Rettungsschirm ja – aber nicht für alle
Das November-Hilfspaket soll Unternehmen unterstützen, auch wenn sie nur indirekt vom Lockdown betroffen sind. Aber was ist mit Taxifahrern, die Restaurantgäste chauffieren?
Berlin Die Bundesregierung hat in der Corona-Krise bereits milliardenschwere Programme aufgelegt, um Firmen und Jobs zu erhalten. Immer wieder aber gab es Kritik, die Hilfen seien nicht zielgenau genug. Bei den Novemberhilfen will die Regierung nun „nicht kleckern“, wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gesagt hatte. Die große Frage aber ist noch offen: Ab wann genau fließt das Geld? Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte, die Hilfen sollten „zügig“ankommen. Altmaier stellte sie „möglichst“bis Ende November in Aussicht. Ein Überblick über die Hilfen: ● Umfang Die Hilfen haben ein Finanzvolumen von voraussichtlich rund zehn Milliarden Euro. Das Geld soll aus dem Topf für die bereits bestehenden Überbrückungshilfen stammen. Das sind Zuschüsse vor allem für kleine und mittlere Firmen, die in der Corona-Krise hohe Umsatzausfälle haben. Von den dafür vorgesehenen 25 Milliarden Euro wurden bislang aber erst rund 1,5 Milliarden Euro abgerufen. Verbände kritisieren ein zu bürokratisches Verfahren.
● Empfänger Antragsberechtigt sind laut Finanz- und Wirtschaftsministerium direkt von temporären Schließungen betroffene Unternehmen, Selbstständige, Vereine und Einrichtungen. Voraussetzung ist, dass sie auf der Grundlage der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 28. Oktober den Geschäftsbetrieb einstellen mussten. Hotels zählen als direkt betroffene Unternehmen. Unterstützung bekommen auch indirekt betroffene Firmen – also etwa Lieferanten für Kneipen. Grundsätzlich stehen die Hilfen allen Unternehmen offen – sie müssen aber „nachweislich und regelmäßig“80 Prozent ihrer Umsätze mit direkt von den durch Schließungen betroffenen Unternehmen erzielen. Darum dürfte nun bei diesen Betrieben das große Rechnen beginnen.
● Höhe Mit der Novemberhilfe werden Zuschüsse pro Woche der Schließungen in Höhe von 75 Prozent des durchschnittlichen wöchentlichen Umsatzes im November 2019 gewährt – bis zu einer Obergrenze von einer Million Euro, soweit der bestehende EU-beihilferechtliche Spielraum das zulässt.
Die Regierung spricht deswegen technisch von Wochenumsätzen, weil es rein theoretisch sein kann, dass Bund und Länder die Schließungen Mitte November zurücknehmen – womit allerdings nicht zu rechnen ist. Soloselbstständige können als Vergleich auch den durchschnittlichen Umsatz im Jahr 2019 zugrunde legen. Damit kommt die Regierung etwa Musikern oder Schauspielern entgegen, deren Einnahmen oft schwanken und die im November 2019 gar keine Umsätze hatten. Eine Sonderregel gilt für junge Firmen, die erst nach dem 31. Oktober 2019 ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen haben. Sie können als Vergleich auch den Oktober 2020 nehmen oder einen Durchschnittsumsatz seit der Gründung. ● Anrechnungen Andere staatliche Leistungen, die Firmen im November bekommen, werden angerechnet. Das gilt vor allem für Leistungen wie die bereits seit langem laufenden Überbrückungshilfen oder Kurzarbeitergeld.
● Anträge und Auszahlung Die Anträge sollen in den nächsten Wochen über die bundeseinheitliche ITPlattform
der Überbrückungshilfe gestellt werden. Wie bei den Überbrückungshilfen sollen die Anträge von einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer gestellt werden – die Bundesregierung will damit Missbrauch vorbeugen. Die Auszahlung erfolgt durch die einzelnen Länder. Eine Ausnahme gibt es für Soloselbstständige, die nicht mehr als 5000 Euro Förderung beantragen. Sie sollen die Anträge direkt stellen können.
● Kritik Einige Branchen fühlen sich im Stich gelassen. So kritisierte Michael Oppermann, Geschäftsführer des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen, der Umsatz des Taxigewerbes breche aufgrund der angeordneten Maßnahmen um 80 Prozent ein – Hilfe bekomme aber nur, wer die Restaurants, den Tourismus oder die Veranstalter direkt als Kunden habe. „Unsere Kunden sind aber deren Gäste, die jetzt natürlich ausbleiben.“Oppermann warnte vor einer Insolvenzwelle. Auch vom Deutschen Reiseverband kam Kritik: Reisebüros und Reiseveranstalter fielen durch den Rost.
Andreas Hoenig, dpa