Richter Daum sagt Servus
Dr. Wolfgang Daum war 26 Jahre lang am Amtsgericht in Landsberg tätig. An seinem letzten Tag vollzieht er seine 2804. Scheidung. Im LT blickt er auf seine Karriere zurück und erzählt über seine Liebe zur Blasmusik
Landsberg Am Amtsgericht in Landsberg ist eine Ära zu Ende gegangen: Der Familien- und Strafrichter Dr. Wolfgang Daum hat nach 26 Jahren im Gebäude in der Lechstraße seine letzten Beschlüsse gefasst. Unter anderem musste er sich, wie schon so oft, mit Ehepaaren befassen, die getrennte Wege gehen wollen. 2804 Scheidungen hat der erfahrene Jurist seit der Jahrtausendwende vollzogen.
Mitunter bei Paaren, bei denen die Hochzeitsglocken erst kurze Zeit vorher geläutet hatten. Oder auch bei solchen, die den angeblich schönsten Tag ihres Lebens in Las Vegas gefeiert hatten. Einzelne seien gar im Amtsgericht mit Küsschen links und Küsschen rechts zur Türe hereingekommen. Nur wenig später hätten sie das Haus, spinnefeind aufeinander, wieder verlassen.
Stets habe er sich bemüht, so der langjährige Jurist, den Rechtsfrieden zwischen den zerstrittenen „Parteien“herzustellen. Das sei nicht einfach gewesen. Die Anzahl der Beschwerden zu den Beschlüssen – beim Familiengericht wird nicht von Urteil gesprochen – habe sich jedoch sehr in Grenzen gehalten, berichtet Daum. Lediglich einzelne Drohbriefe seien ihm ins Haus geflattert. Einer zum Beispiel mit der Aufforderung, dass er sich eine schusssichere Weste anschaffen soll. Und ein anderer mit dem Hinweis, dass er durch den übermäßigen Genuss von Weihrauch geschädigt worden sei. Gemeint war wohl die ehrenamtliche Tätigkeit des 65-Jährigen als Kirchenpfleger in der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt. Dort unterstützt er den Pfarrer auch bei finanziellen Anliegen.
Zurück zur Bilanz in Zahlen seit 2000. Neben den 2804 Scheidungen musste die Vorsorge der Eltern 727-mal auf dem üblichen Weg und 141-mal in einem eiligen Verfahren geregelt werden. Umfrageverfahren – „Wohin kommt das Kind, zur Mutter oder zum Vater?“– gab es 394-mal. Der Unterhalt für das Kind war 458-mal zu klären, der Unterhalt für die Ehefrau 436-mal. Bei dieser Aufstellung fehlen einige Jahre, wird sich mancher aus dem Umfeld des „Ottilianers“denken. Richtig, Daum kam 1994 ans Amtsgericht nach Landsberg und hatte bis zum Wechsel ins Familiengericht, in Strafprozessen geurteilt. Wie Wolfgang Daum berichtet, hat er sich erst im Alter von 20 Jahren für die Juristerei entschieden. Einen anderen Berufswunsch habe es für ihn nie gegeben.
Er war in der Gemeinde Pforzen im Ostallgäu aufgewachsen, und besuchte dann das Internat in St. Ottilien. Dort „verliebte“er sich in die Blasmusik und erlernte gleich zwei Instrumente: Posaune und Tenorhorn. Geübt wurde damit nicht nur in der Schule, sondern auch außerhalb: In kleinen Ensembles und zuzunächst, sätzlich in einer Big Band. Kaum war das Abitur geschafft, wurde der „junge Daum“im Rahmen der Wehrpflicht zur Luftwaffe einberufen. Seine nächsten Stationen: JuraStudium in Augsburg. Erstes Jahr als Rechtsanwalt in Kaufbeuren. Wieder nach Augsburg: zur Staatsanwaltschaft mit den Schwerpunkten Wirtschaftskriminalität und Steuerangelegenheiten. Vor Ort lernte er seine Frau kennen.
In Augsburg stand sein erster beruflicher Höhepunkt an: Das war der Einstieg als Familienrichter am Amtsgericht Augsburg. Der nächste Schritt führte ihn privat nach Holzhausen, einem Ortsteil von Igling ein paar Kilometer seitlich von Landsberg, und beruflich ans Amtsgericht der Stadt. Daum marschierte
Ehrenamtlich ist Daum Kirchenpfleger in Landsberg
Sechs Jahre war er Mitglied im Gemeinderat in Igling
bald vorne weg: als Dirigent bei der Blaskapelle Holzhausen. Das acht Jahre lang. Selbst in der Stadtkapelle schwang er ein halbes Jahr den Dirigentenstab, als es bei diesem Klangkörper einige Turbulenzen gab. Sechs Jahre hat er im Übrigen im Gemeinderat Igling für die Dorfgemeinschaft mitgemischt. Das Tenorhorn bläst er in Holzhausen nach wie vor, obwohl er seit vielen Jahren mit seiner Frau in Landsberg lebt. Die beiden Söhne arbeiten als Jurist beziehungsweise studieren Jura.
Wegen der vielen Corona-Beschränkungen wird der ausscheidende Richter zu einem späteren Zeitpunkt offiziell verabschiedet. Seine Aufgaben übernimmt vorerst Richter Christian Peikert, der im Amtsgericht für Betreuungsangelegenheiten zuständig ist. Im Ruhestand will sich Daum, wen wundert es, noch mehr als bisher der Musik widmen. „Jazzorientierte Geschichten“, bei denen überraschende Harmonien eine große Rolle spielen, will er computerunterstützt produzieren. Denn dieses Vorhaben mache nur Sinn, wenn man am Stück mehrere Stunden daran arbeiten könne, freut sich der Richter, der diese Woche zum letzten Mal offiziell die Türe im Amtsgericht hinter sich zugemacht hat.