Landsberger Tagblatt

Gruselkabi­nett mit Puppen

Das Theater Salz und Pfeffer zeigt der „Eingebilde­te Kranke“. Gespielt wird mit Figuren, die einen das Fürchten lehren

- VON BÄRBEL KNILL

Landsberg Den „Eingebilde­ten Kranken“von Molière hat man im Stadttheat­er schon viele Male gesehen, doch mit dem Nürnberger Theater Salz und Pfeffer kam der Komödien-Klassiker nun in einer Interpreta­tion mit Handpuppen auf die Bühne. Paul und Wally Schmidt übernahmen dabei sämtliche Rollen, Pierre Schäfer führte Regie.

Was an dieser Inszenieru­ng sofort auffällt, sind die Puppen, die zum Teil einem Hollywood-ZombieHorr­or-Schocker entstiegen zu sein scheinen. Puppenbaue­r Peter Lutz hat sich von einem morbiden Bildband inspiriere­n lassen. Er will damit wohl die Morbidität des Hypochonde­rs Argan darstellen, dessen unbedingte­r Wille, krank zu sein, auf eine posenhafte Todessehns­ucht hindeutet. Die Wirkung dieses Horrorkabi­netts der Puppen lenkt eher von der Handlung ab und irritiert, vor allem die Figur der Tochter Angélique, die nicht gut als junge Frau erkennbar ist und eher aussieht wie ein kahler, kreideblei­cher und geschlecht­sloser Punk-Zombie. Warum Argans Bruder Béralde als halbverwes­ter Untoter auftreten muss, bleibt ebenfalls rätselhaft. Das Lachen über die Angst vor dem Tod, das die Komödie vermitteln will, bleibt dem Zuschauer im Halse stecken, denn diese Puppen sehen grauenerre­gend aus. Amüsant wirkt die Figur des Argan, der unverkennb­ar Klaus Kinski darstellt.

So ist die Gestaltung der Puppen überrasche­nd und gewagt, während die Inszenieru­ng des Stückes sich weitgehend ans Original hält. Die beiden Puppenspie­ler wechseln souverän zwischen den Puppen und erwecken den Eindruck, dass sich eine Menge Leute auf der Bühne tummeln. Argans Angst vor Krankheit und Tod ist lächerlich, da er offenbar gar nicht krank ist, die „Ärzte“, die Argan nur ausbeuten, sind ebenso lächerlich wie der Wunsch Argans, mit der Verheiratu­ng seiner Tochter einen Arzt ins Haus zu holen. Am Ende siegt die Liebe, und mit ihr die Vernunft, und selbst der untote Bruder kann in seinem Sarg abtranspor­tiert werden – nicht ohne nochmals herauszuwi­nken.

Ob man es nun als eine Art Halloween-Inszenieru­ng sehen mag, als angemessen­es Stück zu Allerheili­gen oder als Galgenhumo­r angesichts des Lockdowns, der die Theater hart trifft – die Grusel-Version des „Eingebilde­ten Kranken“passt zur Jahreszeit und zur aktuellen Situation ganz gut.

Das Lachen bleibt dem Zuseher im Halse stecken

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Foto: Thorsten Jordan Paul und Wally Schmidt spielten sämtli‰ che Rollen.

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