Penzing will Insel im Baggersee retten
Ein Urteil des Bundesgerichtshofs verschärft die Haftungsfrage. Viele Kommunen haben Stege und Sprunganlagen demontiert. Die Lechraingemeinde geht einen anderen Weg
Penzing Badewetter ist derzeit zwar nicht, dennoch beschäftigt der Baggersee mit seiner schwimmenden Plattform die Gemeinde Penzing. Ursache dafür ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs.
Die Richter hatten im Jahr 2017 die Aufsichtspflicht verschärft und für Badeunfälle die Beweislast umgekehrt. Kommt es zu einem Zwischenfall, muss nicht der Geschädigte beweisen, dass die Gemeinde als Betreiber Schuld hat. Stattdessen muss die Gemeinde beweisen, dass sie keine grob fahrlässigen Fehler begangen hat. Das Thema beschäftigte in der Vergangenheit unter anderem auch schon diverse Ammerseegemeinden und Vilgertshofen wegen des dortigen Eichensees („Oachalacha“).
Hintergrund des Urteils des Bundesgerichtshofs ist ein Unfall aus dem Jahr 2010: Eine damals Zwölfjährige hatte sich in einem See in Rheinland-Pfalz in einem Seil an einer Boje verfangen. Minutenlang war das Kind unter Wasser, bis die
es entdeckte und einschritt. Das Mädchen überlebte, erlitt jedoch schwere Hirnschäden und ist seitdem schwerbehindert. Sobald Einrichtungen wie Flöße, Rutschen oder Sprungtürme vorhanden sind und Eintritt verlangt wird, handle es sich um ein Naturbad, so das Urteil. Eine Badeaufsicht sei dann zwingend notwendig.
Penzings Bürgermeister Peter Hammer – der seit Mai im Amt ist – hat einen Juristen beauftragt, um Klarheit in der Sache zu bekommen. „Die Gemeinde steht in der Verantwortung, und wir müssen alles tun, damit uns am Ende niemand Fahrlässigkeit vorwirft.“Es geht vor allem um die Frage, wie die vier mal vier Meter große schwimmende Plattform rechtlich zu bewerten ist, die sich in der Mitte des Sees befindet und etwas mehr als 30 Zentimeter aus dem Wasser ragt.
„Von der Plattform könnten die Nutzer auch ins Wasser springen, das ist ein gewisses Risiko mit Blick auf das Urteil des Bundesgerichtshofs. Wir sehen darin aber vorrangig eine wichtige Ruhemöglichkeit für Schwimmer“, erklärt Peter Hammer. Deswegen werde die Gemeinde auf der Plattform ein Hinweisschild aufstellen und ein Piktogramm auf dem Boden anbringen, damit dies auch für Kinder klar erkennbar sei.
An der Stelle hat der Baggersee eine Tiefe von mehr als vier Metern. Hinweisschilder sollen aber nicht nur für Badegäste aufgestellt werden, sondern auch für Eishockeyspieler
und Schlittschuhläufer, die das Gewässer im Winter nutzen könnten, sollte der Baggersee zugefroren sein.
Der beauftragte Anwalt ist laut Bürgermeister zu dem Ergebnis gekommen, dass für Penzing ein „überschaubares Haftungsrisiko“bestehe und der Baggersee eine Badestelle und kein Naturbad sei. Somit bedürfe es nicht zwingend eine Badeaufsicht. Zusätzlich hat Peter Hammer gemeinsam mit MitglieBadeaufsicht dern der Wasserwacht, die zeitweise vor Ort ist, eine Besichtigung vorgenommen. Dabei wurden mehrere Punkte angesprochen, bei denen jetzt nachgebessert werden soll. So sei bei einer Treppe festgestellt worden, dass diese scharfkantige Stellen habe, an denen sich Benutzer möglicherweise verletzen könnten. Die soll nun ebenso erneuert werden wie die Holzlatten eines Tores. Entfernt werden zudem alte Zäune. Und der Weg zum Wasser soll besser befestigt werden, damit die Wasserwacht ein Boot leichter ins Wasser lassen kann und ein Krankenwagen im Ernstfall näher ans Wasser heranfahren kann.
„Wir haben hier ein Juwel, das es seit Jahrzehnten gibt. Ich kann nur an die Badegäste appellieren, aufeinander zu achten und sich vernünftig zu verhalten. Damit steht und fällt die Frage, ob die Plattform im Baggersee bleibt oder die Gemeinde gezwungen ist, diese doch zu entfernen“, sagt Peter Hammer. Das erarbeitete Konzept wird demnächst auch Thema im Gemeinderat sein, kündigt er an. Seite 24
Das Haftungsrisiko ist überschaubar