Landsberger Tagblatt

„Niemals den Humor verlieren“

Fasching in der Pandemie – wie kann das funktionie­ren? Christoph Spies, Präsident des Regionalve­rbands Bayerisch-Schwäbisch­er Fastnachts­vereine, weiß, worauf es ankommt

- Interview: Stephanie Sartor

Am 11.11. sollte nun eigentlich die närrische Zeit beginnen – doch die wird ganz anders verlaufen als sonst. Haben Sie trotzdem gute Laune?

Christoph Spies: Gute Laune habe ich grundsätzl­ich immer Natürlich steigert die sich normalerwe­ise am 11.11., wenn die Fasnacht beginnt. Heuer wird das alles ganz anders sein. Man muss den Fasching an die Corona-Maßnahmen anpassen.

Fasching in Corona-Zeiten – wie wird das wohl?

Spies: Es wird auf jeden Fall kleiner. Vielleicht sogar feiner. Man kann sicherlich keine Großverans­taltungen planen. Aber es gibt ja kleinere Aktionen, die früher schon gemacht wurden und die jetzt wieder zum Tragen kommen. Man muss da einfach kreativ arbeiten. Denn eines ist sicher: Große Veranstalt­ungen kann man in dieser Saison vergessen. Aber das macht den Fasching ja auch nicht aus.

Was macht denn den Fasching und die Fasnacht aus?

Spies: In meinen Augen geht es darum, den Menschen Frohsinn und Heiterkeit näherzubri­ngen. Das muss man nicht in Großverans­taltungen machen, diese Auswüchse hat es in der Vergangenh­eit angenommen. Aber Heiterkeit und

Frohsinn kann man auch über das Internet verbreiten. Oder in einer närrischen Zeitung, die es früher schon gab. In so einem Narrenblät­tle hat man immer die Obrigkeit durch den Kakao gezogen. Das könnte ich mir jetzt auch wieder vorstellen.

Sie haben gerade das Internet angesproch­en. Glauben Sie, dass ein Großteil der Fasnacht in dieser Saison digital stattfinde­n wird? Geht das überhaupt?

Spies: Natürlich kann man den Fasching zu einem Teil ins Internet verlegen – aber es gibt ein Problem: Im Internet können sie keine Emotionen transporti­eren. Die Fasnacht bedarf einer gewissen Nähe. Die Menschen wollen sich umarmen, wollen gesellig sein. Das geht nun alles nicht und diese brodelnde Stimmung, diese Seele des Faschings, die kann man nicht übers Internet übertragen. Es ist einfach nicht das Gleiche.

Was also tun?

Spies: Es bleibt eigentlich bloß noch der individuel­le närrische Klamauk. Man kann etwa von Haus zu Haus gehen, aber eben draußen stehen bleiben. Vielleicht gibt es kurze Aufführung­en auf einer fahrbaren Bühne. Es braucht jetzt Leute, die mit Esprit an die Sache rangehen.

Was haben Sie denn in diesem Jahr am 11.11. vor?

Spies: Wir werden unter dem Dachverban­d des Bundes Deutscher Karneval e. V. ein kleines Filmchen präsentier­en, genau um 11 Uhr 11. Wir zeigen da, wie wir Fasching feiern. Mit Abstand und Maske.

Sie haben sicher viele Kostüme und Requisiten jeglicher Art. Bleiben die heuer im Schrank oder planen Sie, das ein oder andere Kostüm trotzdem auszupacke­n?

Spies: Ich kann mir schon vorstellen, dass es vielleicht einen kleinen Straßenfas­ching gibt, wo sich ein paar Fasnacht-Verrückte – da gehöre ich wohl auch dazu – treffen. Aber wer weiß, vielleicht geht das auch nicht. Das hängt von der Entwicklun­g der Pandemie ab und wird sehr spontan zu bewerten sein. Man muss ja auch vorsichtig sein. Wenn ich sehe, wie sich in Leipzig 20000 Menschen treffen, dann finde ich das unmöglich. Ich muss doch die Tragweite meiner Entscheidu­ngen kennen. Und wenn gar nichts möglich ist, dann kann ich auch einfach mein Kostüm anziehen und allein auf die Straße gehen.

Wie wichtig ist denn Humor in dieser Zeit?

Spies: Man merkt, dass die Leute der Situation überdrüssi­g werden.

Sie wollen nicht immer nur Probleme hören. Obwohl die Einschränk­ungen ja gar nicht so schlimm sind. Meine Eltern überlebten den Zweiten Weltkrieg. Eines gaben sie mir mit auf den Weg: Man kann vieles verlieren – aber niemals den Humor. Sie müssen herzhaft lachen können. Viele Menschen sind viel zu pessimisti­sch. Die Situation ist schwierig, keine Frage. Aber Frohsinn und Heiterkeit sind Attribute, die wir brauchen. So kommt man besser durch Krisen.

Bis zum Rosenmonta­g sind es ja noch ein paar Wochen. Glauben Sie, dass Anfang des kommenden Jahres ein paar Veranstalt­ungen möglich sein werden? Vielleicht Faschingsu­mzüge? Spies: Ich glaube, wenn es die Gemengelag­e hergibt, dann sind die Vereine in der Lage, so etwas in kürzester Zeit getreu dem Motto ,klein aber fein‘ auf die Beine zu stellen. Aber wenn so etwas verboten ist, dann darf man es eben nicht. Man darf die Pandemie nicht ignorieren. Jeder hat eine Verantwort­ung.

Christoph Spies kommt aus Mindelheim und ist Präsident des Regionalve­r‰ bands Bayerisch‰Schwä‰ bischer Fastnachts­vereine.

 ?? Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa ?? Nicht nur der Clown auf diesem Plakat an einer Kneipe in der Karnevalsh­ochburg Köln ist traurig – sondern auch die Millionen Narren, für die der Fasching in dieser Saison wohl größtentei­ls ausfallen wird.
Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa Nicht nur der Clown auf diesem Plakat an einer Kneipe in der Karnevalsh­ochburg Köln ist traurig – sondern auch die Millionen Narren, für die der Fasching in dieser Saison wohl größtentei­ls ausfallen wird.
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