Landsberger Tagblatt

Penzing will Insel im Baggersee retten

Ein Urteil des Bundesgeri­chtshofs verschärft die Haftungsfr­age. Viele Kommunen haben Stege und Sprunganla­gen demontiert. Die Lechrainge­meinde geht einen anderen Weg

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Penzing Badewetter ist derzeit zwar nicht, dennoch beschäftig­t der Baggersee mit seiner schwimmend­en Plattform die Gemeinde Penzing. Ursache dafür ist ein Urteil des Bundesgeri­chtshofs.

Die Richter hatten im Jahr 2017 die Aufsichtsp­flicht verschärft und für Badeunfäll­e die Beweislast umgekehrt. Kommt es zu einem Zwischenfa­ll, muss nicht der Geschädigt­e beweisen, dass die Gemeinde als Betreiber Schuld hat. Stattdesse­n muss die Gemeinde beweisen, dass sie keine grob fahrlässig­en Fehler begangen hat. Das Thema beschäftig­te in der Vergangenh­eit unter anderem auch schon diverse Ammerseege­meinden und Vilgertsho­fen wegen des dortigen Eichensees („Oachalacha“).

Hintergrun­d des Urteils des Bundesgeri­chtshofs ist ein Unfall aus dem Jahr 2010: Eine damals Zwölfjähri­ge hatte sich in einem See in Rheinland-Pfalz in einem Seil an einer Boje verfangen. Minutenlan­g war das Kind unter Wasser, bis die

es entdeckte und einschritt. Das Mädchen überlebte, erlitt jedoch schwere Hirnschäde­n und ist seitdem schwerbehi­ndert. Sobald Einrichtun­gen wie Flöße, Rutschen oder Sprungtürm­e vorhanden sind und Eintritt verlangt wird, handle es sich um ein Naturbad, so das Urteil. Eine Badeaufsic­ht sei dann zwingend notwendig.

Penzings Bürgermeis­ter Peter Hammer – der seit Mai im Amt ist – hat einen Juristen beauftragt, um Klarheit in der Sache zu bekommen. „Die Gemeinde steht in der Verantwort­ung, und wir müssen alles tun, damit uns am Ende niemand Fahrlässig­keit vorwirft.“Es geht vor allem um die Frage, wie die vier mal vier Meter große schwimmend­e Plattform rechtlich zu bewerten ist, die sich in der Mitte des Sees befindet und etwas mehr als 30 Zentimeter aus dem Wasser ragt.

„Von der Plattform könnten die Nutzer auch ins Wasser springen, das ist ein gewisses Risiko mit Blick auf das Urteil des Bundesgeri­chtshofs. Wir sehen darin aber vorrangig eine wichtige Ruhemöglic­hkeit für Schwimmer“, erklärt Peter Hammer. Deswegen werde die Gemeinde auf der Plattform ein Hinweissch­ild aufstellen und ein Piktogramm auf dem Boden anbringen, damit dies auch für Kinder klar erkennbar sei.

An der Stelle hat der Baggersee eine Tiefe von mehr als vier Metern. Hinweissch­ilder sollen aber nicht nur für Badegäste aufgestell­t werden, sondern auch für Eishockeys­pieler

und Schlittsch­uhläufer, die das Gewässer im Winter nutzen könnten, sollte der Baggersee zugefroren sein.

Der beauftragt­e Anwalt ist laut Bürgermeis­ter zu dem Ergebnis gekommen, dass für Penzing ein „überschaub­ares Haftungsri­siko“bestehe und der Baggersee eine Badestelle und kein Naturbad sei. Somit bedürfe es nicht zwingend eine Badeaufsic­ht. Zusätzlich hat Peter Hammer gemeinsam mit MitglieBad­eaufsicht dern der Wasserwach­t, die zeitweise vor Ort ist, eine Besichtigu­ng vorgenomme­n. Dabei wurden mehrere Punkte angesproch­en, bei denen jetzt nachgebess­ert werden soll. So sei bei einer Treppe festgestel­lt worden, dass diese scharfkant­ige Stellen habe, an denen sich Benutzer möglicherw­eise verletzen könnten. Die soll nun ebenso erneuert werden wie die Holzlatten eines Tores. Entfernt werden zudem alte Zäune. Und der Weg zum Wasser soll besser befestigt werden, damit die Wasserwach­t ein Boot leichter ins Wasser lassen kann und ein Krankenwag­en im Ernstfall näher ans Wasser heranfahre­n kann.

„Wir haben hier ein Juwel, das es seit Jahrzehnte­n gibt. Ich kann nur an die Badegäste appelliere­n, aufeinande­r zu achten und sich vernünftig zu verhalten. Damit steht und fällt die Frage, ob die Plattform im Baggersee bleibt oder die Gemeinde gezwungen ist, diese doch zu entfernen“, sagt Peter Hammer. Das erarbeitet­e Konzept wird demnächst auch Thema im Gemeindera­t sein, kündigt er an. Seite 24

Das Haftungsri­siko ist überschaub­ar

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Foto: Thorsten Jordan Vier mal vier Meter groß ist die schwimmend­e Plattform im Penzinger Baggersee, die aus Sicht der Gemeinde eine wichtige Ruhemöglic­hkeit für Schwimmer darstellt. Des‰ halb soll die blaue Insel auch erhalten bleiben.

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