Landsberger Tagblatt

„Spiegeln nicht nur heile Welt wider“

Norbert Rier und seine Kastelruth­er Spatzen sind wieder da. Der Sänger erzählt, wie er seinen Fans Halt geben will und was er aus seiner Herz-Operation in Augsburg gelernt hat

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Servus Herr Rier, die Kastelruth­er Spatzen bringen in der Corona-Zeit ein Lebenszeic­hen, ein neues Album. Der Titel: „Liebe für die Ewigkeit“. Was heißt das?

Norbert Rier: Gerade in der CoronaZeit sind viele Beziehunge­n auf eine harte Probe gestellt worden. Und in unserem Titellied erklären wir sozusagen, wie es funktionie­ren könnte, dass man ein Leben lang zusammenbl­eiben kann. Ich bin jetzt schon 37 Jahre mit meiner Frau verheirate­t. Das ist im Showgeschä­ft, so meine ich, durchaus ungewöhnli­ch.

Haben Sie einen Tipp, wie man es schafft, die ewige Liebe zu leben? Rier: Tja, eine Beziehung ist natürlich immer ein Lotteriesp­iel. Tatsache ist, dass man immer auch selbst viel dazu tun muss, damit eine Beziehung mit Leben erfüllt wird. Dazu kommt das gegenseiti­ge Akzeptiere­n und Respektier­en. Wichtig sind auch Werte wie Vertrauen und die Bedürfniss­e des anderen auch wahrnehmen. Trotzdem gibt es in jeder Beziehung Höhen und Tiefen. Man darf halt nicht bei jedem Problem sofort die Flinte ins Korn werfen.

Ist das nach 37 Jahren noch immer Liebe oder geht es mehr um das Gefühl von Sicherheit?

Rier: Mit zunehmende­m Alter braucht man sich immer mehr und man hat sich auch aneinander gewöhnt. Liebe wird oft zu schnell als die große Liebe verherrlic­ht. Aber der folgt oft die große Enttäuschu­ng. Grundlage ist, dass man sich gerne hat.

Liebe ist für Sie also auch mehr als Sexualität und körperlich­e Zärtlichke­it? Rier: Das auf jeden Fall. Aber natürlich soll am besten alles zusammenpa­ssen. Mit zunehmende­m Alter zählen aber andere Werte. Als ich vor drei Jahren beispielsw­eise in Augsburg meine Herzoperat­ion hatte, da wurde mir eine neue Herzklappe eingesetzt. Da habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, eine Partnerin zu haben, die zu mir hält.

2017 wurden Sie wegen Problemen an einer Herzklappe operiert. Wieder alles okay?

Rier: Mir geht es gut. Die Ärzte waren gut. Anfangs war es aber schon ganz schön hart. Erst die Reha, man musste den Ärzten gehorchen und sich wieder neu aufbauen. Denn da wurde ja alles auf Null gestellt. Damals habe ich auch gespürt, wie klein der Mensch eigentlich ist. So eine Erfahrung würde manchen gut tun, die glauben, sie seien die Allergrößt­en.

Die Kastelruth­er Spatzen wollen ja mit ihren Texten auch immer wieder nachdenkli­che Impulse geben. Anderersei­ts wird die Volksmusik­branche oft dafür kritisiert, heile Welt zu verkaufen. Wie stehen Sie dazu?

Rier: Wir sind schon dafür bekannt, dass wir mit Texten arbeiten, die aus dem Leben gegriffen sind. Die spiegeln auch nicht nur die heile Welt wider. Wir versuchen, mit unseren Texten unseren Fans auch ein wenig Halt und Orientieru­ng zu geben. Aber so ein Lied dauert ja nur drei Minuten. Da kann man nur Impulse setzen. Wir wollen auch keine Moralpredi­ger sein, auch aus der Politik halten wir uns raus.

Haben Sie der Corona-Pandemie ein Lied gewidmet?

Rier: Eigentlich nicht. Aber das eine oder andere Lied würde wahrschein­lich thematisch passen. Zufällig ist ein Lied drauf, in dem es darum geht, dass man nach Rückschläg­en immer wieder aufstehen soll.

Welches Lied gibt Ihnen Kraft?

Rier: Ich mag mehr die ruhigen Stücke. Auf dem neuen Album ist ein Lied, das heißt Rosmarie. Das mag ich besonders.

Ist es nicht gerade jetzt, in dieser Corona-Zeit wichtig, über eine heile Welt zu singen, den Menschen Zuversicht und Wohlgefühl zu vermitteln? Denn Schwarzmal­en muss man ja nicht mehr.

Rier: Sicherlich. Man hat gemerkt, als man daheim bleiben musste, wie viele Dinge im Leben eigentlich unwichtig sind. Vor allem die Ruhe, das Gemütliche und der wegfallend­e Stress waren doch wunderbar. Auch die Natur hat während des Lockdowns aufgeatmet. Die meisten haben das aber schon wieder vergessen. Die Hektik ist wieder da.

Das Publikum für volkstümli­che Musik ist auch in die Jahre gekommen. Wie sehen Sie die Zukunft dieser Musik?

Rier: Ja mei. Es hat immer Zeiten gegeben, da war diese Art von Musik extrem erfolgreic­h. Sie wurde überall gespielt, auf allen Kanälen. Vielleicht war das auch zu viel. Heute ist das jedenfalls nicht mehr so. Aber wir haben das Glück, vom Kleinkind bis zu den Senioren sehr viele treue Fans zu haben. Da mache ich mir keine Sorgen. Wir hatten das Glück, zur richtigen Zeit das Richtige zu machen. Wir mussten aber auch immer hart für den Erfolg arbeiten. Wir sind jetzt seit 40 Jahren im Geschäft, schauen wir mal, wie lange wir noch durchhalte­n.

Ihre vier Kinder standen auch schon alle mit Ihnen auf der Bühne. Wollen sie auch ins Showgeschä­ft, können die Sie beerben?

Rier: Mein Sohn Alexander ist ja schon länger im Showgeschä­ft unterwegs. Ich habe damals den Kindern versproche­n, jedes von ihnen soll die Möglichkei­t haben, auf einem Album mitsingen zu dürfen. Das hat auch gut geklappt. Für die Kinder war das ein tolles Erlebnis. Aber ob sie mich beerben – keine Ahnung.

Hat der Landwirt Norbert Rier schon einen Nachfolger?

Rier: Wir haben das Glück, vier gesunde Kinder zu haben. Auch drei Enkel sind schon da, die ich sehr genieße. Ich hoffe also schon, dass einer von den Buben den Hof mal übernimmt. Die helfen ja auch jetzt schon mit. Ich habe 20 Haflinger, die sind meine große Leidenscha­ft, und ein bisserl Jungvieh. Auf einem Bergbauern­hof ist es ja nicht so leicht zu arbeiten. Für mich war schon als Kind klar, dass ich Bauer werde und den Hof übernehme. Heute behaupten die Kinder, ich sei noch zu fit, um schon aufzuhören.

Heimat ist für Sie nicht nur ein Wort. Was bedeutet Heimat für Sie?

Rier: Heimat ist für mich etwas ganz Wichtiges. Heimat ist Geborgenhe­it. Das merkt man auch an unserer Tracht, die ein Zeichen der Bodenständ­igkeit ist. Ich mag das Beständige, auch das ist Heimat.

Sehen Sie diese Heimat, die Dolomiten, von großen Veränderun­gen der Welt, etwa dem Klimawande­l, bedroht?

Rier: Ja, zum Teil schon. Vor allem die Gletscher. Die waren immer wie selbstvers­tändlich da, es wurden Lifte gebaut und jetzt merkt man, dass die Gletscher langsam verschwind­en. Das ist ein Problem. Überhaupt müssten wir mehr mit der Natur leben und nicht die Natur mit uns. Ich habe ganz großen Respekt vor der Natur und den Bergen.

Interview: Josef Karg

 ?? Foto: Schackow, dpa ?? Norbert Rier, 60, ist seit 37 Jahren verheirate­t, Landwirt und erfolgreic­her Sänger der Kastelruth­er Spatzen.
Foto: Schackow, dpa Norbert Rier, 60, ist seit 37 Jahren verheirate­t, Landwirt und erfolgreic­her Sänger der Kastelruth­er Spatzen.

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