Viel Geld, (fast) keine Zuschauer
Die Champions League startet wegen Corona an vielen Orten in leeren Stadien. Warum es nötig ist, dass die Königsklasse trotz aller Risiken in gewohnter Form stattfindet
Augsburg In Leipzig mussten sie umplanen. Kurzfristig. Weniger sportlich, da dürfte Julian Nagelsmann längst einen Plan für die Partie gegen den türkischen Meister Basaksehir aus Istanbul haben. Er dürfte ähnliche Facetten beinhalten wie beim 2:0-Sieg in Augsburg. Viel Ballbesitz gegen einen defensiven Gegner. Umdisponieren mussten die Leipziger bei der Auslastung ihres Stadions. Sie hatten bereits 8500 Karten für die Partie am Dienstagabend (21 Uhr) verkauft, nun mussten sie wegen der Entwicklung der Corona-Zahlen auf 999 Zuschauer reduzieren. In Leipzig wird ein Wert von 20 Neuinfektionen pro 100000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen erwartet. Das ist zwar noch weit weg von den teilweise Schreckenszahlen in Bayern. Es genügt aber für eine Reduzierung der Zuschauerkapazität.
Keine Frage: Aus atmosphärischer wie ökonomischer Sicht sind Zuschauer beim Fußball dringend nötig. Allein der FC Bayern München geht bei jedem ChampionsLeague-Heimspiel in einer leeren Arena von entgangenen Einnahmen von sechs Millionen Euro aus. Für das Jahr 2020 rechnen die Münchner damit, dass ihnen am Ende 100 Millionen Euro fehlen. Zum Vergleich: Für den Champions-LeagueSieg 2020 hatten sie rund 130 Millionen Euro kassiert. Zweifellos brauchen die Bayern die Champions League. Sie garantiert auch jetzt wieder hohe Einnahmen. Es wird aber durch Corona eine Saison voller Unwägbarkeiten. Für die Bayern, aber auch für die weiteren deutschen Starter aus Dortmund, Leipzig und Mönchengladbach.
Der Terminplan sieht vor, dass alle sechs Gruppenspieltage bis Weihnachten gespielt sind. Das hat eine Terminhatz zur Folge, die Klubs und Spieler vor besondere Aufgaben stellt. „Wir haben schwierige Zeiten, alle Klubs der Welt müssen damit richtig umgehen“, sagte Bayern-Sportvorstand Hasan Salihamidzic. Dazu gehört auch, dass die Teams quer durch Europa und damit auch in etlichen
Risikogebieten unterwegs sind. Weitgehend abgeschottet, Gefahren lauern trotzdem. Turins fünfmaliger Weltfußballer Cristiano war erst vergangene Woche positiv auf das Coronavirus getestet worden. Die Topstars Kylian Mbappé und Neymar fielen bei Paris wegen ihrer Infektion aus. Das Virus macht vor keinem halt. „Es ist unberechenbar, was passiert und das ist, was uns am meisten beunruhigt“, sagte UefaPräsident Aleksander Ceferin. Er sprach zudem von „sehr viel Panik“und „sehr viel Populismus“.
Unbestritten aber sind die steigenden Zahlen. Und unbestritten ist, dass Reisen in diesen Tagen nicht die beste Idee ist. In den nächsten Wochen aber sind nun 80 Mannschaften quer durch Europa unterwegs, um an der Champions und Europa League teilzunehmen. Jeden Spieltag begleitet die Hoffnung, dass schon irgendwie alles gut gehen wird. Eine Absage wäre kaum zu verkraften. Es muss irgendwie weitergehen, wenn auch in leeren Stadien. Der Ball rollt ohnehin hauptsächlich für die TV-Anstalten.
Durch die Übertragungen machen Uefa und Vereine das große Geld. Um das Spiel am Laufen zu halten, hat die Uefa ihre Regeln verschärft. Solange 13 Akteure einschließlich eines Torhüters negativ getestet und spielfähig sind, muss die Partie stattfinden. Zum Vergleich: In der Bundesliga benötigt es 15 einsatzfähige Spieler.
Es können triste Abende in den europäischen Arenen werden. Die Behörden vor Ort entscheiden, ob Fans zugelassen sind. In England finden die Partien in der Premier League derzeit ohne Fans statt. Kein Wunder, mit knapp 28 000 Infektionen pro Tag ist das Land stark von der Pandemie getroffen. In Italien steigen die Zahlen auch rasant, trotzdem sind dort bis zu 1000 Zuschauer in den Stadien, so auch bei Dortmunds Spiel am Dienstag in Rom. In Spanien wird das öffentliche Leben immer weiter eingeschränkt, hier sind keine Zuschauer in den Stadien zugelassen. In Frankreich müssen Abendspiele in neun Ballungszentren in leeren Stadien stattfinden.