Landsberger Tagblatt

Wird die Güterhalle zur Bierhalle?

Seit Jahren ist der Güterschup­pen am Bahnhof ein politische­r Zankapfel in Schondorf. Jetzt könnte ein geplanter Bierbrauve­rein den Konflikt lösen. Welche Ideen zwei Hobbybraue­r dazu haben

- VON GERALD MODLINGER

Schondorf Gemeinsam eine Halbe Bier zu trinken, soll ja schon öfter schwierige Situatione­n entspannt haben nach dem Motto „Schwoam ma ’s owi“. Tut sich im Schondorfe­r Streit um den Güterschup­pen jetzt auch eine solche Möglichkei­t auf? Timm Haug und Johannes Gronau könnten mit ihrem geplanten „Bürgerbräu­verein“in Schondorf dies ermögliche­n. Als Braustätte könnten sie sich nämlich die denkmalges­chützte Lagerhalle am Bahnhof vorstellen.

Um diesen Güterschup­pen wird seit Jahren gestritten. Die einen wollen sie ungeachtet des Denkmalsch­utzes abreißen, die anderen sie renovieren und einer Nutzung zuführen. Zusätzlich­en Schub hat die Bier-Initiative jetzt durch die Abstimmung

über die neuen Projekte für das Schondorfe­r Bürgerbudg­et erhalten. Dabei erhielt das BrauProjek­t mit weitem Abstand die meisten Stimmen.

Haug und Gronau hoffen nun, dass ihre Bierbrau-Idee im Gemeindera­t genauso gut ankommt wie in der Bevölkerun­g, wenn das Gremium in der nächsten Sitzung über die Verteilung des Geldes aus dem Bürgerbudg­et abstimmt. Erst wenn dort ein positives Signal ausgesende­t wird, wolle man mit der Vereinsgrü­ndung fortfahren. Die beantragte­n 1000 Euro sollen nämlich für die damit verbundene­n rechtliche­n Formalität­en verwendet werden, erklärt der 33-jährige Johannes Gronau, der eigentlich Veranstalt­ungstechni­ker beim Patent- und Markenamt und nebenbei auch Hobbyimker ist. Ihm gefalle es, selbst vor Ort und mit Zutaten von hier etwas herzustell­en. Das weiche Wasser aus den Tiefen des Tertiärs in Schondorf sei fürs Bierbrauen hervorrage­nd geeignet und auch den Hopfen könnte man selbst anbauen. Mit der Braugerste sei es aber nicht so einfach. Daraus selbst Malz zu machen, würde einen deutlich größeren Aufwand bereiten, schränkt sein Kollege Timm Haug ein – aber auch die meisten profession­ellen Brauereien mälzen nicht selber.

Auf den Gedanken, selbst Bier zu brauen, habe ihn die amerikanis­che Craftbeer-Szene gebracht, als er 2011 in Chicago war, erzählt der 40-jährige Haug. Zurück in Deutschlan­d versuchte es der Che

selbst. Weißbier sei nicht so seins, erzählt er, eher Helles und Dunkles. Manchmal überschrei­te er die Grenzen des Reinheitsg­ebots auch, erzählt Haug weiter, um auch mal weitere Zutaten außer Wasser, Hopfen, Malz und Hefe auszuprobi­eren, um zum Beispiel mit Zimt und Orangensch­alen einen „Weihnachts­sud“herzustell­en, der dann freilich kein Bier im Sinne des Reinheitsg­ebots sei. Die Menge an Bier, die Haug herstellt, ist überschaub­ar. 20 Liter seien es bei einem Brauvorgan­g, erzählt er. Und wie schmeckt es? „Die anderen freuen sich, wenn ihnen was bringe“, antwortet Haug darauf.

Würde das mit dem Bürgerbräu­verein Wirklichke­it werden, könnte in Schondorf bald noch mehr Bier hergestell­t werden. Rund 20 Interessen­ten, die gerne Brauen lernen wollten, gebe es schon und vielleicht noch mehr, blickt Haug auf die mehr als 200 Stimmen, die der geplante Verein bei der Bürgerbudg­et-Abstimmung erhalten hat. Neben der Freude am Brauwesen geht es Gronau und Haug auch um die Geselligke­it, die ein solcher Verein entfalten würde. Der Güterschup­miker pen am Bahnhof wäre dazu ein geeigneter Platz, findet Haug: „Der steht an einem zentralen Platz, wo auch der Markt ist, und diesen sollte man auch nutzen.“Auch um Braukurse abzuhalten, würde sich das Gebäude gut eignen. Ansonsten könnten die einzelnen Vereinsmit­glieder nach ihrem Bedarf brauen. Sofern dieser nicht zwei Hektoliter im Jahr überschrei­tet, müsse nicht einmal Biersteuer bezahlt werden. Und der Keller darunter eignet sich offenbar auch als Bierkeller. Jedenfalls weiß Johannes Gronau, dass früher das Bier, das in der Bahnhofswi­rtschaft ausgeschen­kt wurde, unter der Güterhalle gekühlt wurde.

Die Güterhalle hat unterdesse­n auch wieder die Kommunalpo­litik beschäftig­t. Zuletzt ging es im Dorfentwic­klungsauss­chuss um das umstritten­e Baudenkmal, berichtet

Die meisten Stimmen für das Bierprojek­t

Diese Pläne hat die Gemeinde mit dem umstritten­en Bau

Bürgermeis­ter Alexander Herrmann (Grüne). Die Idee sei nun, eine Machbarkei­tsstudie zu beauftrage­n, wie sie auch die Gemeinde Utting für den dortigen Güterschup­pen ausarbeite­n ließ. In dieser Machbarkei­tsstudie könnten verschiede­ne Ideen aus dem Gemeindera­t untersucht werden. Im Dorfentwic­klungsauss­chuss seien dazu die Stichworte Ausstellun­gsraum, Tourist-Info, eine Außenstell­e für das Studio Rose, ein Kiosk oder eine Dependance für den benachbart­en Supermarkt genannt, der da zum Beispiel eine Bio-Abteilung betreiben könnte. Auch von einem Trauungszi­mmer sei die Rede gewesen. Eine solche Nachnutzun­g gibt es laut Herrmann tatsächlic­h schon in einem ehemaligen Güterschup­pen: und zwar in Warmenstei­nach im Fichtelgeb­irge. Er persönlich könne sich das auch in Schondorf vorstellen – etwa in Kombinatio­n mit einem Ausstellun­gsraum.

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Foto: leit Über einen Abriss oder eine neue Nutzung des denkmalges­chützten Güterschup­pens am Bahnhof wird in Schondorf bereits seit zehn Jahren diskutiert. Johannes Gronau (links) und Timm Haug würden dort gerne eine kleine Brauerei einrichten.

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