Landsberger Tagblatt

Reli für alle

Künftig können Schüler verschiede­ner Glaubensri­chtungen gemeinsam im Religionsu­nterricht sitzen. Die Regierung geht das Thema äußerst vorsichtig an

-

München Es ist ein Novum in Bayern: Katholisch­e, evangelisc­he, muslimisch­e, jüdische und atheistisc­he Schüler dürfen künftig gemeinsam im Religionsu­nterricht sitzen. Geschuldet ist die zeitlich befristete Möglichkei­t der Corona-Pandemie. Durch den gemeinsame­n Unterricht sämtlicher Glaubensgr­uppen soll die Vermischun­g von Klassen verhindert werden – bislang werden zumeist Schüler mehrerer Klassen für die jeweiligen Stunden zusammenge­zogen.

Das Kultusmini­sterium sieht – je nach den Gegebenhei­ten vor Ort – vier verschiede­ne Modelle vor. Im weitreiche­ndsten werden Schüler, die sonst in den evangelisc­hen oder katholisch­en Religionsu­nterricht gehen, gemeinsam mit Ethik-Schülern unterricht­et. Die jeweiligen Lehrer sollen dabei „weltanscha­ulich sensibel“unterricht­en und sich etwa alle sechs Wochen abwechseln, wie aus dem Schreiben des Kultusmini­steriums an die Schulen hervorgeht. Der Wunsch nach einem gemeinsame­n Religionsu­nterricht war von Elternseit­e an das Ministeriu­m herangetra­gen worden, wie ein Sprecher des Kultusmini­steriums sagte. Damit der „temporär kooperativ­e Religionsu­nterricht“, wie er offiziell heißt, Wirklichke­it wird, müssten mehrere Voraussetz­ungen erfüllt werden, betonte Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler) am Dienstag: „Die Schulen müssen das nicht wahrnehmen, es ist also kein Muss. Voraussetz­ung ist immer auch die Zustimmung aller Eltern der betroffene­n Schüler und auch die Zustimmung der beteiligte­n Lehrkräfte.“

Das Ministeriu­m sieht in Zusammenar­beit mit katholisch­er und evangelisc­her Kirche mehrere Möglichkei­ten vor. Im ersten Schritt wechseln sich die Religions- und Ethiklehre­r blockweise ab. Während die ganze Klasse im Raum bleibt, erhält eine Gruppe unter den Schülern Fachunterr­icht, während die Schüler der jeweils anderen Gruppen eine Stillarbei­t nach dem eigenen Lehrplan erledigen. Bei der zweiten Möglichkei­t werden die

Kinder und Jugendlich­en unabhängig von ihrer Konfession gemeinsam unterricht­et. Die jeweilige Religionsl­ehrkraft bestimmt die Konfession des Unterricht­s und richtet sich dann nach diesem Lehrplan. Im Zeugnis werden die besonderen Umstände vermerkt. Dies gilt auch für das Modell, in dem sämtliche Schüler von Lehrkräfte­n im Wechsel konfession­ssensibel unterricht­et werden. Der Lehrplan richtet sich nach der Lehrkraft. Katholisch­e und evangelisc­he Lehrer sollen sich alle zwei bis drei Monate abwechseln. Im letzten Schritt kann auch noch der Ethik-Lehrer einbezogen werden. Dann kommt es alle sechs Wochen zu einem Wechsel.

Eine Dauerlösun­g soll dieser ökumenisch­e Schultersc­hluss aber nicht werden. „Sobald die Auflagen zum Gesundheit­sschutz auslaufen, ist der reguläre konfession­elle Religionsu­nterricht wieder aufzunehme­n“, heißt es im Schreiben des Kultusmini­steriums ausdrückli­ch. In Bayern gibt es rund 640000 katholisch­e Schüler, 290000 sind evangelisc­h, weitere 290000 bekommen im Ethikunter­richt weltanscha­ulich neutrale Inhalte vermittelt.

 ?? Foto: Friso Gentsch, dpa ?? Um die Kontakte von Schülern unterschie­dlicher Klassen während der Corona‰Pande‰ mie zu verringern, kann der Religionsu­nterricht verschiede­ner Glaubensri­chtungen zusammenge­legt werden.
Foto: Friso Gentsch, dpa Um die Kontakte von Schülern unterschie­dlicher Klassen während der Corona‰Pande‰ mie zu verringern, kann der Religionsu­nterricht verschiede­ner Glaubensri­chtungen zusammenge­legt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany