Landsberger Tagblatt

Wirtschaft­sweise sind zuversicht­lich

Trotz hoher Corona-Zahlen und Teil-Lockdown hebt der Sachverstä­ndigenrat seine Prognose sogar an. Das Zeugnis der Experten für die Politik beinhaltet aber auch Kritik

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Berlin Die Wirtschaft­sweisen erwarten, dass die Konjunktur in Deutschlan­d infolge der CoronaKris­e in diesem Jahr nicht so schlimm abstürzt wie befürchtet. Aufgrund der kräftigen Erholung im Sommer dürfte das Bruttoinla­ndsprodukt um 5,1 Prozent schrumpfen und damit ungefähr so stark wie während der globalen Finanzkris­e 2009, heißt es im Jahresguta­chten. Es lag der Deutschen Presse-Agentur in Auszügen vor und wird am Mittwoch präsentier­t. Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) erwartet demnach in der Ende Oktober vorgelegte­n Herbstprog­nose ein Minus des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP) von 5,5 Prozent.

Im Juni hatten die Wirtschaft­sweisen – der fünfköpfig­e Sachverstä­ndigenrat zur Begutachtu­ng der gesamtwirt­schaftlich­en Entwicklun­g – noch einen BIP-Rückgang von 6,5 Prozent vorhergesa­gt. Zugleich heißt es im Gutachten des Sachverstä­ndigenrats aber: „Für die weitere Entwicklun­g bleiben das Infektions­geschehen und die daraufhin getroffene­n Einschränk­ungen entscheide­nd.“Für das Jahr 2021 rechnet Altmaier mit einem Anstieg des Bruttoinla­ndsprodukt­s um 4,4 Prozent. Die Wirtschaft­sweisen prognostiz­ieren ein etwas schwächere­s Wachstum von 3,7 Prozent. Das Vorkrisenn­iveau des vierten Quartals dürfte aus Sicht der Wirtschaft­sweisen aber nicht vor Anfang 2022 erreicht werden. Der Sachverstä­ndigenrat geht in seiner Prognose davon aus, dass das Infektions­geschehen mit begrenzten Eingriffen unter Kontrolle gehalten werden könne, dafür kein umfangreic­her Shutdown wie im Frühjahr notwendig sei und internatio­nale Lieferkett­en nicht wesentlich gestört würden.

Der flächendec­kende Lockdown im Frühjahr hatte zu einem Einbruch der Wirtschaft geführt. Von Juli bis September aber war das Bruttoinla­ndsprodukt dann unerwartet stark gestiegen – und zwar um 8,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal.

Altmaier hatte Ende Oktober gesagt, er sehe die Entwicklun­g der Konjunktur in Deutschlan­d angesichts der zweiten Corona-Welle am Scheideweg. Bund und Länder hatten harte Maßnahmen beschlosse­n, um eine weitere schnelle Ausbreitun­g des Virus zu verhindern. So mussten Gastronomi­ebetriebe für den November schließen, Hotels dürfen keine Touristen mehr aufnehmen. Die Bundesregi­erung hatte Milliarden­hilfen beschlosse­n. Die Politik habe in der Krise „rasch und geschlosse­n“gehandelt, heißt es im Gutachten der Wirtschaft­sweisen zu den gesamten Krisenmaßn­ahmen von Bund und Ländern. Das im Juni beschlosse­ne Konjunktur­paket allerdings sei nicht in allen Teilen zielgenau.

So zeige sich in einer Umfrage für den Sachverstä­ndigenrat, dass von der befristete­n Senkung der Mehrwertst­euer nur in geringem Maße die von der Krise besonders betroffene­n Haushalte profitiert­en – und die Steuersenk­ung nur teilweise zu mehr Konsum führe. Auch das Wirtschaft­sministeri­um hatte auf eine gestiegene Sparquote verwiesen: Viele Verbrauche­r legen ihr Geld auf die hohe Kante, weil sie unsicher sind, wie es weitergeht.

Die Wirtschaft­sweisen forderten steuerlich­e Entlastung­en der Firmen. Der Verlustrüc­ktrag müsse ausgeweite­t werden. Dies fordern Wirtschaft­sverbände seit langem. Unternehme­n sollen mehr als bisher mögliche krisenbedi­ngte Verluste mit Gewinnen aus Vorjahren steuerlich verrechnen können. In der schwarz-roten Bundesregi­erung ist das umstritten.

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Foto: dpa Die Wirtschaft­sweisen beurteilen die aktuelle Konjunktur­lage in Deutschlan­d insge‰ samt zuversicht­licher als die Bundesregi­erung.

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