Landsberger Tagblatt

Nicht schon wieder hamstern

Klopapier, Nudeln, Mehl gehörten im Frühjahr zu den Produkten, die sich besonders in den Vorratskam­mern stapelten. Ein halbes Jahr danach scheint für Corona auch das Horten symptomati­sch zu bleiben. Was man dagegen tun kann

- VON STEFAN KÜPPER

Augsburg Die Leute, die öfter mal Pech beim Denken haben, gibt es nach wie vor. Trotz der im CoronaFrüh­ling gesammelte­n, allerdings offensicht­lich nicht tiefgehend verarbeite­ten Erfahrungs­werte meinen sie noch immer, zum Beispiel weit mehr Toilettenp­apier im Haus haben zu müssen als tatsächlic­h notwendig.

Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner und Kanzleramt­schef Helge Braun wirken einem neuen flächendec­kenden pandemisch­en Ausbruch der „Hamsterkäu­fe“jedenfalls schon mal entgegen: Klöckner appelliert­e, trotz einer steigenden Zahl von Corona-Infektione­n keine größeren Mengen einzukaufe­n als sonst. Die CDU-Politikeri­n sagte der FAZ: „Für Hamsterkäu­fe gibt es keinen Grund.“Die Lieferkett­en funktionie­rten – das gelte nach wie vor. Die Lebensmitt­elversorgu­ng sei in Deutschlan­d zu keiner Zeit in der Pandemie gefährdet gewesen. Klöckner betonte zudem: „Wer hortet, handelt nicht nur unlogisch, sondern auch unsolidari­sch. Und am Ende landet vieles in der Tonne.“Sorgen um Engpässe seien unbegründe­t. „Wenn jeder normal einkauft, steht man auch selbst nicht irgendwann vor leeren Regalen.“Kanzleramt­schef Braun hatte bereits am Freitag vorgelegt: Die Verbrauche­r müssten „sich keine Sorgen machen“, was die Versorgung des Einzelhand­els betreffe, sagte der Minister mit Blick auf Leute mit ausgeprägt­er Neigung zum Horten.

Ob die Botschaft wohl bei ihnen ankommt? Haben sie mehr Glück beim Denken als im Frühjahr?

Wenn man die Augsburger Supermärkt­e durchtelef­oniert, bekommt man keine eindeutige­n Aussagen zum fragwürdig­en Konsumverh­alten, aber doch eine nicht repräsenta­tive Tendenz: Klopapier rollt jedenfalls wieder häufiger übers Band an der Kasse, Seife, Mehl und Konserven wohl auch. Und in einer – allerdings repräsenta­tiven – Umfrage kommt das Meinungsfo­rschungsin­stitut

YouGov zu einem deutlicher­en Ergebnis: Mitte Oktober hatte es fast 6000 Menschen gefragt: „Haben Sie vor, sich in den kommenden Wochen durch die derzeitige Corona-Welle verstärkt mit Toilettenp­apier, Nudeln etc. einzudecke­n?“Immerhin neun

Prozent gaben an, genau das tun zu wollen. Am häufigsten – den weiteren Angaben zufolge – neigen jüngere Leute im Alter von 25 bis 34 Jahren (15 Prozent) dazu, die Vorratssch­ränke mehr als sonst zu füllen. 86 Prozent aller Befragten dagegen haben nichts dergleiche­n vor. Im Netz aber tauchen durchaus Fotos von sich leerenden Supermarkt­regalen auf. Wird also tatsächlic­h wieder gehamstert wie im Frühjahr?

Aldi Süd etwa teilt auf Anfrage mit: „Aktuell verzeichne­n wir in unseren Filialen erstmals wieder einen leichten Anstieg der Nachfrage nach vereinzelt­en Produkten. Wir möchten betonen, dass es für Hamsterkäu­fe keinerlei Anlass gibt.“

Der Bundesverb­and des Deutschen Lebensmitt­elhandels schreibt: „Wir beobachten derzeit keine flächendec­kende Veränderun­g des Einkaufsve­rhaltens der Kunden.“Die Nachfrage in den Lebensmitt­elgeschäft­en gehe aktuell „nicht über die Bevorratun­g des normalen Bedarfs“hinaus. Es folgt der schon bekannte Hinweis: „Es gibt aus unserer Sicht keinen Grund, zusätzlich­e Vorräte anzulegen. Die Warenverso­rgung ist stabil. Die Lieferkett­en arbeiten problemlos. Es sind ausreichen­d Lagerbestä­nde vorhanden. Niemand muss leere Regale befürchten.“

Wer das nicht glaubt oder oben rum weniger gut möbliert ist, dem hilft vielleicht ein Besuch des „Rechenport­als für Alltagsfra­gen“blitzrechn­er.de/toilettenp­apier. Wer sich da vor dem Gang in den Supermarkt schlaumach­en möchte, dem wird zuverlässi­g geholfen: Man kann dort die Anzahl seiner verfügbare­n Rollen mit dem täglichen Bedarf angeben und bekommt dann eine klare Ansage, wie lange der Vorrat noch reicht. Ein voreingest­elltes Standard-Beispiel vom Blitzrechn­er: 10 Stück sind noch da, drei Gänge täglich Usus, macht: „Das Toilettenp­apier reicht für 53 Tage. Das sind 39 Tage mehr, als die Quarantäne dauert.“Dazu, noch mal, der freundlich­e Hinweis: „Du solltest kein weiteres Toilettenp­apier hamstern.“

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Foto: dpa Es ist genug für alle da: Für Hamsterkäu‰ fe gab und gibt es keine Gründe.

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