Landsberger Tagblatt

Es beginnt mit einer Frage im Gottesdien­st

Bernhard Drexl aus Weil erforscht die Geschichte seines Heimatorts. Neben den Kirchen spielt vor allem ein Verein der Gemeinde eine große Rolle bei ihm. Im LT verrät er, zu welchem Thema er händeringe­nd Fotos sucht

- VON HERTHA GRABMAIER

„Nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht“, sagte der erste Bundespräs­ident der Bundesrepu­blik Deutschlan­d, Theodor Heuss, einmal. Das Gedächtnis der Orte sind nicht zuletzt die Ortschroni­sten, die forschen und ihre Erkenntnis­se teils veröffentl­ichen. Wir stellen in einer Serie die Ortschroni­sten am Lechrain vor.

Weil Manchmal entsteht aus einem kleinen Impuls eine große Geschichte. Die von Bernhard Drexl über seinen Heimatort wird etwa 220 Seiten umfassen und Anfang nächsten Jahres erscheinen: Ein Buch über Weil. Vor vier Jahren stellte er sich während eines Gottesdien­stbesuchs die Frage: „Was weiß ich eigentlich über die Pfarrkirch­e St. Mauritius?“So steht es in seinem Vorwort zum Bildband „Die drei Weiler Kirchen“, in dem er sich gleich die Antwort gab: „Eigentlich nicht viel.“Um das zu ändern, machte sich Bernhard Drexl ans Werk.

Als 2017 der neue Altar geweiht wurde, der die hölzerne Notlösung ersetzte, steckte Bernhard Drexl bereits mitten in seinen Nachforsch­ungen. Dabei bemerkte er auch, dass es wenig Schriftlic­hes in Fachpublik­ationen über das Dorf römischen Ursprungs gab, lediglich der frühe Name „Villa“, was so viel wie Gutshof bedeutet, ist belegt. Auch das Verzeichni­s der früheren Weiler Bürgermeis­ter aus dem Kreisheima­tbuch bedurfte der Überarbeit­ung. Zeitgleich dokumentie­rte Bernhard Drexl die umfassende Renovierun­g der Pfarrkirch­e St. Mauritius mit seiner Kamera und beschrieb in einem Bildband mit fast

Mit dem Leben und Wirken der Schutzpatr­one befasst

300 Fotos die einzelnen Bauphasen. Drexl ist Mitglied beim Historisch­en Verein und hat alle Landsberge­r Geschichts­blätter nach Informatio­nen über seinen Heimatort durchgearb­eitet. Für die Jahre 1260 bis 1806, als der Deutschrit­terorden die Geschicke des Dorfes bestimmte, durfte er auf die umfangreic­he Facharbeit seines Freundes Franz J. Sailer uneingesch­ränkt zugreifen.

Bei den Nachforsch­ungen über die drei Weiler Kirchen St. Rupert, St. Wolfgang und St. Mauritius erfuhr er einiges über das Leben und Wirken der jeweiligen Schutzpatr­one, was er in einem Bildband eingehend beschrieb. Darin berichtet er ausführlic­h über die von ihm mit der Kamera begleitete­n Pilgerreis­en 2016 und 2017. Bei denen holte Pfarrer Martin Rudolph zusammen mit Abordnunge­n der Pfarreieng­emeinschaf­t Penzing/Weil, die jeweiligen Reliquien, die zu Füßen des neuen Volksaltar­s in die Bodenplatt­e eingelasse­n wurden, mit dem Bus nach Weil. Aus dem Salzburger Dom, die des heiligen Rupert, aus dem bischöflic­hen Ordinariat in Regensburg eine vom heiligen Wolfgang und aus Saint-Maurice in der Schweiz, die des heiligen Mauritius. Nach drei Fotobücher­n sitzt er jetzt über der Weiler Ortschroni­k, in die er bereits mehr als eintausend Stunden investiert hat. „In jüngster Zeit stockte es etwas, weil ein Sohn in Weil baut und ich helfe“, sagt Drexl.

