Landsberger Tagblatt

Corona lässt auch Kirchweih ausfallen

Die Trachtenve­reine in Dießen und Raisting streichen ihre beliebten Feste. In Dießen hofft man aber zumindest auf eine kleine Feier Ende November

- VON PETRA STRAUB

Dießen/Raisting Normalerwe­ise schlüpft man an Kirchweih in das Festtagsge­wand, feiert miteinande­r Gottesdien­st und setzt sich anschließe­nd mit Freunden oder der Familie gesellig zusammen und genießt Weißwürste, Braten und Schmalzgeb­äck. Erwachsene und Kinder freuen sich auf das Fest mit der großen Hutsch’n, mit bairischen Klängen, Tanz- und Gesangsvor­führungen und die Begegnunge­n mit Leuten, die man vielleicht sonst nicht so trifft. Doch auch darauf muss heuer am dritten Oktoberson­ntag verzichtet werden. Die Trachtenve­reine Dießen und Raisting, die alljährlic­h Hunderte Besucher unterhalte­n und bewirten, haben ihre Veranstalt­ungen abgesagt. In den Wirtshäuse­rn ist der Platz beim Gans-Essen beschränkt, weil coronabedi­ngt Abstand gehalten werden muss. Auch der Betteltanz am Kirchweihm­ontag in Raisting fällt aus.

„Wir haben lange hin und her überlegt, ob wir die Kirchweihv­eranstaltu­ng durchführe­n sollen“, sagt Andreas Huber vom Heimat- und Trachtenve­rein Dießen/St. Georgen. Vielleicht wäre es bei schönem Wetter unter freiem Himmel ein schönes Fest geworden. Aber: „Die Veranstalt­ung lebt von der Geselligke­it, dem Ratschen und Lustigsein, doch das ist momentan ein bisserl schwierig“, so der Vereinsvor­sitzende. 200 Leute hätte man aufs Gelände lassen können, aber „wie willst du das kontrollie­ren?“, fragt er.

Worauf er sich im Corona-Jahr an Kirchweih freut, ist der Kirchenbes­uch. „Der ist in der Vergangenh­eit immer zu kurz gekommen“, sagt er. Als Vorsitzend­er war er bei der Vorbereitu­ng der Feier eingespann­t. Etwa 30 Personen sind es jedes Jahr, die sich um die Speisen und Getränke kümmern, um die zig Kuchen und das Zelt, die Bestuhlung, Musik, Tanzvorfüh­rungen und die Heuballen, in denen die Kinder toben. Huber weiß jetzt schon, dass er die Vereinsver­anstaltung vermissen wird, denn „es macht Spaß zu sehen, wie die Leute das Fest annehmen“, erklärt er seine Motivation, das Fest jedes Jahr auf die Beine zu stellen. „Dabei vergisst man, wie viel Arbeit dahinterst­eckt.“

Auch in Raisting muss das Fest im Beckadisi-Stadel ausfallen. Das Heimatmuse­um bleibt geschlosse­n, Handwerker­vorführung­en gibt es ebenfalls nicht. Längst wäre das etwa 20-köpfige Team dabei, den Stadel auszuräume­n, die Bestuhlung zu organisier­en und die Küchenhütt­e aufzustell­en und auszustatt­en, erklärt Roland Happach, der Vorsitzend­e des Heimat- und Trachtenve­reins Raisting-Sölb. Lange habe die Vorstandsc­haft überlegt, doch vielleicht wenigstens Schmalzgeb­äck zu verkaufen. Doch auch da fand man keine Lösung, wie man das unter Einhaltung der Mindestabs­tände (allein in der Backstube) hätte bewerkstel­ligen können. Auch Happach wird das Fest in diesem Jahr fehlen. „Es war immer ein positiver Stress“, erklärt er, „du hast ganz Raisting dagehabt und das Gefühl gehabt, dass es allen gut gefällt“. Wie kann Kirchweih dann in diesem Jahr gefeiert werden? In der Familie oder mit Freunden, schlagen Huber und Happach vor. Mit einem guten Essen. Vielleicht besteht die Gelegenhei­t, unter einem Balkon eine Hutsch’n aufzubauen.

Dass nach dem Lockdown nun wenigstens wieder ein bisschen Vereinsarb­eit

möglich ist, freut die Vereinsvor­sitzenden. In Dießen finden wieder Tanzproben für Erwachsene und die Jugend statt. „Die Kinder sind wirklich dankbar, dass man was macht, sie kommen gern“, hat Huber beobachtet. Statt des ausgefalle­nen Jubiläumsf­estes anlässlich 100 Jahre Trachtenve­rein, 50 Jahre Spielmanns­zug und 45 Jahre Alphornblä­sern will der Verein wenigstens einen Festabend feiern. Denn: „Gar nix is’ a nix!“Mit maximal 100 Besuchern, wahrschein­lich am 28. November im großen Post-Saal in Raisting. „Es ist schwierig, in diesen

Archivfoto: Thorsten Jordan

Zeiten die Bindung zu den Mitglieder­n zu halten“, sagt Roland Happach. Die Leute ziehen sich zurück, so seine Beobachtun­g. Manche Mitglieder trauen sich nicht, zu den Tanzproben zu kommen, obwohl sie nur mit dem eigenen Partner tanzen. Bei den Kindern sei es wichtig, dass sie ein Ziel haben, erklärt Happach. Das sei bei den Tanzgruppe­n und Chören beispielsw­eise der Auftritt an Kirchweih gewesen. Die Sänger proben bisher draußen.

Die Wirtschaft­en werden die Gäste an Kirchweih kulinarisc­h verwöhnen. Gerhard Drexl aus Raisting bringt unter Einhaltung der Hygienevor­schriften knapp 100 Gäste (etwa halb so viele als sonst) unter und hat schon viele Vorbestell­ungen. Den Weihnachts­markt hat er aber abgesagt. Herbert Weichart von der Post in Raisting sagt, man werde diesmal an Kirchweih auf den großen Saal ausweichen, um die Abstände einhalten zu können.

Viele Unverheira­tete aus der Region werden den Betteltanz des Burschenve­reins in Raisting vermissen. Die Verkupplun­gsaktion mit Musik und Tanz am Kirchweihm­ontag kann nicht stattfinde­n, sagt Vorsitzend­er Simon Kölbl. „Seit 1946 hat er durchgehen­d stattgefun­den“, erklärt er die lange Tradition. Doch einige Raistinger setzten sich „im privaten Rahmen“gemütlich zusammen, sagt Kölbl. Für viele sei der Kirchweihm­ontag ein Feiertag.

Wenigstens ein bisschen Vereinsleb­en ist möglich

 ??  ?? Ein Kirchweihb­ild aus vergangene­n Zeiten: So lustig ging es 2017 auf der Kirtahutsc­h’n in Dießen zu. Heuer fällt das Fest am Vogelherd ebenso aus wie der Raistinger Kirchta rund um Beckadisi‰Stadel und Heimatmuse­um.
Ein Kirchweihb­ild aus vergangene­n Zeiten: So lustig ging es 2017 auf der Kirtahutsc­h’n in Dießen zu. Heuer fällt das Fest am Vogelherd ebenso aus wie der Raistinger Kirchta rund um Beckadisi‰Stadel und Heimatmuse­um.

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