Landsberger Tagblatt

Wackeln als Dauerzusta­nd

Vor dem Pokalspiel in Kiel befinden sich die Münchner auf Formsuche. Hauptprobl­em bleibt die Defensive. Hansi Flick konkretisi­ert die Fehler

- VON TILMANN MEHL

München Es spricht ja tatsächlic­h eher für diese Mannschaft, als dass es ihre Eignung ernsthaft in Abrede stellen würde. Nach dem 2:3 gegen Mönchengla­dbach erklang jene Kritik immer lauter, die bereits in der Vorweihnac­htszeit angestimmt hatte. Die Münchner Defensive vermag es seitdem nicht mal mehr, gegen Gegner überschaub­arer Qualität das eigene Tor abzusicher­n. Dazu noch die nicht immer nachvollzi­ehbare Personalau­swahl des Trainers. So setzte Hansi Flick in den vergangene­n Wochen verstärkt auf Alphonso Davies, obwohl doch Konkurrent Lucas Hernández über weite Teile der Vorrunde links hinten formidable Arbeit verrichtet hatte. Oder aber die fehlenden Wechsel in Mönchengla­dbach, als Flick trotz Rückstand weder Ersatzstür­mer EricMaxim Choupo-Moting noch den jugendlich wirbelnden Jamal Musiala einwechsel­te und eine strukturel­l angeschlag­ene sowie individuel­l straucheln­de Elf ihrem Schicksal überließ. Das alles sind real existieren­de Diskussion­en rund um den FC Bayern. Allerdings sind eben diese Bayern immer noch Tabellenfü­hrer der Bundesliga. Sie zogen mühelos ins Achtelfina­le der Champions League ein und mit einem Sieg am Mittwoch bei Holstein Kiel (20.45 Uhr, ARD und Sky) gelänge ihnen Gleiches auch noch im DFB-Pokal.

Nicht schlecht für eine Mannschaft, der im vergangene­n Jahr noch häufig pro- phezeit wurde aufgrund der Dauer- und Langzeitbe­lastung 2020 zwangsläuf­ig in ein Loch zu stürzen. Bei seinen Spielern kann Flick dieses Loch nicht ausmachen. „Wir haben dann ein Problem, wenn einer keine 100 Prozent Einstellun­g bringt. Und da haben wir kein Problem“, lobt Flick die offenbar immer noch passionier­te Herangehen­sweise seiner Spieler.

Nun treffen die gerade erst von Mönchengla­dbach bezwungene­n Bayern auf den Tabellendr­itten der zweiten Bundesliga und stünden sich die beiden Mannschaft­en in einer handelsübl­ichen Spielzeit gegenüber, wäre ein Sieg der Norddeutsc­hen ähnlich wahrschein­lich wie die Verbreitun­g einer weltweiten Pandemie.

Obwohl das Problem der wackligen Abwehr lange Zeit bekannt ist, ist es noch nicht gebannt. Immerhin konkretisi­erte Flick nun das fehlerhaft­e Auftreten. In der letzten Reihe fehle es mitunter „an Bereitscha­ft, Tiefe aufzunehme­n“. Bedeutet: Gegenspiel­er werden laufen gelassen. Lieber mal auf Abseits hoffen, statt die Verfolgung des Stürmers frühzeitig aufzunehme­n. Besonders angesproch­en fühlen dürften sich dabei Niklas Süle und David Alaba. Die abgebroche­nen Vertragsge­spräche und ein signifikan­ter FormVerfal­l passen beim Österreich­er zumindest zeitlich zueinander. Süle wurde nach seinem Kreuzbandr­iss im Oktober 2019 Zeit gegeben, vollständi­g zu genesen – gänzlich austrainie­rt wirkt der Innenverte­idiger aber immer noch nicht.

Wahrschein­lich erhalten gegen Kiel Jérôme Boateng und Lucas Hernández die Möglichkei­t, erstmals seit dem 9. Dezember (2:0 gegen Moskau) Manuel Neuer zu einem gegentorlo­sen Pflichtspi­el zu verhelfen. Normalerwe­ise wäre dies auch eines der Spiele, in dem Choupo-Moting Robert Lewandowsk­i entlasten sollte. Doch der Angreifer fällt selbst mit Rückenprob­lemen aus. Weil sich zudem auch noch die feinfühlig­e Muskulatur Kingsley Comans bemerkbar gemacht hat, kann Flick nicht in dem Maße rotieren, wie er es wahrschein­lich vorgehabt hätte. Die Selbstvers­tändlichke­it des Triple-Sommers ist vorbei. Dass sich die Münchner trotzdem aussichtsr­eich in allen Wettbewerb­en befinden, ist nur schwerlich gegen sie zu verwenden.

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Hansi Flick

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