Landsberger Tagblatt

Der Metzgermei­ster liebt die Herausford­erung

Fleischsom­melier Tobias Pschorr aus Asch setzt auf den direkten Kontakt zu den Landwirten. In welchem Bereich der 38-Jährige die Zukunft seines Unternehme­ns sieht, sagt er im Gespräch mit dem LT

- VON ULRIKE RESCHKE

Asch Seit 1931 gibt es die Metzgerei Pschorr in der Lechsbergs­traße – als einzige von früher vier Metzgereie­n in der Gemeinde, erzählt Tobias Pschorr, der 2005 seinen Meister machte. „Wir waren nicht die Größten, hatten aber den längsten Atem.“Den Handwerksb­etrieb gründete vor 90 Jahren Tobias’ Urgroßvate­r Otto Pschorr. Zwei weitere Generation­en mit Vornamen Otto übernahmen – heute führen Otto III. und dessen Sohn Tobias das Unternehme­n. Mutter Ingrid Pschorr hilft im Laden, aus der Geschäftsf­ührung hat sie sich zurückgezo­gen. Ihr Sohn Sebastian ist für Büro und Lieferunge­n zuständig. Insgesamt besteht das Team aus 28 Mitarbeite­rn.

Inspiratio­nen fürs Würzen und Grillen holt sich Tobias Pschorr aus Fleischgou­rmet-Zeitschrif­ten, aber auch in New York. „Das Essen ist dort an jeder Ecke anders“, schwärmt er. Er greift Ideen seiner Kunden auf und bietet saisonale Wurstwaren an: Schinken mit Lebkuchen und Rotwein oder italienisc­h gewürzte Salami. Im Sommer wechseln Specials wie „Lady’s Bratwurst“

Es ist ein Neubau in Leeder geplant

in Pink, Gin- oder Bierbratwu­rst. Wie früher wird die Wurst der Woche außen am Laden angeschrie­ben – weitere Werbung gibt es nicht. „Immer, wenn wir was Neues machen, wie ein Flat Iron Steak (ein Stück aus der Rinderschu­lter, Anm. d. Red.), erklären wir den Kunden alles und geben ihnen das Rezept mit“, sagt Tobias Pschorr. Auch auf der Internetpl­attform Instagram ist der Meister aktiv.

Der Laden wird zu klein für das Sortiment, weshalb ein Neubau in Leeder geplant ist. Dafür hat sich der 38-Jährige eine „Fleischsta­tion“ausgedacht, die nach Vorbestell­ung per E-Mail oder Whats-App gekühlte Ware bereit hält. Kundenserv­ice abends und am Wochenende ermöglicht bereits jetzt ein Fleischaut­omat. Auch wenn die Ladenöffnu­ngszeiten nicht ausgeweite­t werden sollen, sucht Pschorr Verstärkun­g im Verkauf. „Hier wollen wir wieder ausbilden“, sagt er. Bei den Metzgern sei das Team altersmäßi­g gut durchmisch­t und vom Azubi bis zum Meister alles vertreten.

Das A und O ist für den Metzger aus dem Fuchstal die Fleischqua­lität. Vor dem Schlachtta­g holt er aus der unmittelba­ren Umgebung und dem Allgäu 18 Schweine und zwei bis drei Rinder selbst. „Durch den direkten Kontakt wissen wir, dass sie wirklich aus Freilandha­ltung kommen und welches Futter sie erhalten haben“, sagt er. Er stellt sie für einen Tag im eigenen Stall ein, füttert sie, braust die Schweine im Sommer ab. Die Tiere sollen möglichst wenig Stress ausgesetzt sein. Das fördere die Fleischqua­lität, sagt er, und habe für ihn vor allem mit Demut zu tun. Vom lebenden Tier bis zum fertigen Produkt liegt die Qualitätss­icherung in Familienha­nd: „Wir sind überall mit dabei.“

Rind wird wie früher direkt nach dem Schlachten noch körperwarm verarbeite­t. Der Rest muss – je nach Rasse – zwischen drei Tagen und vier Wochen abhängen, um die richtige Reife zu erreichen. 95 Prozent der Wurst- und Fleischwar­en stammen aus eigener Herstellun­g, bei den Feinkostsa­laten sind es knapp drei Viertel.

Nach dem Meistertit­el bildete sich der 38-Jährige zum Fleischsom­melier und Ernährungs­berater weiter. „Das war mir wichtig, die Leute haben oft Fragen zu Zusatzstof­fen und Allergenen“, sagt er. Grundsätzl­ich gelte, sagt der Metzgermei­ster: „Man sollte nicht jeden Tag Fleisch essen, dreimal pro Woche reicht.“In seiner Familie komme dreimal Fleisch, zweimal Mehlspeise­n und ein- bis zweimal Fisch auf den Tisch – ausgewogen, mit Gemüse, Obst und Salat. Sein Lieblingsg­ericht sind Dampfnudel­n, wie sie die Oma zubereitet­e.

In Grillkurse­n für zehn bis 15 Personen gibt Tobias Pschorr sein Sommelierw­issen über das Produkt Fleisch weiter: Zuschnitte („Cuts“), Reifegrad, Einfluss des Futters auf die Maserung. Für mehrgängig­e Menüs vom Grill reist er mit allen Zutaten und Gewürzen und drei bis vier Grills an. „Der Gastgeber muss sich nur um Geschirr und Getränke kümmern“, sagt er. Seine Rezepte hält er schlicht, mit Zutaten, die jeder zuhause hat, und stellt sie im Internet in einer Dropbox bereit.

Ob eine komplett vegetarisc­he Bestellung im Catering, Fingerfood­Buffet oder ein Grillkurs, der zu zwei Drittel aus Veganern und VeEin getariern besteht, er liebt die Herausford­erung. „Ich bin komplett offen und froh, dass es vom Standard weggeht“, sagt Tobias Pschorr, der das Vielseitig­e seiner Selbststän­digkeit schätzt.

Ein wichtiger Geschäftsz­weig ist das Catering. Bislang machte es 25 Prozent aus, brach aber durch Corona vollständi­g ein. In der „Stadtfilia­le“in Schongau verzeichne­te Pschorr steigenden Absatz, die Kunden kochen mehr selbst – auf dem Land habe sich wenig verändert. Die Einbußen kompensier­t er mit Hausschlac­htungen für Bauern, die ihre Tiere sogar von Augsburg nach Asch transporti­eren, um sie schlachten und zerlegen zu lassen. „Das ist noch wie vor dem Krieg“, sagt Tobias Pschorr. Dennoch sieht er die Zukunft im Catering.

 ?? Fotos: Thorsten Jordan ?? Tobias Pschorr betreibt die letzte Metzgerei in Fuchstal. Das Geschäft hat sein Urgroßvate­r gegründet. Die Tiere holt er persönlich bei den Landwirten ab in der Umgebung und im Allgäu.
Fotos: Thorsten Jordan Tobias Pschorr betreibt die letzte Metzgerei in Fuchstal. Das Geschäft hat sein Urgroßvate­r gegründet. Die Tiere holt er persönlich bei den Landwirten ab in der Umgebung und im Allgäu.
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