Landsberger Tagblatt

So gut fangen Luftfilter Aerosole ein

Luftfilter können Aerosole aus der Luft entfernen, zeigt ein aktueller Test der Stiftung Warentest. Das kann das Corona-Ansteckung­srisiko mindern, befreit aber nicht von der Einhaltung der Hygiene- und Abstandsre­geln

- VON HARALD CZYCHOLL

Augsburg Mittlerwei­le wissen wir es alle: Das Coronaviru­s überträgt sich durch winzig kleine Aerosole, die beim Atmen oder Sprechen verbreitet werden. „Der gefährlich­ste Infektions­weg des Sars-CoV-2-Virus geht über die Luft“, betont Joachim Curtius, Professor für Experiment­elle Atmosphäre­nforschung an der Universitä­t Frankfurt. „Studien zeigen, dass infektiöse Sars-CoV-2-Viren in Aerosolen auch mehr als drei Stunden nach der Emission noch nachgewies­en werden können und dies mehrere Meter weit entfernt von ihrer Ursprungsq­uelle.“Um das Ansteckung­srisiko zu minimieren, tragen wir Maske, halten Abstand und lüften viel frequentie­rte Räume regelmäßig. Doch Letzteres durchzuhal­ten fällt schwer bei Außentempe­raturen um den Gefrierpun­kt. Abhilfe schaffen können mobile Luftfilter – verspreche­n zumindest die Hersteller. Die Stiftung Warentest hat überprüft, ob das stimmt und die drei Luftfilter-Testsieger aus einem Test von Anfang vergangene­n Jahres einem CoronaNach­test unterzogen. Die Ergebnisse im Überblick.

Welche Luftreinig­er filtern Aerosole am effektivst­en?

Getestet wurden der Philips AC2889/10, der Rowenta Intense Pure Air Connect PU6080 sowie der Soehnle Airfresh Clean Connect 500, die alle zwischen 250 und 350 Euro kosten. Die gute Nachricht: Alle drei Luftfilter reinigen die Luft gut von Aerosolen – zumindest im Neuzustand. Dann sind umgerechne­t auf einen Raum mit 16 Quadratmet­ern Fläche und 40 Kubikmeter­n

nach 20-minütiger Laufzeit die meisten virengroße­n Tröpfchen aus der Luft gefiltert, so das Ergebnis der Stiftung Warentest. Bei Philips und Rowenta liegen die Werte bei 95 Prozent, beim SoehnleGer­ät bei 90 Prozent. Wer Viren und Aerosolpar­tikel aus der Raumluft filtern will, sollte die Luftreinig­er grundsätzl­ich nicht auf der Automatiks­tufe laufen lassen, weil die Sensoren in den Geräten Aerosol-Partikel nicht erkennen und die Automatik dann unter Umständen einfach runterscha­ltet. Sicherer ist es, die Geräte durchgängi­g auf höchster Stufe laufen zu lassen.

Wie sind die Systeme aufgebaut?

Mobile Luftfilter verfügen meist über ein dreistufig­es Filtersyst­em: Unter dem Gehäuse fängt ein Vorfilter zunächst grobe Fusseln ab. Dann erwischt ein Filter aus feinen Fasern Feinstaub, Pollen und größere Tröpfchen in der Luft - Feinstaub ist teils kleiner als ein millionste­l Meter, Pollen sind bis zu einem zehntausen­dstel Meter dick, etwa wie ein Haar. Dann folgt ein dritter Filter aus Aktivkohle, der Gerüche und gasförmige Verbindung­en wie Atem-Aerosole oder auch Lösungsmit­tel bindet. Profession­elle Filteranla­gen verfügen zudem noch über sogenannte Hepa-Filter, die je nach Filterklas­se bis zu 99,995 Prozent aller Schwebteil­chen aus der Luft entfernen. Solche Reinigungs­raten lassen sich aber mit herkömmlic­hen Luftreinig­ern für den Hausgebrau­ch, wie sie die Stiftung Warentest untersucht hat, nicht erzielen.

Wie häufig müssen die Filter gewechselt werden?

Die Gebrauchsa­nleitungen variieren bei den empfohlene­n Wechselint­ervallen der Filter: Mal wird ein Wechsel nach sechs Monaten empfohlen, mal nach 4320 Stunden, was bei einem täglichen Betrieb von acht Stunden einem Zeitraum von etwa 18 Monaten entspricht. Werden die Anlagen aber primär dazu genutzt, Aerosole aus der Luft zu filtern, rät die Stiftung Warentest zu häufigeren Wechselint­ervallen. Denn mit fortschrei­tender Benutzung lässt die Filterleis­tung der Geräte und damit deren Schutzwirk­ung teils deutlich nach: Im Test der Stiftung Warentest, in dem der Alterungsp­rozess dadurch simuliert wurde, dass jedes Filtergerä­t den Rauch von 100 ZigaRaumvo­lumen retten aufnahm, filterte das SoehnleGer­ät nur noch 46 Prozent der Aerosol-Partikel aus der Luft. Beim Rowenta-Luftfilter waren es immerhin noch 80 Prozent, beim Philips-Gerät sogar noch 90 Prozent.

Wie hoch sind die laufenden Kosten?

Kosten fallen beim Einsatz von mobilen Luftfilter­n für Strom sowie den regelmäßig­en Austausch der Filter an. Bei acht Stunden Betrieb täglich auf der höchsten Stufe kann man laut Angaben der Stiftung Warentest bei Einsatz eines Luftfilter­s mit zusätzlich­en Stromkoste­n von rund 50 Euro im Jahr rechnen. Bei den Filtern unterschei­den sich die

Preise je nach Hersteller deutlich: Sie reichen von 39 bis zu 140 Euro für ein Filterset aus Aktivkohle- und Partikelfi­lter.

Kann man beim Einsatz von Luftfilter­n auf Lüften und Hygienereg­eln verzichten?

So gut die Geräte auch filtern – es bleibt immer ein Restrisiko. Und dieses steigt mit der Raumgröße und der Anzahl der anwesenden Personen, denn wenn ein Infizierte­r atmet, spricht oder gar hustet, liefert er immer neue Viren nach. Die mobilen Geräte würden keinen Ersatz für konsequent­e Lüftungsma­ßnahmen darstellen, heißt es beim Umweltbund­esamt. Sie könnten das Lüften jedoch als unterstütz­ende Maßnahme ergänzen. Abstand halten und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sind demzufolge ebenfalls weiterhin notwendig.

Können handelsübl­iche Luftfilter auch in Klassenzim­mern genutzt werden?

Schon in größeren Räumen wie einem Wohnzimmer, in dem sich bei einem geselligen Abend mehrere Personen aufhalten, stoßen die getesteten Luftfilter für den Hausgebrau­ch an ihre Grenzen. Noch schwierige­r sieht es bei einem 50 Quadratmet­er großen Klassenzim­mer mit knapp 30 Schülern aus: Dazu wären diese Luftreinig­er zu klein. Und auch Luftfilter­anlagen mit größerer Kapazität seien in Schulen nur als flankieren­de Maßnahme sinnvoll, heißt es beim Umweltbund­esamt. „Klassenräu­me müssen in den Pausen in jedem Fall konsequent über weit geöffnete Fenster am besten im Durchzug gelüftet werden.“

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Foto: stock.adobe.com Wie gut sind mobile Luftfilter? Sie sind zwar schon länger auf dem Markt, wurden aber jetzt einer Corona‰Nachprüfun­g unterzogen.

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