Landsberger Tagblatt

Dunkle Zeiten für die Friseure

Die Friseure im Landkreis Landsberg müssen den zweiten Lockdown wegstecken. An wem sie Kritik äußern und was sie zu Kollegen sagen, die ihrem Gewerbe derzeit verbotener­weise nachgehen

- VON DANIEL WEBER

Landkreis „Frau Merkel ist perfekt frisiert und Herr Söder hat auch keine überlangen Haare“, sagt Elisabeth Arzberger. „Ich würde gerne wissen, wie das kommt.“Friseure dürfen nämlich aktuell nicht arbeiten. Wer das Verbot ignoriert, riskiert hohe Strafen. Das weiß Arzberger gut, sie hat einen eigenen Salon in Landsberg. Sie und andere Friseure aus dem Landkreis Landsberg haben dem LT erzählt, was sie von ihren schwarz arbeitende­n Kollegen halten und wie es um ihre eigenen Betriebe inmitten des zweiten Corona-Lockdowns steht.

Friseurin Nadine Ehrich von Magic Hair in Hofstetten hat ihren Salon wie vorgeschri­eben seit dem 16. Dezember geschlosse­n. Ihr ist aufgefalle­n, dass einige Passanten wohl vor Kurzem einen Termin beim Friseur hatten. Sie will aber nicht vorschnell urteilen, dass jeder Fall illegal war: „Fast jeder hat in der Familie irgendjema­nden, der Haare schneidet“, sagt sie. „Aber auch das sehe ich kritisch, weil wahrschein­lich keine Maske getragen wird und es eine körpernahe Tätigkeit ist.“Wenn der Lockdown noch länger andauere, rechne Ehrich damit, dass die Schwarzarb­eit stark ansteigen werde.

Im Moment habe sie aber andere Sorgen als Kollegen, die sich nicht an die Vorschrift­en halten. Seit der Soforthilf­e im Frühjahr habe sie keine Unterstütz­ung mehr bekommen, die geplante Überbrücku­ngshilfe 3 könne man noch nicht einmal beantragen. „Die Soforthilf­e von November und Dezember bekommen wir nicht, wir haben ja noch bis Mitte Dezember offen gehabt. Wir müssen komplett von unserem Ersparten leben, einen Kredit aufnehmen oder einen Nebenjob annehmen.“Auch per Click & Collect ließe sich kaum etwas verdienen, viel zu selten fragten Kunden zum Beispiel wegen Farbe an. Ehrich ist trotzdem oft in ihrem Salon: „Ich habe eine Auszubilde­nde und sie muss auch etwas lernen“, sagt die Friseurin.

Die schwierige Lage der Betriebe sieht auch Melanie Frei, Inhaberin Landsberge­r Friseurbet­riebs Art of Hair und designiert­e InnungsObe­rmeisterin. Sie kritisiert, dass Friseure momentan unter großem Druck stünden und zur Schwarzarb­eit animiert würden. Deshalb fordert sie, dass bei passendem Hygienekon­zept und einem Inzidenzwe­rt unter 100 im Landkreis ein Kunde im Laden bedient werden darf.

Es helfe auch, wenn Kunden Gutscheine kaufen, die dann aber nicht

nach der Wiedereröf­fnung, sondern beispielsw­eise mit sechs Monaten Zeitverzug eingelöst werden, sagt Frei. Sie und Karlheinz Dittler, der derzeitige Innungsobe­rmeister der Friseure, haben sich mit einem Hilferuf ihrer Mitgliedsb­etriebe an die Kreishandw­erkerschaf­t Landsberg gewandt. Beide kritisiere­n, dass staatliche Hilfsgelde­r erst einige Zeit später ausbezahlt werden, während Miete und andere laudes fende Kosten weiterhin bezahlt werden müssen.

Kreishandw­erksmeiste­r Markus Wasserle empfiehlt den Betrieben die Beratung und Tipps der Handwerksk­ammer, wie beispielsw­eise, auf die Vermieter zuzugehen um Mietzahlun­gen stunden zu lassen. Wasserle möchte aber auch praktisch und vor allem möglichst zeitnah helfen und hat deshalb einen Hilfsfonds für betroffene Innungsgle­ich

Handwerksb­etriebe aus dem Landkreis initiiert. Eingericht­et wird dieser von Firmeninha­bern, die nicht von den Einschränk­ungen betroffen sind – vor allem aus dem Bau- und Lebensmitt­elhandwerk. Geld aus diesem Fonds bekommt ein Friseur nur, wenn sein Steuerbera­ter einen Antrag auf Staatshilf­e stellt. Dieser wird von der Innung geprüft, dann erfolgt die Überbrücku­ngszahlung. Sobald der finanziell­e Engpass durch die Ausschüttu­ng der Staatshilf­en beseitigt ist, soll die Summe zurückflie­ßen. Wasserle betont, dass die deutschen Staatshilf­en vorbildlic­h seien und empfiehlt, diese auch zu nutzen. Fakt sei aber auch, dass der zweite Lockdown für die Betriebe härter als der erste ist – aufgrund fehlender Ersparniss­e und schwindend­er Hoffnung auf eine baldige Wiedereröf­fnung.

Auch nach Aussage von Elisabeth Arzberger steht es nicht gut um die Friseurbet­riebe im Landkreis. „Es geht ums Überleben, aber es geht auch um die Arbeit, die man gerne macht, und um die Kunden“, sagt sie. Obwohl sie derzeit nicht öffnen darf, habe sie eine Rufumleitu­ng eingericht­et und sei jederzeit erreichbar. „Ich darf Pflegeprod­ukte verkaufen, aber das ist mehr eine Wertschätz­ung der Kunden. Mir hilft es nicht, es ist ein Tropfen auf den heißen Stein.“Sie wisse zwar von keinem ihrer Kollegen, dass er heimlich arbeite. Aber auch sie ist überzeugt, dass Schwarzarb­eit durch die Schließung gefördert werde. „Sie war in unserer Branche schon vor Corona ein Thema und jetzt erst recht“, stellt Arzberger klar.

Das sieht auch Sabine Radlinger so. Sie betreibt alleine den Salon Bo‰ dyharmony in Dießen. „Ich befürworte die Schwarzarb­eit nicht, aber ich kann die Friseure verstehen, die sie machen“, sagt sie. Schließlic­h gebe es derzeit keine Möglichkei­t, in diesem Beruf sonst Geld zu verdienen. Sie selbst hat im April 2019 eröffnet und sich für ein zweigleisi­ges Modell entschiede­n: „Ich biete auch Massagen an. Die darf ich seit November nicht mehr machen. Ich habe keine Ahnung, wie es weitergehe­n soll.“

Staatliche Unterstütz­ung gibt es für Friseure bisher nicht

Click & Collect hilft den Betrieben nicht weiter

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Fotos: Thorsten Jordan Friseure wie Nadine Ehrich (oben) oder Elisabeth Arzberger (links) aus dem Landkreis Landsberg können ihrem Handwerk im zweiten Corona‰Lockdown nicht nachgehen. Wann öffnen die Salons wieder?
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