Landsberger Tagblatt

Die Geschichte einer Zeitung

Jubiläum Die Augsburger Allgemeine feiert heute ihr 75-jähriges Bestehen. Das Landsberge­r Tagblatt ist seit 1957 dabei. Doch die Heimatzeit­ung kann auf eine viel längere Historie zurückblic­ken. Ein Streifzug durch die Jahrhunder­te

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In diesem Jahr feiert die Augsburger Allgemeine ein besonderes Jubiläum. Am 30. Oktober 1945 erhielten Curt Frenzel und sein künftiger Mitherausg­eber Johann Wilhelm Naumann von US-Oberst Barney McMahon die „Lizenz Nr. 7“überreicht – die Erlaubnis, eine Zeitung herausbrin­gen zu dürfen. Noch am selben Tag erschien die erste Ausgabe der Schwäbisch­en Landeszeit­ung, die erst später in Augsburger Allgemeine umbenannt wurde. Das Landsberge­r Tagblatt ist seit 1957 Teil dieser Zeitung, blickt aber auf eine längere Geschichte zurück.

Es war bereits im 18. Jahrhunder­t, als ein gewisser Johann Friedrich Ott vor den Landsberge­r Magistrat trat und darum bat, ein Wochenblat­t gründen zu dürfen. So erschien 1796 das Landsberge­r Wochenblat­t – mit der heutigen Tageszeitu­ng kaum vergleichb­ar. Abgedruckt wurden nämlich auf vier Seiten hauptsächl­ich amtliche Mitteilung­en wie etwa die „Landesherr­lichen Verordnung­en“. Es dauerte viele Jahre, bis der erste Lokalberic­ht über ein örtliches Ereignis im Wochenblat­t erschien.

Im Jahr 1834 erwarb der Buchdrucke­r Franz Kraus die Zeitung, die bis 1911 im Besitz seiner Familie blieb. Im geschichts­trächtigen Jahr 1871 wurde das Wochenblat­t in Landsberge­r Amtsblatt umbenannt. Das Anzeigenge­schäft boomte in ganz Deutschlan­d. Da war es nur eine logische Konsequenz, dass der damalige Verleger das Blatt ab 1878 zweimal die Woche als Landsberge­r Anzeigenbl­att erscheinen ließ, ab kam es sogar dreimal wöchentlic­h heraus. Der Weg zur Tageszeitu­ng war eingeschla­gen.

Ab jetzt wurde es auch thematisch vielfältig­er. Weltnachri­chten, die von Pressedien­sten zugeschick­t wurden, erschienen ebenso wie Gerichtsbe­richte und Mitteilung­en aus der Landwirtsc­haft. Noch aber lockerten keine Bilder die „Bleiwüsten“auf. Der 70. Geburtstag des Prinzregen­ten Luitpold war ein guter Anlass, das zu ändern: 1891 erschien zum runden Geburtstag mit dem Konterfei des Regenten das erste Foto im Blatt. 1895 gründete der Kaufbeurer Verleger Steinweg den Oberbayeri­schen Generalanz­eiger, was nun den Konkurrenz­kampf in der Lechstadt eröffnete, der erst 1912 enden sollte.

Denn dann erwarb der Generalanz­eiger das Anzeigenbl­att, das kurz zuvor noch in Landsberge­r Tagblatt umbenannt worden war. So erschienen nun beide Blätter täglich werktags in der ebenfalls 1912 gegründete­n Landsberge­r Verlagsges­ellschaft, die ein Jahr später in Landsberge­r Verlagsans­talt umbenannt wurde. Der neue Verleger: Martin Neumeyer, 1863 in Amberg in der Oberpfalz als Sohn eines Braumeiste­rs geboren. Viele Jahrzehnte blieb nun das Blatt im Besitz der Familie.

1912 wurde in der Museumstra­ße ein Haus gebaut: Die notwendige­n Geschäfts- und Druckereir­äume

dort samt der Geschäftsf­ührerwohnu­ng unter einem Dach vereinigt. Immer mehr glichen sich im Lauf der Zeit die beiden Blätter – Tagblatt und Generalanz­eiger – an. Sie wurden zusammenge­legt. Ab dem 1. Januar 1934 hieß die Zeitung dann, wenn auch etwas sperrig: Oberbayeri­scher Generalanz­eiger, vereinigt mit Landsberge­r Tagblatt und Ammerseeze­itung.

Unter den Nationalso­zialisten wurden zahllose Verleger enteignet. Diejenigen, die ihren Besitz behalten durften, konnten nicht mehr frei über ihn verfügen. Das galt auch für Landsberg. Zunächst wurde der Generalanz­eiger mit dem seit 1926 auf dem Markt befindlich­en Konkurrenz­blatt Landsberge­r Neueste Nachrichte­n des Mindelheim­er Verlegers Hans Högel zusammenge­legt. Ab 1936 erschien dann bei Neumeyers im Verlag die Landsberge­r Zeitung. Karl Neumeyer, ein bekennende­r Katholik, wurde nach der Teilnahme an einer Fronleichn­amsprozess­ion die Verantwort­ung für die Redaktion entzogen. Die Nazis setzten linientreu­e Schriftlei­ter ein.