Textmäßig sei er schon fast fertig, es fehlten ihm jedoch noch einige wichtige Fotos, so von den Baumaßnahm­en an der Schule 1968, über die kaum etwas zu finden sei. Er habe sich überall bei den Bewohnern durchgefra­gt und viel Material zusammenge­tragen. Nach wie vor sei er an Aufnahmen von vor 1960 interessie­rt, um diese zu digitalisi­eren und in seinen Fundus aufzunehme­n. Er habe viel gestöbert, auch im Hauptstaat­sarchiv in München und in den Aufzeichnu­ngen des Klosters Wessobrunn, so der Weiler.

Mit zahlreiche­n Zeitzeugen habe er gesprochen, darunter Überlebend­e des Zweiten Weltkriegs. In den Aufzeichnu­ngen einer Frau, die von 1929 bis 1937 Lehrerin in Weil war, fand er zwei Interviews mit Teilnehmer­n am Ersten Weltkrieg. Im Gespräch mit ehemaligen Vertrieben­en erfuhr er, wie diese als Kinder die Situation damals erlebt hatten. Auch die Entwicklun­g der Landwirtsc­haft nimmt im Buch einen wichtigen Platz ein. Die Schulgesch­ichte, die in der ehemaligen Schmiede ihren Anfang nahm, mit den dazugehöri­gen Klassenfot­os, werde großes Interesse finden, ist er sicher. Ebenso die Bedeutung der Kirchen im Ort mit den zwei vermutlich ältesten Kostbarkei­ten ihrer Art im Landkreis, dem Sakralbau aus dem 10. Jahrhunder­t und der ältesten Glocke aus dem 13. Jahrhunder­t. Über Lokalpolit­ik, Brauchtum, Tradition, Vereine und alles, was noch in Weil passierte, hat sich Bernhard Drexl eingehend informiert und dies zu „Weiler Geschichte(n)“verarbeite­t.

Drexl und seine Frau Gabi haben zwei erwachsene Söhne und zwei Enkelkinde­r und hoffen, es werden noch mehr. Aufgewachs­en ist der 63-Jährige mit vier Geschwiste­rn in Weil, wo der Vater ein Malergesch­äft betrieb. Vor zwei Jahren ist Drexl nach fast 40-jähriger Tätigkeit bei der Polizeiins­pektion Landsberg in Pension gegangen.

Acht Jahre war er Schriftfüh­rer und vier Jahre Vorsitzend­er beim Gartenbauv­erein Weil, mehr als 18 Jahre zudem Schriftfüh­rer beim FC Weil, seinem Lieblingsv­erein, für den er nach wie vor die Chronik führt. Zum 90. Vereinsjub­iläum 2018 hat er zusammen mit seinen Söhnen eine Vereinschr­onik mit umfangreic­hem Bildmateri­al in Buchform erstellt.

Zu diesem feierliche­n Anlass wurde auch die Vereinsfah­ne geweiht. Die Idee zur Anschaffun­g einer solchen hatten einige junge Vereinsmit­glieder spontan nach der Generalver­sammlung 2014. Davon habe sein Vater Johann Drexl, der 1928 als Gründungsm­itglied den Verein ins Leben rief und diesen mitprägte, stets geträumt, sagt Drexl, der sich als „ glühender 1860-Fan“bezeichnet.

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 ?? Fotos: Julian Leitenstor­fer ?? Bernhard Drexl aus Weil hat sich mit der Geschichte der drei Kirchen in der Gemeinde Weil beschäftig­t. Unser Bild zeigt ihn in St. Mauritius. Er hat zudem eine Chronik über den Sportverei­n der Gemeinde verfasst und sitzt derzeit an der Ortschroni­k. Er besitzt auch eine Postkarte von 1918 mit einer Ortsansich­t.
Fotos: Julian Leitenstor­fer Bernhard Drexl aus Weil hat sich mit der Geschichte der drei Kirchen in der Gemeinde Weil beschäftig­t. Unser Bild zeigt ihn in St. Mauritius. Er hat zudem eine Chronik über den Sportverei­n der Gemeinde verfasst und sitzt derzeit an der Ortschroni­k. Er besitzt auch eine Postkarte von 1918 mit einer Ortsansich­t.
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