Wenn es Nacht wird in Deutschland

Streifzüge durch die Dunkelheit

Auf seinen Streifzügen durch die Dunkelheit ist Dirk Liesemer kaum Menschen begegnet, aber er hat erfahren, „wie sehr uns Menschen die Nacht abhandengekommen ist“. Das gilt vor allem für die Städte, gegen deren Dauerbeleuchtung der Sternenhimmel kaum ankommt. Liesemer hat seine nächtlichen Ausflüge im winterlichen Füssen begonnen und im herbstlichen Schwarzwald beendet.

Er hat Sternen- und Spinnenforscher getroffen, Sagensammler und Astronomiefotografen, Jäger und Insektenforscher, Ornithologen und Künstler. Er hat unterm Sternenhimmel geschlafen, ist durch die Nacht geradelt, hat im Dunkeln Wälder und Moore durchwandert und die Sommersonnenwende zusammen mit Schamanen erlebt. In der Einsamkeit hat er sich an die Träume seiner Kindheit erinnert, an alte Geschichten und alte Lieder. Er hat Ängste ausgestanden und Momente voller Euphorie erlebt.

An all diesen Erlebnissen lässt Liesemer die Leser teilhaben, er nimmt sie nicht nur mit auf seine Streifzüge, sondern auch in seine Gedankenwelt. Und er macht ihnen klar, wie wenig die Menschen unserer Zeit von der Nacht und ihrer Schönheit wissen, ja, wie selten sie wirklich einen Sternenhimmel sehen. Liesemer vermeidet es selbst beim Radeln, Licht zu machen. Er will die Dunkelheit hautnah erleben, will eintauchen in den schwarzen Mantel – in der Stadt wie auf dem Land, in den Bergen und an der See. Und er erkennt, dass Lichtverschmutzung nicht nur in den Städten stattfindet. Man folgt ihm zunehmend fasziniert auf seinen nächtlichen Ausflügen und lernt dabei ganz unterschiedliche Facetten der Nacht kennen. Nicht nur als Nachtlektüre empfehlenswert! Lilo Solcher

» Dirk Liesemer. Streifzüge durch die Nacht, Malik, 270 S., 20,60 Euro