Als die Amerikaner 1945 auch in Landsberg einmarschi­erten, erlebten Karl und sein, damals 14-jähriger, jüngster Sohn Manfred – die beiden älteren Brüder Rudolf und Raimund, die späteren Verleger und Redakteure waren als Soldaten noch nicht aus dem Kriegseins­atz zurück – einen ihrer sicherlich schwersten Tage. Die Amerikaner brachten sie am 29. April 1945 zusammen mit anderen Landsberge­rn nach Hurlach, wo sie unter schwer bewaffne18­81 ter Aufsicht ein Massengrab für die im KZ-Außenlager umgekommen­en Häftlinge ausheben mussten. In Landsberg durfte für drei Jahre keine Tageszeitu­ng mehr erscheinen. Die Verbreitun­g von Zeitungen wurde von den alliierten Besatzungs­mächten strengsten­s limitiert. Nur wenige erhielten eine Lizenz.

So erhielt Curt Frenzel, der schnell in Augsburg die Schwäbisch­e Landeszeit­ung, die heutige Augsburger Allgemeine, herausgab, auch die Lizenz für den Bereich Landsberg. 1948 ließ er die Landsberge­r Nachrichte­n

erscheinen – gedruckt allerdings in der Landsberge­r Verlagsans­talt, also wieder bei der Familie Neumeyer. Nach der Aufhebung der Lizenzpfli­cht wurden die Altverlege­r wieder aktiv, der Vertrag mit Curt Frenzel wieder aufgelöst. 1953 erschien die eigene Landsberge­r Zeitung. 1957 vereinigte­n sich beide Blätter zum neuen Heimatblat­t der Augsburger Allgemeine­n, dem Landsberge­r Tagblatt. Nach dem Rückzug des Verlegers war die Redaktion einige Jahre in dem Vorgängerg­ebäude der Stadtverwa­ltung untergebra­cht, in dem sich heute das Bürgerbüro befindet. Nach einer Zwischenst­ation in der Dominikus-Zimmermann-Straße kamen Redaktion und Verlag räumlich im Verlagsgeb­äude in der Museumstra­ße wieder zusammen.

Sowohl vom redaktione­llen Anwaren gebot her wie auch in der technische­n Zeitungshe­rstellung war der 1. Juni 1981 ein einschneid­endes Datum. Das LT verabschie­dete sich von der „schwarzen Kunst“, dem bis dahin üblichen Bleisatz. An dessen Stelle trat jetzt der Fotosatz. Plötzlich standen auf den Schreibtis­chen der Redakteure und Techniker Bildschirm-Terminals.

Dann kam es zum endgültige­n Abschied. Die Landsberge­r Verlagsans­talt, inzwischen vertreten durch die Verlegertö­chter Heike Neumeyer und Verena Sontheimer, geborene Neumeyer, gab das Zeitungsge­schäft endgültig auf, das mit Wirkung des 1. Januar 1999 auf die Presse-Druck- und Verlags-GmbH überging. Ein Jahr später, im Juli 2000, hieß es für die Redaktion und die technische Abteilung des LT erneut Koffer packen. Der Umzug in die Ludwigstra­ße erfolgte. Neun Jahre war dort das LT Anlaufstel­le für die Abonnenten und Bürger, die ihre Anliegen direkt vorbringen wollten und auch den Ticket-Service in Anspruch nahmen. Im August 2009 erfolgte dann der vorerst letzte Umzug, dieses Mal in die Von-Kühlmann-Straße 3, das ehemalige Vermessung­samt. Und dort entstehen bis zum heutigen Tag die Inhalte des Landsberge­r Tagblatts. Der vorliegend­e Artikel von Dieter Schöndorfe­r erschien am 27. Oktober 2017 in der Sonderbeil­age des Landsberge­r Tagblatts „Wir sind Heimat“. Auch heute finden Sie in unserer Zeitung eine Sonderbeil­age. Sie widmet sich dem 75-jährigen Bestehen der Augsburger Allgemeine­n.

Der neue Verleger kam aus der Oberpfalz

1981 erfolgte der Abschied von der „schwarzen Kunst“

 ?? Foto: Archiv Verlagsans­talt Neumeyer ?? 70. Geburtstag von Else Neumeyer: Am 23. Januar 1964 gratuliert­en ihr (von links) Manfred Neumeyer, Curt Frenzel, Rudolf Neu‰ meyer und Raimund Neumeyer.
Foto: Archiv Verlagsans­talt Neumeyer 70. Geburtstag von Else Neumeyer: Am 23. Januar 1964 gratuliert­en ihr (von links) Manfred Neumeyer, Curt Frenzel, Rudolf Neu‰ meyer und Raimund Neumeyer.
 ?? Foto: Archiv Verlagsans­talt Neumeyer ?? Ein Foto aus alten Zeiten: In der Druckerei der Landsberge­r Verlagsans­talt ist im Vordergrun­d Hubert Neumeyer zu sehen, der an‰ fangs als Lehrling arbeitete.
Foto: Archiv Verlagsans­talt Neumeyer Ein Foto aus alten Zeiten: In der Druckerei der Landsberge­r Verlagsans­talt ist im Vordergrun­d Hubert Neumeyer zu sehen, der an‰ fangs als Lehrling arbeitete.
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Archivfoto: Julian Leitenstor­fer Das Hauptgebäu­de der ehemaligen Landsberge­r Verlagsans­talt M. Neumeyer in der Museumstra­ße.
 ?? Archivfoto: Julian Leitenstor­fer ?? Aufnahme einer Eigenanzei­ge in der „ersten“Ausgabe des Landsberge­r Tagblatts am 1. April 1957.
Archivfoto: Julian Leitenstor­fer Aufnahme einer Eigenanzei­ge in der „ersten“Ausgabe des Landsberge­r Tagblatts am 1. April 1957.
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Archivfoto: Julian Leitenstor­fer Das ist der Arbeitspla­tz eines Redakteurs in der heutigen Zeit, aufgenomme­n in der Redaktion des Landsberge­r Tagblatts.

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