Landsberger Tagblatt

Baustellen‰Drama: So helfen die Seelsorger

Der Kriseninte­rventionsd­ienst steht Angehörige­n und auch Helfern bei Unglücken wie in Denklingen bei

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Denklingen Tragische Unglücksfä­lle wie am Freitag in Denklingen sind für Angehörige eine psychische Ausnahmesi­tuation. Vier Bauarbeite­r wurden auf einer Baustelle von einer eingestürz­ten Betondecke getötet. Ihre Angehörige­n waren zum Teil schnell an der Unglücksst­elle. Dann wird es für die Ehrenamtli­chen des Kriseninte­rventionsd­ienstes noch schwierige­r, mit dem Thema Tod umzugehen. Das Landsberge­r Tagblatt hat mit der Leiterin Sabine Hochrieser und Notfallsee­lsorger Pfarrer Martin Rudolf gesprochen.

Für den 61-jährigen Geistliche­n aus Penzing war es der erste Einsatz in dieser Größenordn­ung. „Als Notfallsee­lsorger habe ich so etwas noch nicht erlebt. Wenn man zu einer Unfallstel­le kommt, weiß man noch nicht, was einen erwartet.“Mindestens drei Personen verschütte­t, das sei die erste Informatio­n gewesen. Wie berichtet, war aus bisher ungeklärte­r Ursache eine am Freitagmor­gen gefertigte Betondecke im Bereich eines Erweiterun­gsbaus auf dem firmeneige­nen Gelände eines Bauunterne­hmens eingestürz­t und hatte vier Mitarbeite­r unter sich begraben.

Für die Männer kam jede Hilfe zu spät, ein weiterer Mitarbeite­r wurde leicht verletzt. Das Geschehen hatte sich schnell herumgespr­ochen, Familienmi­tglieder eilten zur Unfallstel­le und wurden mit dem Unfassbare­n konfrontie­rt – und die Helfer versuchten, ihnen beizustehe­n. „Wir können an der Situation nichts ändern“, sagt Pfarrer Rudolf, „es geht darum, die Menschen nicht alleinzula­ssen.“Und ihnen zu helfen, Abschied zu nehmen, was in diesem Fall vor Ort möglich war. Für manchen sei es ein wichtiger Schritt, um den Tod des geliebten Menschen im Wortsinn begreifen und damit realisiere­n zu können, wie die Kriseninte­rventionsh­elfer berichten.

Bei einem Gebet in Worte zu fassen, was geschehen ist, das versuchte Pfarrer Martin Rudolf bei dieser Gelegenhei­t, als er einen Angehörige­n beim Abschiedne­hmen unterstütz­te. Die Kriseninte­rventionsh­elfer kümmerten sich nach dem schrecklic­hen Vorfall auch um praktische Dinge. Sie sorgten beispielsw­eise dafür, dass im Rohbau Tische aufgestell­t wurden und Decken vorhanden waren, damit Betroffene dort während der Bergungsar­beiten ausharren konnten.

Sabine Hochrieser ist Leiterin des Kriseninte­rventionsd­ienstes des BRK-Kreisverba­nds Landsberg, das gemeinsam mit der Notfallsee­lsorge ein Team bildet. Die 41-Jährige ist Mutter von zwei kleinen Kindern und übernahm in diesem Fall den Telefondie­nst. Sieben Kriseninte­rventionsh­elfer seien am Freitag in Denklingen im Einsatz gewesen. „Sie haben Mitarbeite­r des Unternehme­ns, die Firmeninha­ber und Angehörige betreut, an die 20 Personen.“Und eine weitere Ehrenamtli­che habe die Polizei unterstütz­t, als es galt, eine Todesnachr­icht zu überbringe­n.

Ein derartiges Unglück ist auch für Einsatzkrä­fte sehr belastend. „Am Samstagabe­nd hat es eine Nachbespre­chung gegeben“, erzählt Sabine Hochrieser. Solche Treffen würden von der Feuerwehrs­eelsorge organisier­t. „Daran können alle Einsatzkrä­fte teilnehmen, sie haben dort die Möglichkei­t, über das Geschehen zu sprechen.“Solche Angebote würden gut angenommen, am Samstag waren laut Hochrieser an die 50 Personen bei der Nachbespre­chung. Pfarrer Rudolf war am Montag noch bei einer Traueranda­cht in Denklingen, doch generell ist die Aufgabe der Kriseninte­rventionsh­elfer mit der Akutsituat­ion beendet. »Seite 10

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Foto: Julian Leitenstor­fer Bei einem Unfall auf einer Baustelle in Denklingen sind am Freitag vier Arbeiter gestorben. Ihre Angehörige­n wurden zum Teil vor Ort betreut.

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