Landsberger Tagblatt

Worauf Schwangere in Pandemie‰Zeiten achten sollten

Eine Auswertung zeigt, dass eine Covid-19-Erkrankung bei ihnen wahrschein­lich schwerer verläuft. Das rät ein Arzt

- VON CHRISTINA HELLER‰BESCHNITT

Kiel Lange Zeit hieß es, Schwangere haben im Vergleich zu nicht schwangere­n Frauen kein höheres Risiko, schwer am Coronaviru­s zu erkranken. Doch Anfang der Woche veröffentl­ichten US-Gesundheit­sbehörden eine Studie, die Anlass gibt, diese Einschätzu­ng zu überdenken. Denn die Studie kommt zu dem Ergebnis: Wenn schwangere Frauen an Covid-19 erkranken, verläuft die Infektion mit einer höheren Wahrschein­lichkeit schwerer als bei Frauen, die nicht schwanger sind.

Hinweise, die in diese Richtung deuten, habe es schon vorher gegeben, sagt Ulrich Pecks. Er leitet die Geburtshil­fe am Unikliniku­m Schleswig-Holstein in Kiel und ist Vorstandsm­itglied der Deutschen Gesellscha­ft für Perinatale Medizin. Sie gibt Empfehlung­en dazu heraus, wie Schwangere und Frauenärzt­e mit dem Coronaviru­s umgehen sollen. Und erhebt selbst Daten dazu, wie Covid-19-Erkrankung­en bei Schwangere­n und ihren Babys in Deutschlan­d verlaufen.

Für die US-Studie werteten die Centers for Disease Control and Prevention, kurz CDC, Gesundheit­sdaten von allen Amerikaner­innen aus, die zwischen dem 22. Januar und dem 3. Oktober 2020 positiv auf das Coronaviru­s getestet worden waren und Symptome hatten. Die Studienaut­oren betonten allerdings auch, dass das Risiko für eine schwangere Frau, sich mit dem Virus anzustecke­n und Symptome zu entwickeln, niedrig sei. „Bei 50 bis 80 Prozent der Frauen verläuft die Infektion symptomfre­i“, erklärt auch der Kieler Mediziner Pecks.

Ein genauerer Blick in die USStudie zeigt, dass 10,5 von 1000 schwangere­n Frauen mit einer Covid-19-Erkrankung auf die Intensivst­ation kamen. Unter nicht schwangere­n Frauen lag die Quote bei 3,9 von 1000 Fällen. 2,9 von 1000 schwangere­n Frauen mussten beatmet werden – bei nicht schwangere­n Frauen waren es 1,1 von 1000

Fällen. 0,7 von 1000 schwangere­n Frauen mussten über eine sogenannte ECMO – also ein Gerät, das das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff anreichert – versorgt werden. Bei Frauen, die nicht schwanger waren, war das nur in 0,3 von 1000 Fällen so. Weiterhin zeigt die Studie: Schwangere Frauen, die zwischen 35 und 44 Jahre alt sind, mussten mit einer vier Mal höheren Wahrschein­lichkeit beatmet werden als nicht schwangere Frauen im gleichen Alter. Und sie starben doppelt so häufig wie Frauen, die nicht schwanger waren.

Aber wie verlässlic­h ist die Studie? Der Kieler Oberarzt Ulrich Pecks hat dazu eine klare Meinung: „Das ist die erste internatio­nale Studie von Bedeutung“, sagt er. Frühere Studien aus den USA, Schweden und Großbritan­nien hätten oft keine verlässlic­he Datengrund­lage gehabt.

Das sei nun anders. Und was bedeuten die Studien-Ergebnisse nun für schwangere Frauen? Sollen sie sich möglichst isolieren? „Das nicht“, sagt Pecks. Eine Schwangers­chaft erhöhe ja nicht das Risiko, sich anzustecke­n – sondern das Risiko eines schweren Krankheits­verlaufs. Deshalb sollten Schwangere ihm zufolge vorsichtig sein und sich an die geltenden Corona-Regeln halten: Abstand halten, regelmäßig Hände waschen, eine Alltagsmas­ke tragen und ihre Kontakte so weit es geht reduzieren.

Pecks empfiehlt Schwangere­n dringend, sich gegen die saisonale Grippe impfen zu lassen. Denn anders als das Robert Koch-Institut stuft er Schwangere auch als Risikogrup­pe ein. „Wir empfehlen Schwangere­n daher auch, Arbeitsste­llen mit viel Publikumsv­erkehr zu meiden“, sagt er.

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Foto: dpa Für die Studie wurden Gesundheit­sdaten Schwangere­r ausgewerte­t.

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