemeindera­t

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Foto: Thorsten Jordan Christoph Raab aus Kinsau sitzt für „Die Partei“im Kreistag.

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