TeilLockdown geht in die Verlängerung
Kanzlerin und Ministerpräsidenten schaffen in einer turbulenten Konferenz früher als erwartet Fakten. Warum diesmal ausgerechnet Söder und Laschet auf eine schnelle Einigung drängten
Berlin Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Bundesländer in den vergangenen Monaten die Köpfe zusammensteckten, zuletzt stets per Video, standen am Ende meist neue Beschlüsse zum Kampf gegen Corona. Am Mittwoch dagegen sollte das anders sein, eigentlich. Gesprochen werden sollte ausnahmsweise mal vor allem über Themen, die in den vergangenen Monaten angesichts der Pandemie kaum beachtet wurden. Auf der Tagesordnung standen etwa die Bekämpfung des Rechtsextremismus und die EURatspräsidentschaft.
Dass größere Maßnahmen zu Corona beschlossen würden, sei nicht zu erwarten, hatte Regierungssprecher Steffen Seibert noch kurz zuvor klargemacht. Doch die rund fünfstündige Videokonferenz nahm einen ganz anderen Verlauf als geplant und es wurde turbulent. Am Ende stand der Beschluss, die aktuell gültigen Einschränkungen zum Infektionsschutz bis zum 10. Januar zu verlängern. Damit beginnt das neue Jahr, wie das alte endet: mit geschlossenen Theatern, Kinos,
Restaurants, Museen und Freizeiteinrichtungen. Auch die Kontaktbeschränkungen, die nur zwischen Weihnachten und Silvester gelockert werden sollen, gelten im neuen Jahr vorerst weiter.
Auf die schnelle Verlängerung des Teil-Lockdowns drängten vor allem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Amtskollege Armin Laschet (CDU) aus Nordrhein-Westfalen. Stritten sich beide in den vergangenen Monaten oft über das richtige Vorgehen, drängten nun beide in seltener
Einigkeit darauf, möglichst schnell Fakten zu schaffen. Denn am Mittwoch hatte das Robert-Koch-Institut (RKI) eine alarmierende Zahl verkündet: 487 an oder mit Corona Gestorbene an einem Tag, so viel wie noch nie seit Beginn der Pandemie. Auch die Zahl der Neuinfektionen lag mit gut 22 000 weiter auf extrem hohem Niveau.
Kanzlerin Merkel verwies auf die zahlreichen „Hotspots“, das sind Gebiete, in denen es mehr als 200 Corona-Neuansteckungen pro 100000 Einwohner und Woche gebe. Ziel sei es weiter, diesen Wert deutschlandweit auf unter 50 zu senken, davon sei man noch weit entfernt. Die Lage aber unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. Berlin, Thüringen oder Bayern sind besonders betroffen. So brachte Bayerns Ministerpräsident Söder sogar noch eine Verschärfung der Maßnahmen an. Es sei zu überlegen, ob ein kürzerer, konsequenterer, härterer Lockdown nicht einem längeren „Halbschlaf“vorzuziehen sei. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hatte kürzlich sogar von einer möglichen Verlängerung der Schutzmaßnahmen bis März gesprochen.
Auf die Bremse tritt dagegen Manuela Schwesig (SPD). Die Ministerpräsidentin von MecklenburgVorpommern kündigte an, erst in knapp zwei Wochen darüber zu entscheiden, ob ihr Bundesland der Verlängerung des Teil-Lockdowns folgt. In dem Küstenland liegt die Zahl der Neuansteckungen unter dem kritischen Wert. Zur Geschlossenheit mahnte Saarland-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU). „Die Menschen erwarten bei allen regionalen Unterschieden, dass wir bundesweit vergleichbare Regelungen für den Umgang mit der CoronaPandemie treffen“, sagte er. Hans weiter: „Je mehr wir mit einer Stimme sprechen, desto höher ist die Akzeptanz der Maßnahmen.“
FDP-Chef Christian Lindner kritisierte die Corona-Politik von Bund und Ländern als „Salamitaktik“und forderte eine „dauerhafte Strategie“
„Entscheidungen, die so weitreichend Grundrechte einschränken, können nicht nach Gutsherrenart verkündet werden.“
Dietmar Bartsch, Fraktionschef Linke
im Kampf gegen die Pandemie. Auch Linksfraktionschef Dietmar Bartsch ging mit Kanzlerin und Ministerpräsidenten hart ins Gericht: „Entscheidungen, die so weitreichend Grundrechte einschränken, können nicht nach Gutsherrenart nach einer Videokonferenz verkündet werden“, sagte er. Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Instituts, nannte die Verlängerung des Teil-Lockdowns angesichts der besorgniserregenden Corona-Zahlen „dringend notwendig“.