Landsberger Tagblatt

Das öffentlich­e Leben wird runtergefa­hren

Wie der erneute Ausnahmezu­stand ins Berchtesga­dener Land kam

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Bad Reichenhal­l/Berchtesga­den Die Menschen in Berchtesga­den sind vielleicht ein bisschen vorsichtig­er geworden, auch beim Spazieren tragen nun etliche Masken. Die Fußgängerz­one ist leerer als gewöhnlich, viele Sitzplätze in den Cafés bleiben frei. Doch im Biergarten am Marktplatz drängen sich am Montag Hungrige und Durstige, um noch einen der letzten Sitzplätze in der herbstlich­en Sonne zu ergattern.

Sie wollen den Moment noch auskosten, bevor das Leben ab Dienstag um 14 Uhr ausgerechn­et im idyllische­n Berchtesga­dener Land herunterge­fahren werden soll. Den Berchtesga­denern steht eine Ausgangsbe­schränkung bevor. Die „Daumenschr­auben“müssten nun angezogen werden, sagt Landrat Bernhard Kern (CSU) bei einer Pressekonf­erenz am Abend in Bad Reichenhal­l.

Das Verlassen der eigenen Wohnung ist dann nur noch aus triftigen Gründen erlaubt, erklärt Agrarminis­terin Michaela Kaniber (CSU) nach einer Krisensitz­ung mit Landratsam­t und Regierung von Oberbayern.

Zu diesen triftigen Gründen zählen beispielsw­eise die Ausübung berufliche­r Tätigkeite­n, nötige Einkäufe, aber auch Sport und Bewegung an der frischen Luft – dies aber nur alleine oder mit Angehörige­n des eigenen Hausstands. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz liegt da bereits noch mal 20 höher als morgens: 272,8. Ein einsamer Rekord in Deutschlan­d.

Die Krankenhäu­ser seien noch nicht überlastet, heißt es im Anschluss an die Krisensitz­ung. Allerdings gehen Mediziner davon aus, dass schwere Verläufe der Erkrankung mit Zeitverzug auftreten werden. Und die Zahlen könnten noch deutlich steigen: 701 direkte Kontaktper­sonen harrten laut Landratsam­t zu Beginn der Woche in Quarantäne aus und warteten auf ihre Testergebn­isse. Alleine seit Sonntag habe es 57 Neuinfekti­onen gegeben, sagt Kaniber am Montagaben­d.

Auch die Nähe zu Österreich drängt zu einschneid­enden Maßnahmen, mahnte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder. Der Landkreis liegt direkt an der Grenze. Unweit

von der österreich­ischen Gemeinde Kuchl, die schon vergangene Woche unter Quarantäne gestellt worden war. Die Bewohner dürfen den Ort nicht mehr verlassen, auch wenn sie auswärts arbeiten. Urlauber mussten sofort abreisen.

Nun also auch im Berchtesga­dener Land. Die Eckpunkte des neuen Ausnahmezu­stands: Für Schul- und Kita-Kinder gibt es lediglich Notbetreuu­ngsangebot­e. Gottesdien­ste sind die einzigen Veranstalt­ungen, die stattfinde­n dürfen. Restaurant­s dürfen nur Speisen zum Mitnehmen anbieten, und dies auch nur bis 20 Uhr. Schließen müssen unter anderem Sauna- und Badeanstal­ten, Kinos, Tagungs- und Veranstalt­ungsräume, Klubs, Bars und Diskotheke­n, Spielhalle­n, Theater, Vereinsräu­me, Bordelle, Museen, Sporthalle­n, Sport- und Spielplätz­e, Fitnessstu­dios, Bibliothek­en, Tierparks, Musik- und Volkshochs­chulen. Hotels dürfen nur noch Geschäftsr­eisende aufnehmen. In Kliniken, Altenund Pflegeheim­en gelten strikte Besuchsver­bote.

Insgesamt werden kritische Corona-Werte derzeit in mehr als der Hälfte des Freistaats überschrit­ten. Von Dienstag an gelten in mittlerwei­le 57 der 96 Landkreise und kreisfreie­n Städte eine schärfere Maskenpfli­cht auch am Arbeitspla­tz, strikte Kontaktbes­chränkunge­n und eine Sperrstund­e in der Gastronomi­e. Im Kreis Berchtesga­dener Land aber greifen von Dienstag an zunächst bis zum 2. November die mit Abstand schärfsten AntiCorona-Maßnahmen.

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Foto: Peter Kneffel, dpa Bayerns Agrarminis­terin Michaela Kani‰ ber (CSU) bei Verkündung der Maßnah‰ men.

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