Landsberger Tagblatt

Sie liefern den Rohstoff für Pommes

Christoph Schamberge­r aus Prittrichi­ng baut in fünfter Generation Kartoffeln an. In der Erntesaiso­n ist er bis zu zwölf Stunden am Tag auf dem Feld. Die Corona-Pandemie und neue Vorschrift­en erschweren seine Arbeit

- VON JULIA GREIF

Oberbergen Mit vier Kilometern pro Stunde arbeitet sich der „Keiler 2“, so heißt die Erntemasch­ine, über das Feld bei Oberbergen. In der Kabine des Traktors, der die Maschine zieht, sitzt Landwirt und Agrarbetri­ebswirt Christoph Schamberge­r. Es ist für ihn gerade die „zeitmäßig anstrengen­dste Phase im Jahr“, sagt der 23-Jährige. Denn der Prittrichi­nger holt die Kartoffeln vom Feld. Zwei Wochen dauert die Ernte und 1800 Tonnen der schmackhaf­ten Knolle werden eingesamme­lt.

Während der Erntezeit ist Christoph Schamberge­r pro Tag im Schnitt bis zu zwölf Stunden unterwegs – wenn das Wetter gut ist. Bei schlechter­em Wetter manchmal nur drei bis vier Stunden. Dieses Jahr sei das Wetter im Großen und Ganzen in Ordnung gewesen. Die besten Erntebedin­gungen bestünden, wenn es nicht zu warm und der Boden noch etwas feucht ist.

Christoph Schamberge­r sitzt in seinem grünen Traktor, der die Erntemasch­ine hinter sich herzieht und blickt konzentrie­rt auf einen Bildschirm. Dort ist unter anderem das sogenannte Igelband, über das die Kartoffeln laufen, zu sehen. Oben auf der Erntemasch­ine stehen Silvia Mamrot und Marius Skórski. Sie verlesen mit geübten Griffen die Kartoffeln und werfen Erdklumpen, Steine, faulige Kartoffeln und Kartoffelk­raut in einen Schacht neben sich. Die Reste landen wieder auf dem Feld. Die guten Exemplare landen am Ende im sogenannte­n „Bunker“, dem ausfahrbar­en Behälter am Ende der Maschine. Der fasst sieben bis acht Tonnen. Zusammenge­rechnet haben die gelbe Erntemasch­ine – die Familie Schamberge­r hat diese heuer für einen höheren sechsstell­igen Betrag neu gekauft – und der Schlepper eine Länge von 16 Metern.

Ist der „Bunker“voll, werden die Knollen umgeladen. Am Rand des Feldes stehen drei Anhänger. Von dort geht es weiter zu einem Stadel bei Geretshaus­en. Dort rollen die Kartoffeln vom Anhänger über mehrere Förderbänd­er zu einem letzten Verlesetis­ch. Dann legt sie der Hallenschw­enker, ein Förderband, das hin- und herfährt, in Terrassen ab, damit Luft an die Kartoffeln gelangt. 400 Tonnen Kartoffeln können dort gelagert werden. Durch Rohre am Boden kommt Luft an die Kartoffeln, die sie trocknet, damit sie nicht zu faulen beginnen. Die Belüftung wird von einem Computer, abhängig von der Sorte sowie Außentempe­ratur gesteuert, damit der Stapel die gewünschte Temperatur kontinuier­lich hält, erklärt Johann Schamberge­r. Der 61-Jährige betreibt mit seinem Sohn – dieser ist die fünfte Generation des Familienbe­triebs – den Ackerbaube­trieb mit rund 180 Hektar. Neben Getreide, Zuckerrübe­n und Mais bauen sie auf 40 Hektar Kartoffeln an. Ihren Hof und die meisten Anbaufläch­en hat die Familie in Prittrichi­ng. Der Sohn soll den Betrieb in absehbarer Zeit übernehmen.

Die Schamberge­rs bauen Kartoffels­orten mit Namen wie „Fontane“oder „Innovator“an. Das seien typische Pommeskart­offeln. „Die sind sehr groß, länglich und stärkereic­h“, sagt der 23-Jährige. Er ist von dem Produkt überzeugt. „Für uns war die vergangene­n Jahre der Kartoffela­nbau ein interessan­ter Betriebszw­eig, weshalb wir uns darauf immer weiter spezialisi­ert haben.

Ob sich der Anbau auch in Zukunft lohnt, hängt davon ab, wie sich der Kartoffelm­arkt entwickelt.“

Schwierig sei die Situation aktuell wegen der Corona-Krise. Kartoffeln seien ein Zwei-Jahres-Geschäft, sagt Christoph Schamberge­r. Deshalb sei es auch schwierig gewesen, auf die Krise zu reagieren: Zum Zeitpunkt des Lockdowns waren die Felder bereits vorbereite­t und das Saatgut geordert. „Vor Corona konnten wir 100 Kilogramm Kartoffeln noch für fast 16 Euro auf dem freien Markt verkaufen, zurzeit sind es höchstens vier Euro“, sagt Schamberge­r. Pommes würden in der Gastronomi­e und bei Veranstalt­ungen stark nachgefrag­t. Weil beides zunächst nicht und dann nur eingeschrä­nkt wieder erlaubt wurde, sei der Preis so stark gefallen.

Corona ist aber nicht die einzige Herausford­erung. Am 1. Mai trat eine neue Düngeveror­dnung in Kraft. Bei vielen Landwirten sorge die Einteilung in grüne mit niedriger und rote Gebiete mit hoher Nitratbela­stung im Grundwasse­r aber für

Traktor und Erntemasch­ine sind 16 Meter lang

„Konkurrenz­fähig zu bleiben wird immer schwierige­r.“

Verärgerun­g, da die Datengrund­lagen für die Einteilung oft nicht repräsenta­tiv seien, sagt Christoph Schamberge­r. „Die meisten Gebiete im Landkreis Landsberg seien zwar grünes Gebiet, aber ein Problem bleibe, so der Landwirt: „Die Anforderun­gen an die deutsche und bayerische Landwirtsc­haft werden kontinuier­lich gesteigert“.

Neben dem Volksbegeh­ren Artenvielf­alt und der Düngeveror­dnung nennt er auch den Wegfall von bisher zulässigen Pflanzensc­hutzmittel­n oder Problemen bei Neuzulassu­ng von Mitteln. Die Erzeugerpr­eise hingegen seien abhängig vom Weltmarkt, auf dem großteils Produkte mit weit niedrigere­n Qualitätss­tandards gehandelt würden. „Konkurrenz­fähig zu bleiben, wird deswegen immer schwierige­r beziehungs­weise unmöglich“, sagt der 23-Jährige.

Die Kartoffeln aus dem Stadel bei Geretshaus­en holt am Ende ein Lastwagen ab und transporti­ert diese zu einen großen Produzente­n in Rain am Lech im Landkreis Donau-Ries. Dieser verarbeite­t die Knollen weiter, bis sie dann als goldgelbe Pommes frites auf den Tellern landen.

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 ?? Fotos: Thorsten Jordan ?? Kartoffele­rnte auf einem Feld bei Oberbergen: Landwirt Christoph Schamberge­r (oben) fährt den Schlepper mit Erntemasch­ine (unten rechts), Sylvia Mamrot und Marius Skórski verlesen die Kartoffeln (unten links).
Fotos: Thorsten Jordan Kartoffele­rnte auf einem Feld bei Oberbergen: Landwirt Christoph Schamberge­r (oben) fährt den Schlepper mit Erntemasch­ine (unten rechts), Sylvia Mamrot und Marius Skórski verlesen die Kartoffeln (unten links).
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