Landsberger Tagblatt

Offenes Geheimnis

Ministerin stolpert über die Tücken des Homeoffice

- VON MICHAEL STIFTER

Millionen Deutsche werden sich in den vergangene­n Monaten dabei ertappt haben, wie sie während einer Videokonfe­renz gedanklich etwas abgeschwei­ft sind. Was ist das eigentlich für eine Gitarre, die beim Kollegen an der Wand hängt? Wieso baumelt beim anderen immer noch eine nackte Glühbirne von der Decke, der ist doch schon vor Monaten umgezogen? Und hat der Chef die Bücher im Hintergrun­d tatsächlic­h alle gelesen? Irgendwann kommt man unweigerli­ch an den Punkt, an dem man beginnt, fieberhaft zu überprüfen, was die eigene Kamera so verrät: Hoffentlic­h merkt keiner, dass da hinten noch die Bierflasch­e von gestern Abend rumsteht; und das Fenster müsste auch dringend mal wieder geputzt werden...

Ank Bijleveld scheint sich weniger Gedanken um solch profane Dinge zu machen. Sie hat ja auch Wichtigere­s zu tun. Schließlic­h ist sie Verteidigu­ngsministe­rin der Niederland­e. Damit ihre Landsleute sehen, dass sie sich auch im Homeoffice mit kriegsents­cheidenden Dingen befasst, twittert sie kurz vor einer Videokonfe­renz mit den EU-Kollegen ein Foto – und wird damit selbst zum Sicherheit­srisiko.

Denn auf dem Bild sind die ersten fünf Zahlen des sechsstell­igen Passwortes für das virtuelle Meeting zu erkennen. Ein niederländ­ischer Fernsehjou­rnalist reimt sich den Rest zusammen, verschafft sich Zugang zu dem Geheimtref­fen und winkt fröhlich in die Kamera. Allerdings bleibt es beim Kurzauftri­tt. „Sie loggen sich besser schnell aus, bevor die Polizei bei Ihnen ankommt“, droht der EU-Sicherheit­sbeauftrag­te Josep Borrell – und stoppt das Meeting. Ernsthafte­r Schaden entsteht keiner, doch die Arbeit im Homeoffice birgt durchaus Sicherheit­srisiken – auch für Unternehme­n, wie Sie in der Wirt‰ schaft lesen können.

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Foto: dpa

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